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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung
Autoren: N Cross
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Wohnung?«
    »Auf meiner eigenen Türschwelle.«
    »Waren es sicher Kidman und Tonga?«
    »Ich weiß, dass es Tonga war, weil er das fetteste Arschloch ist,
das ich je gesehen habe. Und wegen der Tattoos. Und ich weiß, dass es Kidman
war, weil, na ja, ich kenne Kidman. Wir hatten schon mal miteinander zu tun.«
    »Wobei?«
    »Er steckt bei allem irgendwie mit drin. Immer in der Grauzone.«
    »Erstattest du Anzeige?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich kann nicht beweisen, dass sie es waren. Und selbst wenn –
Crouch besorgt sich ein paar neue Arschlöcher, die den armen alten Bill Tanner
unter Druck setzen. Bill wird nicht wegziehen. Am Ende bringen sie ihn um, so
oder so. Er kriegt einen Herzinfarkt. Einen Schlaganfall. Was auch immer. Armer
alter Bursche.«
    »Aber es gibt bessere Arten, mit so was umzugehen«, sagt Luther.
    »Der alte Mann hat seinem Land gedient.« Reed spannt immer wieder
die Kiefermuskeln an. »Er war bei der Landung der Alliierten in der Normandie
dabei. Er ist verdammte fünfundachtzig Jahre alt, und er hat versucht, alles
richtig zu machen, und sein Land hat ihn im Stich gelassen.«
    »Schon gut«, sagt Luther. »Komm wieder runter. Was soll ich machen?«
    »Schau einfach bei ihm vorbei. Vergewissere dich, dass es ihm gut
geht. Bring ihm Milch und Brot mit. Ein paar Dosen Hundefutter. Nicht das
Billigzeug. Fleischstücke in Sülze. Er liebt seinen kleinen Kläffer.«
    »Was ist eigentlich mit den alten Leuten los?«, fragt Luther. »Sie
würden lieber erfrieren, als ihren Haustieren billiges Futter zu geben.«
    Reed würde mit den Schultern zucken, wenn er könnte.
    Der Mörder geht durch die leeren, nächtlichen Straßen:
Platanenalleen, viktorianische Reihenhäuser, Bezirksamtsgebäude aus Beton,
kleine Läden mit dunklen Schaufenstern. Steinkirchen mit verblassten,
verzweifelt flotten Spruchbändern: Gottes Haus steht Ihnen offen. Beten Sie ein!
    Der Mörder ist ein gedrungener und muskulöser Mann. Kurzes Haar,
sauber gescheitelt. Dunkle Kapitänsjacke. Jeans. Ein Laptop-Rucksack.
    Der Rucksack enthält keinen Laptop.
    In der Clayhill Street fährt ein Smart rückwärts in eine kleine
Parklücke. Die Fahrerin, eine junge Asiatin, steigt aus, eilt zu ihrer Haustür
und umklammert dabei ihre Handtasche. Sie sieht den Mörder im Vorbeigehen,
nimmt ihn aber nicht bewusst wahr.
    Der Mörder geht weiter. Er biegt in die Bridgeman Road ein mit dem
Gefühl, etwas Bedeutendes zu tun.
    Er schreitet den vom Frost rissigen Bürgersteig entlang, bis er bei
Nummer 23 ankommt.
    Hinter dem rostigen Tor zum Vorgarten und der wild wuchernden Hecke
ist Nummer 23 ein hübsches, zweiflügeliges viktorianisches Haus.
    Der Mörder öffnet das Tor. Es quietscht, aber das kümmert ihn nicht:
Es quietscht bestimmt jede Nacht und jeden Tag.
    Er steht im Vorgarten, einer kleinen, gepflasterten Terrasse, die
von hohen Hecken umschlossen ist. Eine grüne, fahrbare Mülltonne steht in einer
Ecke.
    Er verweilt im Schatten des Hauses. Es wirkt wie eine Kirche,
zukunftsschwanger.
    Er denkt daran, wie es ist, wenn man unter einer großen
Eisenbahnbrücke steht, während eine Lokomotive kreischend darüberfährt, an die
erschreckende Kraft, die dem innewohnt. Genau das spürt der Mörder jetzt in
seinem Inneren: das Kreischen und Rattern und Donnern einer riesigen Maschine.
    Er streift sich die Latexhandschuhe über, die er zusammengerollt in
eine Jackentasche gesteckt hatte. Dann holt er aus der anderen Tasche eine
Spitzzange.
    Er geht ums Haus herum. Seine Beine zittern. Sein Blick folgt dem
senkrecht verlaufenden Regenrohr nach unten, bis es auf den kleinen,
quadratischen Abfluss trifft, um den spärliches Londoner Gras wächst.
    Er kniet sich hin, um das Telefonkabel nahe am Boden durchzuknipsen.
Dann steckt er die Zange wieder ein und geht zurück zur Eingangstür.
    Er holt einen Bund Hausschlüssel aus seiner Tasche.
    Er beißt die Zähne zusammen. Sehr vorsichtig steckt er den Sicherheitsschlüssel
ins Schloss und dreht ihn langsam herum. Die Tür geht auf, als er mit der
Schulter dagegendrückt. Leise, so leise.
    Als der Spalt breit genug ist, schlüpft er blitzschnell hindurch.
    In die Wand neben der Tür ist ein Plastikgerät mit ein paar Tasten
montiert. Ein rotes Lämpchen blinkt. Der Mörder ignoriert es und gleitet wie
ein Hai durch den Geruchsschleier der Lamberts: ihre Kleidung, ihre Deos, ihre Parfums,
ihre Putzmittel, ihre Körper, ihr Sex.
    Er betritt das dunkle Wohnzimmer und nimmt den Rucksack
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