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Das Erbe Der Nibelungen

Titel: Das Erbe Der Nibelungen
Autoren: Wolfgang Hohlbein , Torsten Dewi
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den Göttern - und wir hadern mit der Walküre Brunhilde, die uns den letzten Triumph über die Blutlinie Siegfrieds nicht gönnen mag.
    Wo war ich? Ach ja. Island war gefallen. Es war der alte Eolind, der Sigurd endlich in Fjällhaven fand und in die Heimat zurückbrachte. Nach schwerer Überfahrt fand der Junge die Burg unter fremder Flagge und das Volk unterjocht. Sogleich wollte er Wulfgar an die Kehle, doch Eolind öffnete ihm die Augen und zeigte ihm einen anderen Weg auf - den einzigen Weg, wirklich Rache an Wulfgar zu nehmen und den geknechteten Königreichen einen gerechten Herrscher zu geben. Er erzählte Sigurd von seiner wahren Herkunft, von seinem Vater Siegfried, von seinem Anrecht auf den Thron Xantens. Er erzählte auch vom Schatz der
Nibelungen als Schlüssel zur Macht wie zur Rache. Es war die Nacht, in der Sigurd das Erbe seines Vaters annahm - und seinen Namen. Er befahl Jon und Gelen, sich verborgen zu halten und die Regentschaft Xantens in Island nach Kräften zu hintertreiben. An den Rhein wolle er selber reisen, um sich die Insignien der Macht zu sichern.
    Die Götter mögen grausam sein und in hämischer Freude das Leben der Menschen heimlich führen, doch ihre Spiele benötigen immer auch die Möglichkeit, sich ihnen zu widersetzen. Wo wäre der Kitzel, gäbe es nicht wenigstens einen Einsatz, den der Mensch verspielen könnte? Und so hatte Odin Xandria geschaffen und als Tochter des Wüterichs Wulfgar auf die Erde gebracht. Schön, zerbrechlich und von wildem Herzen, kümmerte sie sich um das verfallende Xanten, während ihr Vater mit seinem Heer andere Reiche überfiel. Sie hasste ihn und sehnte sich nach einem Mann, der sie von ihm und ihrer Einsamkeit befreite. Es war nicht schwer zu erraten, wen die Götter dafür ausersehen hatten …
    Bei einem Sturm, der sein kleines Boot zerschellen ließ, wäre die Überfahrt des Sigurd, der sich nun Siegfried nannte, fast schon zu Ende gewesen. Natürlich beansprucht die Walküre Brunhilde das Verdienst, ihn vor den Göttern und den Nibelungen beschützt zu haben, damit er ans rettende Ufer gelange. Und doch frage ich mich: tat sie nicht aus immer noch brennender Liebe zu Siegfried genau das, was die Götter sowieso im Sinn hatten? Was hätten sie gewonnen, wenn der Krieger ertrunken wäre? Nein, nein, je länger ich darüber nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass Brunhilde nicht etwa den Plan der Götter durchkreuzte - indem sie Siegfried rettete, erfüllte sie ihn.
    An der Küste Britanniens landete Siegfried schließlich,
mehr tot als lebendig. Ein seltsamer Kauz war es, der ihn aufnahm: Haare so dunkel wie die Augen, die Haut wie von Oliven und mit seltsamen Zeichen bemalt. Nazreh nannte er sich, und er kam von so weit aus dem Osten, wie nicht einmal die Nibelungen zu reisen wagten. Viele Bücher verwahrte er in seiner Hütte, und er las geduldig am Feuer, während Siegfried in wilden Träumen fieberte, immer wieder die Hand nach Walhalla ausstreckend. Doch Odin wollte ihn nicht, und so gewann er seine erste Schlacht: er besiegte die Krankheit und lernte bei Nazreh so manchen klugen Gedanken über Krieg und Frieden. Nach einigen Monaten war Siegfried genug genesen, um weiterzuziehen, und Nazreh beschloss, seinen heißblütigen jungen Freund zu begleiten. Die Reise ging erneut übers Wasser, bis an die Küste des Kontinents, wo der Rhein sich ins Meer ergoss.
    Natürlich hatten wir, die Nibelungen, mit Siegfried gerechnet. Es lag in seinem Blut, den Besitz seines Vaters zu verlangen, und wie sein Vater scherte er sich nicht um den Fluch, der mit dem Gold verbunden war. Doch der erste Siegfried, der Vater, war von mir unterrichtet worden, und trotz allen Ungestüms war er ein großer Krieger. Es fiel uns keinen Augenblick lang ein, dass es dem Sohn gelingen könne, den Schatz an sich zu bringen. Vielleicht ist es unser Schicksal, vielleicht auch ein Trick der Götter, dass wir in unserer Macht zur Überheblichkeit neigen. Der zweite Siegfried, der unseren Wald betrat, war von starkem Geist und noch stärkerem Willen. Wir setzten Trugbilder in seinen Kopf, die alle seine Träume erfüllten - seine Eltern gaben wir ihm, sein Reich und alle Zeit der Welt. Doch er wählte die Wahrheit, wählte den Schmerz, die Rache. Und so gelangte er an den Schatz, der ihm die Macht geben
sollte, Xanten zu erobern. Wir sahen, wie er mit dem Gold davonzog, und wussten nicht, was zu fühlen richtig war - Wut, weil unser Besitz erneut geraubt worden war, oder
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