Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth

Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth

Titel: Macabros 011: Im Leichen-Labyrinth
Autoren: Dan Shocker
Vom Netzwerk:
Unternehmt
auf keinen Fäll etwas!«
    Zwischen baumelnden Lianen, riesigen Spinnweben und knorrigen
Baumstämmen suchte er nach einer Möglichkeit, auf den
glatten, schmalen Pfad zu gelangen.
    Um ihn herum lebte die Luft wie in einem Dschungel. Es war
heiß und stickig, und jede Bewegung wurde zur Qual.
    Aus der dunklen Brühe an seiner Seite schob sich etwas in die
gespenstische Dämmerung, die ihn umgab.
    Eine menschliche Hand! Sie ragte wie anklagend aus der sumpfigen
Brühe.
    Aber da waren noch mehr!
    Was hatte das zu bedeuten? Warum verstärkten sich diese
Alptraumbilder? Wollte man ihn zurückdrängen und
verhindern, daß er jene Stelle aufsuchte, die offenbar Rettung
aus dieser finsteren Unterwelt bedeutete.
    Da tauchte ein Kopf auf…
    Ein Mensch! Die Augen rollten, der Mund bewegte sich.
    Zwei ausgemergelte, faltige Hände schoben sich kraftlos in
die Höhe. Der Mann, der da aus dem brackigen Wasser
emportauchte, war niemand anders als Alois Koller.
     
    *
     
    »Geh zurück!« sagte da im gleichen Moment die
dumpfe, bedrohlich klingende Stimme. »Damit kannst du das
hinauszögern, was sowieso dein Schicksal sein wird.« Ein
höhnisches Lachen schloß sich den Worten an.
    Heinz Guilome wandte den Kopf ruckartig von der schauerlichen
Kulisse, die sich vor seinen Augen ausbreitete.
    Direkt vor ihm stand ein Toter in einem brüchigen,
fadenscheinigen Gewand. Die Gestalt war gewaltig. Mindestens zwei
Meter groß. Der Herr der Toten! Die dunkle Stimme kam aus dem
schwarzen, fleischlosen Rachen. Es war eine Stimme, die durch keine
Stimmbänder erzeugt wurde. Ein eisiger Hauch traf Guilome.
    Er prallte zurück. Die Lippen der unheimlichen Gestalt zogen
sich in die Höhe und kräftige, große Zähne
wurden sichtbar.
    Hier in diesem jenseitigen Ort, auf der anderen Seite der
sichtbaren Welt, gewann Josef Burger seine Stimme wieder. Der Mann,
der sein Leben im Pakt mit dem Bösen verpfändet hatte, war
Herrscher dieses Reiches, das ihm nach seiner Wiedererweckung
versprochen worden war.
    »Dies ist das Land der Toten! Kein Sterblicher hat es je
verlassen.« Guilome erschauerte unter den Worten. »Das Land
der lebenden Toten«, fuhr die Stimme fort, als müsse sie
die ersten Worte richtigstellen.
    Der Mann, der einstmals Josef Burger war, streckte die
skelettierte Rechte aus. Sie deutete auf den riesigen Sumpf mit den
knorrigen hohlen Bäumen, den Lianen; dem Gespinst aus
Spinnfäden und Pflanzenfasern. »Jeder, der das Labyrinth
betritt, wird in diesem Meer enden. So will es die Schrift. Hier
sollen diejenigen für alle Zeiten bleiben, die den Weg hierher
fanden und die wir holen werden. Jeder hat das Recht, seine Welt,
seine Umgebung so zu gestalten, wie es ihm genehm ist. Ich bin der
Herr der Toten. Alle, die du hier siehst, sind meine Untertanen. Sie
sind nicht tot – und doch leben sie nicht mehr! Ein scheinbarer
Widerspruch. Keiner erinnert sich an seine Existenz. Sie werden
für alle Zeit meine Puppen bleiben, mein Spielzeug. Wer mal in
diesem See liegt, über den wird das große Vergessen
kommen.«
    »Wenn es so ist, warum hinderst du mich dann daran,
weiterzugehen?« fragte Guilome hart. Er begriff selbst nicht,
woher er den Mut und die Kraft nahm, diesem unheimlichen Wesen so
fest entgegenzutreten.
    Ein höhnisches Lachen, das von allen Seiten zu kommen schien,
traf ihn. »Warum? Auch das gehört zu meinem Spiel, zu
meinem Ergötzen: Eure Qualen! Ihr kommt nicht an diesem Ende
vorbei, aber warum sollte etwas gleich geschehen, was noch Zeit hat?
Ihr werdet euch freiwillig in diesen Sumpf stürzen.«
    »Niemals!«
    »Eure Kräfte werden nachlassen. Ihr seid noch am Leben.
Ihr benötigt Essen und Trinken. Hier auf der anderen Seite der
Welt brauchen wir so etwas nicht mehr. Eure Körper aber sind
darauf angewiesen. Weil Ihr noch am Leben seid. Doch dieses Leben
zählt nicht in diesem Reich.« Der Herr der Toten wandte
sich um.
    Eben noch sah Heinz Guilome ihn zwischen blattlosen, knorrigen
Bäumen davongehen, im nächsten Moment erblickte er den
wandelnden Toten in der Ferne zwischen den Säulen, wo er in
trüber Finsternis untertauchte.
    Zeit und Raum hatten hier eine andere Bedeutung, es war wie in
einem Traum.
    Guilome stöhnte leise.
    Was für ein grausames Spiel hatte man sich für sie
ausgedacht?
     
    *
     
    Draußen wurde es dunkel.
    Regina Tärser legte das Buch zur Seite und erhob sich. Den
Kamin hatte sie vorbereitet, und sie beabsichtigte, ihn heute abend
noch anzuzünden.
    Sie konnte sich nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher