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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung
Autoren: N Cross
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drückt.
    Der Fensterrahmen quietscht.
    Es ist ihm gleichgültig.
    Mit einem lang gezogenen Kreischen springt das Fenster aus dem
Rahmen.
    Henry quetscht sich durch das Loch. Er springt in die Nesseln und
Brombeersträucher.
    Er wählt einen Trampelpfad und rennt.
    Luther hört zu, wie Henry sich aus dem Wohnwagen
freikämpft.
    Er schaut auf die Uhr.
    Endlich hebt Reed ab. »John, verdammt noch mal. Wo steckst du?«
    »Habt ihr sie gefunden?«
    »Wir haben alle fünf Gebäude auf der Liste durchsucht. In einem
davon waren sie kurz. Als das Suchteam dort ankam, waren sie schon wieder weg.«
    »Was für ein Gebäude?«
    »Ein Haus. Wird gerade umgebaut.«
    »Wo war es?«
    »Muswell Hill.«
    »Wie weit von Madsens Eltern entfernt?«
    »Keine Ahnung. Drei Kilometer? Etwas weniger?«
    »Sie ist dort.«
    »John, das ist sie nicht.«
    »Er wollte sie seinen Eltern verkaufen. Also musste sie in der Nähe
bleiben. Sie ist dort.«
    »Wir haben gesucht. Wir hatten Hunde dabei. Dort ist nichts.«
    »Habt ihr im Garten nachgeschaut?«
    »Garten, Geräteschuppen, Garage. Überall.«
    »Warst du dort? Du persönlich? Hast du das Haus gesehen?«
    »Nein.«
    »Dann fahr hin, Ian.«
    »John, Kumpel. Jetzt mal langsam.«
    »Sie ist dort. Sie ist irgendwo in dem Haus. Er hat sie vergraben,
und sie ist dort. Du hast etwa zehn Minuten. Sie erstickt.«
    Reed schwankt. Dann sagt er: »Bin unterwegs.«
    »Gut.«
    »Wo bist du?«
    »Ich folge einer Spur. Ich melde mich.«
    Luther legt auf.
    Er schiebt sein Handy in die Tasche.
    Er kann Madsen sehen, schwarz auf schwarz, wie er geschmeidig wie
ein Stadtfuchs zwischen den Bäumen hindurchgleitet.
    Er folgt ihm.
    Henry rennt durch die Bäume.
    Er ist schnell, und er hat Angst. Seine Füße berühren kaum die
feuchte, festgetretene Erde. Der Wintermond leuchtet ihm den Weg.
    Hin und wieder dreht er sich um und sieht den großen Mann hinter
sich herkommen. Ohne Eile.
    Der Weg verläuft parallel zu einem schmalen, schlammigen Bach. Aber
das Ufer ist steil und auf der anderen Seite dicht mit Nesseln und Gestrüpp
bewachsen. Unmöglich zu durchqueren.
    Also hastet er weiter.
    Als der Weg eine lange Biegung macht, kommt Henry an ein großes
Nessel- und Rhododendrongebüsch. Dahinter führt ein spitzer, mit Müll
gespickter Gitterzaun an einem Bahneinschnitt entlang.
    Jenseits des glitzernden, schwarz-silbrigen Flusses der
Eisenbahnschienen liegt ein Industriegelände.
    Henry watet durch die Nesseln, folgt dem Zaun. Er sucht eine Waffe
oder einen Ausweg. Es gibt immer einen Ausweg.
    Nach zwanzig oder dreißig Metern findet er eine Lücke im Zaun und
schlüpft durch. Er schlittert die Böschung hinunter, dann rennt er über die
Eisenbahnschienen.
    Er blickt über seine Schulter. Und da ist Luther. Er quetscht sich
durch die Lücke im Zaun, schlittert die Böschung hinunter. Unerbittlich.
    Henry klettert an der anderen Seite des Einschnitts hinauf. Kommt an
einen Maschendrahtzaun. Er zieht sich am Zaun hoch, schwingt sich oben über die
Stange. Landet auf Asphalt.
    Er ist übersät mit Ölflecken, dicken, kreisrunden Moospolstern,
Glasscherben.
    Henry dreht sich um, die Finger zwischen den Maschen des Zauns, von
hinten beleuchtet vom orangefarbenen Natriumdampflicht in der Ferne, und späht
in die Dunkelheit.
    Einen Moment lang kann er Luther nicht sehen. Nicht, bis seine Augen
sich ans Dunkel gewöhnt haben.
    Und dann sieht er ihn.
    Luther läuft über die Eisenbahnschienen.
    Henry dreht sich um, streckt die Brust heraus, rennt.
    Luther klettert die Böschung hinauf, hält sich dabei an
Grasbüscheln fest. Oben angekommen, späht er durch den Zaun. Sieht, wie Madsen
in dem heruntergekommenen Industriepark verschwindet.
    Luther steigt am Zaun hoch, schwingt sich darüber, landet auf
Asphalt.
    Henry kennt den Ausweg nicht.
    Der Industriepark ist verlassen und scheinbar endlos. Voller dunkler
Ecken, ausrangierter Maschinenteile, Glasscherben. Verbeulte, leere Ölfässer
liegen umgekippt am Boden.
    Die meisten Gebäude befinden sich im Verfall, Laderampen sind
verbarrikadiert mit Blech und Sperrholz. Betonzufahrtsrampen zugewachsen mit
Disteln und Weidenröschen.
    Ein alter Bewegungsmelder geht flackernd an, beleuchtet Henry so
schonungslos und deutlich wie der Suchscheinwerfer eines Helikopters.
    Er rennt ins Dunkel, sprintet eine breite, einsame Zufahrtsstraße
entlang, die von leer stehenden Gebäuden gesäumt ist.
    Der Wind bewegt die unbefestigte Ecke einer Wellblechplatte. Sie
bedeckt den Eingang zu
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