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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung
Autoren: N Cross
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einem
Stahlgerüst entlangläuft, das ursprünglich die gigantischen Gärtanks der
Brauerei gestützt hat. Dort, wo früher die Tanks standen, befinden sich jetzt
riesige, kreisförmige Löcher. Das hinterste von ihnen wird von einer sehr
einfachen Brücke überspannt.
    Die Brücke führt zu einer Stahltür.
    Die Stahltür ist der einzige Ausweg.
    Henry mustert die Brücke und den Abgrund, den sie überquert. Ein
Sturz ins Nichts.
    Er wendet sich ab.
    Er wird nicht auf der zerfressenen Brücke über diese grässliche
Leere gehen.
    Schwer atmend blickt er sich um, sucht einen anderen Ausweg.
    Und hört jenes Geräusch in der Stille.
    Luther, der näher kommt.
    Henry wartet.
    Luther erreicht die obere Galerie. Er geht auf Henry zu.
    Henry überquert die Brücke, nähert sich der Tür. Die Konstruktion
ächzt unter seinem Gewicht.
    Er ist fast drüben, als etwas herunterfällt, eine abgerissene
Schraube. Sie stürzt hallend in die Tiefe.
    Henry ignoriert es.
    Er erreicht die andere Seite, die genietete Stahltür.
    Sie ist abgeschlossen.
    Er tastet auf allen vieren um sich. Er fährt mit den Händen über das
Gemäuer, bis er auf ein Stück Eisenrohr stößt. Es ist schwer.
    Er rüttelt und zieht daran, schließlich reißt er das Rohr aus der
bröckelnden Wand. Er dreht sich um, packt das Rohr mit beiden Händen und will
damit auf den Türgriff einschlagen.
    Dann sieht er Luther.
    Er steht auf der anderen Seite der Brücke und schaut ihm zu.
    Luther und Madsen stehen am jeweiligen Ende des Übergangs, sehen
sich in die Augen.
    Luther fletscht die Zähne wie ein Hund.
    Henry hebt das Rohrstück. Er hat schon Leute mit weniger umgebracht.
    Sie gehen aufeinander zu, erst langsam, gehen auf die Mitte der
Brücke zu.
    Luther knurrt.
    Henry hebt das Rohr, brüllt vor Hass und Wut.
    Sie rennen.
    Die Brücke schwankt unter ihrem Gewicht. Dann bricht sie unter
Henrys Füßen ein.
    Henry fällt.
    Er lässt das Eisenrohr los. Es stürzt taumelnd ins Nichts.
    Henry packt das herunterhängende Ende des Stegs.
    Er hält sich zappelnd daran fest. Er versucht daran hochzuklettern.
    Aber er kann nicht. Sobald er sein Gewicht verlagert, stöhnt das
Gerüst klagend auf, droht komplett zusammenzustürzen.
    Luther geht so nahe er kann an das Loch in der Brücke heran. Er hält
sich fest.
    »Sie werden runterfallen, Henry.«
    Madsen versucht sich hochzuziehen.
    Er kann nicht.
    Die Brücke wackelt, bricht noch ein paar Zentimeter weiter ab.
    Madsen wird durchgeschüttelt. Hält sich aber fest.
    Tragseile reißen mit einem unheimlichen Kreischen und Krachen.
    Luther beugt sich vor, so weit es geht. »Wo ist sie? Wo ist Mia?«
    Madsens Füße treten in die Luft, suchen einen Halt, den es nicht
gibt.
    »Im Wohnzimmer! Verdammt noch mal, sie ist im Wohnzimmer. Da ist ein
Hohlraum hinter der Gipswand.«
    Luther holt sein Handy heraus. »Seien Sie präzise.«
    Reeds Handy klingelt. Es ist Luther.
    Er greift augenblicklich danach. »John?«
    »Du hast doch gesagt, das Haus wird renoviert?«
    »Ja, es ist ein einziges Chaos, Kumpel.«
    »Er hat gelogen. Sie ist nicht in der Erde. Sie ist hinter der
Gipswand im Wohnzimmer. Dort ist ein Hohlraum.«
    Reed flucht. Rennt ins Haus, ins zugestellte und hektische
Wohnzimmer.
    Luther wartet.
    Henry hängt da. Seine Hände sind blutleer vom Festhalten am
fettigen, bröckeligen Eisen. »Bitte!«, ruft er.
    Luther kniet sich hin.
    »Die Sache ist die«, sagt er, »was ist, wenn Sie lügen? Denn das
wäre ja nicht das erste Mal, nicht wahr? Sie haben gelogen und gelogen und
gelogen.«
    »Ich lüge nicht! Bitte!«
    Reed rast in das winzige, zugestellte Wohnzimmer.
    Teller und sechs uniformierte Mitglieder des Suchteams folgen ihm.
    Gemeinsam schieben sie ein altes Nussbaumregal beiseite. Damit legen
sie eine große, frisch verputzte, quadratische Gipsplatte frei.
    Reed schnappt sich ein Brecheisen und stemmt es gegen eine feuchte
Ecke der Gipsplatte.
    Die anderen helfen ihm. Sie hämmern und reißen an der
Gipskartonwand, reißen sie Stück für Stück ein.
    Luther sieht zu, wie Madsen kämpft. Er hört zu, wie er
bettelt und fleht.
    Er schaut auf die Uhr.
    0.04 Uhr.
    Hinter der Gipsplatte, hinter einer Schicht rosa
Glasfaserisoliermaterial, finden sie einen aufrecht stehenden, sarggroßen
Koffer. Er ist mit der Mineralwollummantelung des Warmwasserspeichers umhüllt.
    Der Sarg ist mit einer kleinen Sauerstoffflasche verbunden. Der
Zeiger am Druckmesser der Flasche steht auf leer .
    Reed greift nach seinem Handy.
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