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1485 - Er spielte auf zum Höllentanz

1485 - Er spielte auf zum Höllentanz

Titel: 1485 - Er spielte auf zum Höllentanz
Autoren: Jason Dark
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Auch die Frau an der Liege spürte die Spannung, die von dem anderen Körper ausging. Sie selbst hatte ebenfalls Mühe, ruhig zu bleiben. Trotz ihrer Erfahrungen auf dem Gebiet der Hypnose waren Fälle wie dieser nicht alltäglich. Die meisten Patienten blieben relativ ruhig, Alan Scott jedoch war innerlich aufgewühlt. Erkämpfte, weil er einen Gegner gesehen haben musste. Etwas bedrohte ihn.
    Leider war er noch nicht in der Lage, dies genau zu beschreiben.
    Kira griff nach einem Tuch und tupfte dem Mann den Schweiß von der hohen Stirn. Scott hatte schütteres Haar, obwohl er noch recht jung war. Seine weichen Gesichtszüge hätten auch zu einer Frau passen können, sogar der Schwung der Lippen ähnelte dem einer weiblichen Person.
    »Bitte, Alan, du musst sprechen, wenn du kannst. Du musst mir sagen, was du siehst.«
    Der Patient atmete jetzt ruhiger. Er schien sich wieder gefangen zu haben. Der erste Schreck war vorbei, und Kira Sandrock zeigte sich sehr zufrieden.
    Sie tupfte auch von den Wangen die Schweißperlen ab, griff nach einem Glas und trank das Wasser. Dabei ließ sie Alan Scott nicht aus den Augen. Er lag auf dem Rücken und hielt seine Beine ausgestreckt. Ebenso wie die Arme. Seine Hände waren zu lockeren Fäusten geballt, und jetzt hob sich seine Brust unter den ersten schweren Atemzügen.
    Für Kira Sandrock war es ein gutes Zeichen. Sie hoffte, dass sich ihr Patient endlich öffnete.
    »Kannst du mich hören, Alan?«
    Er war auf ihre Stimme fixiert. Sie würde in seinen Kopf eindringen. Er musste eine Antwort geben, denn Kira war für ihn so etwas wie eine geistige Führerin.
    »Ja, ja, ich höre…«
    »Wunderbar, Alan. Dann möchte ich von dir gern wissen, was du alles gehört und gesehen hast.«
    Er zögerte mit seiner Antwort. Sie nahm erst allmählich in seinem Kopf Gestalt an. Mit heiserer Stimme flüsterte er: »Musik, ich höre die Musik…«
    »Bitte?« Mehr konnte selbst Kira nicht sagen. Sie war völlig überrascht worden. So überließ sie Alan weiterhin das Feld und hoffte, mehr zu erfahren.
    Doch Alan bekam wieder Probleme, sich zu artikulieren. Er suchte nach den richtigen Worten. Zugleich wurde er wieder unruhig. Er dachte wohl an das, was er gesehen hatte, und dann brach es aus ihm hervor.
    »Sie ist wieder da. Die Musik – die Musik – grauenhaft. Sie ist so schrecklich. Sie tut weh, so verflucht weh…«
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht. Sie ist schrill, sie will – o nein!« Er schrie auf, sein Oberkörper schnellte in die Höhe, und beinahe wäre er mit der Stirn gegen das Gesicht der Psychotherapeutin geprallt. Im letzten Augenblick nahm sie ihren Kopf zur Seite.
    Alan Scott blieb sitzen, als wäre er von einem Stromstoß in die Höhe getrieben worden. Er zitterte noch nach, und tief aus seiner Kehle stiegen schreckliche Laute.
    Kira wusste, dass sie ihren Patienten in Ruhe lassen musste. Sie legte ihm nur eine Hand auf die Schulter, bevor sie mit leiser Stimme auf ihn einsprach.
    »Bitte, Alan, es ist alles in Ordnung. Du bist bei mir. Ich kann diese Musik nicht hören, aber du. Ich würde gern erfahren, welche Musik du…«
    Er fiel wieder zurück. So heftig, dass die Frau erschrak und ebenfalls ihren Körper nach hinten bog. Als Scott wieder auf dem Rücken lag, begann er zu sprechen.
    Er redete mit sehr leiser Stimme, und Kira Sandrock musste schon genau hinhören, um die Worte zu verstehen.
    »Sie ist böse, sehr böse. Grauenhaft. So schrill. Ich habe Angst vor ihr…«
    »Wo kommt sie her?«
    »Von ihm.«
    Kira horchte auf. Zum ersten Mal hatte sie eine konkretere Antwort erhalten. »Du kannst sehen, wer die Musik spielt?«
    »Ja.«
    »Und wer ist es?«
    »Er hat eine Geige.« Scott sprach jetzt schneller. »Ja, er spielt auf einer Geige. Es ist schrecklich. Ich hasse seine Musik. Ich will sie nicht hören, aber er hört nicht auf.«
    »Und wo ist er?« Sie fragte bewusst nicht nach dem Namen, weil sie Alan nicht noch stärker belasten wollte.
    »Im Nichts«, flüsterte Alan. »Er ist im Nichts. In der Dunkelheit. Er ist dort, wo es keine Freude gibt. Wo – wo die ewige Verdammnis zu Hause ist.«
    Kira Sandrock erschrak. Sie hatte schon vieles in ihrer Berufskarriere gehört, das aber war ihr neu. Von einem derartigen Ort war nie gesprochen worden.
    »Was meinst du mit der Verdammnis?«
    Alan stieß die Luft mit einem scharfen Geräusch aus. »Die Verdammnis ist da, wo er sitzt. Wo er seine Heimat hat.«
    »Und?«
    Alan überlegte. Er verkrampfte wieder. Seine
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