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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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Einleitung
    Ein Lied von hundert Jahren

    Mein Name ist Regin. Ich gehöre nicht in diese Welt - und habe doch keine andere. Inmitten der Dinge, die geschehen, schaue ich nur von außen zu. Immer neue Namen, immer neue Gesichter - und doch immer dieselbe Geschichte. Was in Liebe beginnt, wird in Eifersucht getränkt, um dann als Hass zu enden, mit dem Tod als einzigem Vertrauten. Diese Geschichte will ich nun erzählen, zur Lehre und Warnung. Man verzeihe mir, wenn das Gedächtnis stockt, gar trügt, doch die Zeit hat so manche Erinnerung getilgt.
    Ich weiß noch gut, wie es begann. Nicht zum ersten Mal, doch zum ersten Mal vor meinen Augen. Ein stolzer König, Siegmund, führte Krieg gegen den niederträchtigen Hjalmar von Dänemark. Der Preis sollte das Reich Xanten sein, bezahlt in Blut und Vernichtung. Inmitten der Schlacht entzogen die Götter Siegmund ihre Gunst, und sein gerechtes Schwert Nothung brach entzwei. In jener Nacht, bevor er der Klinge des Feindes unterlag, zeugte der König einen Sohn, und er schickte seine Frau fort, damit sie nicht sein Schicksal teile. Ihr zur Seite stand Laurens, der treue Vasall mit dem gebrochenen Schwert. Ihr Ziel war die kleine
Hütte am Rhein, Heim und Werkstatt des weisen Waffenschmieds Regin. Und ja, das ist mein Name. Meine Erinnerungen sagen mir, ich sei es selbst gewesen, doch glauben mag ich es oft nicht mehr. Laurens gab mir das Schwert, es zu vergraben, und die Königin, sie zu beschützen. Dann ritt er davon, den Widerstand gegen den Thronräuber Hjalmar anzuführen.
    Schützen konnte ich die Königin, doch nur, bis ihr Leib den Knaben gebar. Sie starb, als sei ihre letzte Aufgabe erfüllt, und ließ Siegfried in meiner Obhut. Ein stolzes Kind, mit Kraft und Mut, doch Leichtsinn auch, und dummer Kühnheit. Zum Schmied erzogen, aber zum König geboren, musste Siegfried unweigerlich dem Ruf seines Blutes folgen, und mein Bemühen, ihn aus dem Spiel der Götter zu halten, würde keine Früchte tragen. Und so traf er als Junge im Wald auf das Mädchen Brunhilde, das sich als Krieger tarnte und ihn mit Leichtigkeit verdrosch. Der Kampf sprühte dabei Funken aus Leidenschaft, die beider Herzen entflammten, und Brunhilde versprach, auf den mutigen Siegfried zu warten - als Prinzessin von Isenstein, Thronfolgerin des Insel-Reiches Island. Spitzte man in dieser Nacht die Ohren, konnte man die wuchtigen hölzernen Zahnräder des Schicksals hören, wie sie ineinandergriffen und sich ächzend zu bewegen begannen …
    Siegfried zog es in der Folge nach Norden - zu Brunhilde und zum unruhigen Reich Xanten, wo Waffen gebraucht wurden und Krieger. Stattdessen nahm ich ihn mit auf die Reise nach Süden, dem Schicksal und dem Willen der Götter trotzend. Wir bekamen keine Kunde, dass Hakan von Island starb und seine Tochter den Thron bestieg - mit dem Schwur, nur den zu heiraten, der ihr auf dem Feld aus Eis und Feuer ebenbürtig war.
    Den Rhein entlang führte unser Weg nach Burgund, in der Hoffnung, dort in Frieden Arbeit zu finden. Doch die Straßen waren dunkel getränkt mit Blut, und verkrustete Leichen sah ich unter verkohlten Bäumen. Das Reich der Sonne und des Weins, dem Gott der Christen geweiht, war in den Schatten der alten Mächte gefallen, und das Volk verkroch sich hinter den Mauern von Worms, betend und klagend. Der Drache Fafnir, den Schatz der Nibelungen bewachend, hatte Leid und Feuer über das Land gebracht, Ernten verbrannt, Vieh verschlungen und König Gundomar zum Gespött gemacht. Umgeben von Feindesreichen, die aus der Schwäche von Burgund Nutzen ziehen wollten, fanden wir als Waffenschmiede freundliche Aufnahme bei Hofe. Ich riet Siegfried, sich aus den Ränkespielen des Adels herauszuhalten, doch schon beim Anblick der edlen Prinzessin Kriemhild war sein Versprechen vergessen: er verliebte sich so närrisch und blind, wie es kaum ein Mann je zuvor getan hat - vergaß Stand, Anstand, sogar Brunhilde, die ihm ihr Herz gewidmet hatte. Doch die Flamme für Kriemhild war nicht die einzige Leidenschaft, die bei Hof brannte: der bedächtige Prinz Gernot fand Liebe ausgerechnet in der schwermütigen Elsa, der Tochter des verschlagenen Hagen von Tronje. Dessen schwarzes Herz, wenn es denn schlug, schlug für Burgund und für nichts sonst. Keine Pestilenz, keine Folter war zu schrecklich für jene, die er schädlich fand.
    Um seine Macht im Reich zu stärken, entschloss sich König Gundomar, Kriemhild einem starken Prinzen zu geben und dadurch ein Bündnis zu
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