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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung
Autoren: N Cross
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verschränkten Armen in der Mitte
der Straße und reckt den Hals, um dabei zuzusehen, wie der Scheinwerfer eines
Hubschraubers Straßen und Gärten absucht.
    »Nein«, entgegnet Teller. »Darum geht es nicht. Na ja, das glaube
ich zumindest.« Sie massiert sich die Schläfen. Sie hat sich seit
achtundvierzig Stunden weder umgezogen noch geduscht. »Verdammte Scheiße«, sagt
sie. »Wer kann schon irgendwas sicher wissen, wenn es um John geht?«
    Zoe wartet ab. Teller kann ihren Gesichtsausdruck vor sich sehen und
verspürt einen Moment lang Hass.
    »Haben Sie irgendwas von ihm gehört«, fragt Teller, »in den letzten
ein, zwei Stunden?«
    »Nein. Warum?«
    »Ist das wirklich wahr? Ich bin nicht Schenk, und wir reden hier
nicht über das Spielzeugauto von irgendeinem Arschloch. Das hier ist wichtig.«
    »Rose, ich habe nichts von ihm gehört. Warum?«
    »Weil wir ihn verloren haben.«
    »Was meinen Sie mit ›Sie haben ihn verloren‹?«
    »Wenn das nach außen dringt, Zoe, ich meine, wenn das irgendjemand
mitkriegt, dann sind wir komplett am Arsch. Haben Sie das kapiert? Er hat uns
alle miteinander verarscht.«
    »Rose, niemand wird es mitkriegen. Ich sage kein Wort.«
    Teller rekapituliert die Ereignisse des Tages. Die Daltons. Mia
Dalton. Patrick, der Adrian York war. Yorks Mutter. Henry Madsen und seine
toten Hunde und sein brennendes Haus und die schreckliche Zelle im Keller. Sie
erzählt Zoe von Madsens Adoptiveltern. Von seiner Mutter, abgeschlachtet in der
Küche ihres Hauses. Und von DS Howie, die mit einer Stichwunde unter der Brust
in einem Krankenwagen ums Überleben kämpft.
    Zoe ist bei Mark.
    Sie sind im Wohnzimmer, nackt aneinandergekuschelt unter einer
weichen Decke. Sie haben eine DVD geschaut, zusammen eine Flasche Wein
getrunken und einen Joint geraucht.
    Jetzt sitzt Mark mit der DVD-Fernbedienung in der Hand da, schwebt
mit dem Daumen über der Pause-Taste, während Zoe Teller zuhört. 
    Ihre Augen weiten sich, und ihre Hand greift langsam an ihre Kehle.
    Sie sieht zerbrechlich und wunderschön aus, und einen Moment lang
hat Mark Mitleid mit Luther, weil er diese Frau liebt und sie verliert.
    »Ich verstehe nicht«, fragt Zoe. »Was versuchen Sie mir zu sagen?«
    »Wie ich die Lage einschätze«, schreit Teller durch den Lärm ihrer
weniger behaglichen Umgebung, »gibt es zwei Möglichkeiten. Möglichkeit eins:
Die kleine Mia ist tot, und John hat Henry Madsen still und heimlich entführt,
um ihn umzubringen.«
    Sie lässt Zoe einen Moment Zeit, um das zu verarbeiten.
    »Was ist Möglichkeit zwei?«
    »Wir wissen nicht, was Möglichkeit zwei sein könnte.«
    Als Zoe wieder sprechen kann, ist ihre Stimme sehr schwach. Sie
sagt: »Rose, ich habe nichts von ihm gehört. Ich schwöre es Ihnen hoch und
heilig.«
    »Sie müssen deutlicher sprechen. Es ist laut hier.«
    »Er
hat nicht angerufen!«
    »In Ordnung«, sagt Teller. »Aber kein Wort zu irgendjemandem, klar?
Denn das könnte wirklich böse enden.«
    »Kein Wort.«
    »Und wenn er sich meldet …«
    »Rufe ich Sie an. Sofort.«
    »Sofort.«
    »Auf jeden Fall. Augenblicklich. Rose?«
    »Ja?«
    »Geht es ihm gut?«
    »Um ehrlich zu sein – nein, ich glaube nicht.«
    Es gibt nichts mehr zu sagen. Zoe murmelt ein Danke und legt auf.
    Sie starrt auf das Handy.
    Mark fragt nicht. Er legt nur einen warmen Arm um ihre nackten
Schultern. Sie schmiegen sich einfach aneinander, nackt auf dem Sofa, unter
einer Decke, die leicht nach Sex riecht, in diesem guten Haus mit seinem Hauch
von Gras in der Luft und frischen, grünen Pflanzen und Büchern und Leder.
    Luther fährt in die Colney Hatch Lane, biegt mit hoher
Geschwindigkeit ab.
    Madsen schlägt gegen die Fenster, gestikuliert in Richtung der
anderen Autos, der Leute auf den Straßen.
    Luther rast weiter. Er biegt auf zwei Rädern in die Hampden Road
ein, dann in die Sydney Road.
    Allmählich werden die Straßen leerer. Luther bremst nicht ab.
    Er biegt in die Alexandra Road ein. Sie ist still, bis auf den dröhnenden
Motor des alten Volvo. Die Straße ist von zweckmäßigen, sauberen
Backsteinhäusern aus den 1930er-Jahren gesäumt. Dann hören die Häuser auf und
die Straße entpuppt sich als Sackgasse – bis auf einen Pfad, der an einem
grellbunten Zaun entlang von der Straße weg zu einem Park führt.
    Luther bringt den Wagen schlitternd zum Stehen. Er und Madsen
bleiben einen Augenblick sitzen.
    »Steigen Sie aus«, sagt Luther.
    »Nein.«
    Luther lacht.
    »Das können Sie nicht machen«, sagt
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