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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch
Autoren: Rainer C. Koppitz
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Aufsichtsrat, unter ihnen der Vorsitzende, hielten sich sehr bedeckt und stimmten lediglich den Aussagen von Schuegraf zu. Dieser gab folgende Beschlüsse des Aufsichtsrates bekannt: Erstens trat Dr. Walter von Weizenbeck von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender zurück und verließ das Unternehmen. Glock dachte sich: Da von Weizenbeck, abgesehen von seiner angelsächsischen Managementauffassung, eigentlich nichts vorzuwerfen war, hatten Nagelschneider und die Familie Schuegraf die Gunst der Stunde genutzt, den illegalen Informationsfluss zwischen dem Pakt (immerhin Schuegraf-Mitarbeiter!) und dem Finanzinvestor BTP im Vorfeld der Transaktion zur Entsorgung des ungeliebten England-Freundes zu nutzen. BTP war naturgemäß sehr daran gelegen, diesen Vorfall in der Branche nicht publik zu machen, und so opferte man natürlich lieber von Weizenbeck. Als Begründung der Trennung von Dr. von Weizenbeck wurden in der Pressekonferenz weit reichende Meinungsunterschiede zwischen ihm und Aufsichtsrat angegeben, was die strategische Ausrichtung des Unternehmens anbelangte. Glock wusste: Dies war stets die Begründung, wenn man die wahren Gründe der Trennung nicht offen legen wollte. Von Weizenbeck fuhr bestimmt nicht schlecht dabei, denn er würde ein paar Millionen kassieren, wenn man seinen Fünfjahresvertrag vorzeitig auflöste. Zweitens wurde auf der Pressekonferenz bekannt gegeben, dass der bisherige Finanzvorstand Heinrich Nagelschneider mit sofortiger Wirkung zum Nachfolger von Weizenbecks berufen worden war. Vorerst würde Nagelschneider seinen bisherigen Job als CFO kommissarisch weiter ausüben, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden war. Hut ab! Der Mann hatte die Gelegenheit beim Schopfe gepackt und war noch einmal durchgestartet. Glock gönnte es ihm. Er selbst würde schließlich auch davon profitieren. Drittens ließ man verlautbaren: Der gerade erst zum Vertriebsvorstand berufene Kroupa war zurückgetreten, um die Leitung der slowenischen Tochterfirma der Schuegraf AG zu übernehmen. Man habe sich im Aufsichtsrat dazu durchgerungen, die bisherige Struktur mit nur zwei Vorständen aus Effizienzgründen beizubehalten. Kroupa war für seine Mitschuld an zwei Morden und diversen anderen Vergehen somit sehr glimpflich davongekommen. Aber so war das nun mal, wenn man die Sache firmenintern regeln wollte und die Polizei außen vor hielt. Als Slowenienchef war der Mann in jedem Fall völlig kaltgestellt. Wahrscheinlich würde ihn Nagelschneider nach einem Jahr geräuschlos rauswerfen, wenn er seine Marktanteilsziele in dem schmucken Zwergstaat verfehlen würde. Viertens, so gab Schuegraf bekannt, würde der neue Vorstandschef Nagelschneider den Schwerpunkt seiner Aufgabe in der Erzeugung eines kräftigen Umsatzwachstums und deutlicher Marktanteilsgewinne sehen. Sollte die restliche Industrie machen, was sie wolle, Schuegraf würde sich nicht kaputt sparen, sondern stattdessen ein paar Wachstumsinitiativen auf den Weg bringen. Man würde auch deutlich mehr Geld in Forschung und Entwicklung investieren, um durch Innovation die teuren deutschen Arbeitsplätze wo immer möglich halten zu können.

     
    Nach der Lektüre dieser spannenden Neuigkeiten führte Glock noch ein paar längere Telefonate mit Alois Rauch und Schachter-Radig, um ein paar Details zu erfahren, die nicht an die Presse gegangen waren. Minor Schachter-Radig war ehrlich entsetzt, dass eine Organisation wie der Pakt sich nicht nur trotz der AfU im Konzern hatte festsetzen können, sondern dass sogar zwei der Pakt-Mitglieder ausgerechnet Schlüsselpositionen inmitten der AfU hatten innehaben können. Darunter sein eigener Stellvertreter Dr. Hans Herb. Schachter-Radig ging in dem Telefonat fest von einer Rückkehr Glocks in seine alten Ämter aus. Glock ging ebenfalls davon aus, hielt sich jedoch bedeckt.
    »Haben Sie Vorschläge, wie wir so etwas in der AfU zukünftig vermeiden können, Schachter-Radig ?«
    »Ein paar Ideen habe ich schon. Auf jeden Fall müssen Sie sich – wir gehen übrigens alle fest von Ihrer Rückkehr hierher aus – unbedingt persönlich intensiver mit der Abteilung und ihren Aufgaben beschäftigen. Wir hatten unter Röckl nicht einmal regelmäßige, gemeinsame AfU-Leitungskreise !«
    »Einverstanden. Was noch?«
    »Wir brauchen mit Sicherheit keine Stellvertreter in den drei Abteilungen. Das ist kompletter Blödsinn. Einige der Dinge konnten nur passieren, weil Herb als mein Stellvertreter hinter meinem Rücken Anweisungen geben
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