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Luther. Die Drohung

Luther. Die Drohung

Titel: Luther. Die Drohung
Autoren: N Cross
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einer riesigen, längst stillgelegten Brauerei aus rotem
Backstein.
    Geblendet vom Bewegungsmelder läuft Henry darauf zu. Er ertastet den
Rost auf dem Eisen wie Zucker auf einer Tischplatte, die bröckelnden, scharfen
Kanten unter seinen Fingerspitzen.
    Er zieht an der Ecke und gleitet in die unermessliche, feuchte
Schwärze der alten Laderampe.
    Luther verliert Madsen aus den Augen. Aber dann, um eine
Ecke, sieht er ein Licht angehen.
    Er blickt sofort in eine andere Richtung, um seine Nachtsicht zu
bewahren. Steht mit geschlossenen Augen da, ein weiches Moospolster unter
seinem Fuß. Er zählt bis dreißig.
    Während er zählt, hört er das Kreischen von Metall auf Beton.
    Als er die Augen öffnet, ist der Bewegungsmelder bereits
ausgegangen.
    Er folgt Henrys Schritten, wendet sich aber nach rechts, wo Henry
nach links gegangen ist. Geht um die Außenmauern der Worldwide-Tyres-Lagerhalle
herum, biegt links und noch einmal links ab.
    Bei ihm geht der Bewegungsmelder nicht an.
    Er biegt um die Ecke und kommt auf eine breite Zufahrtsstraße. Auf
der anderen Seite ist eine alte Brauerei mit einem Turm.
    Er steht lange dort und schöpft Atem. Sieht Wolken über das blanke
Auge des Mondes jagen.
    Er wartet.
    Sieht eine Bewegung. Der Wind ergreift die lose Ecke einer
Wellblechplatte.
    Luther geht los.
    Er erreicht das Wellblech, zieht es zur Seite. Es stößt einen
Schmerzensschrei aus.
    Er betritt die Laderampe.
    Die Dunkelheit riecht nach Ziegelstaub und Schimmel, hundert Jahren
Brauereitradition. Dem Ammoniakgestank von Taubenscheiße.
    Er kommt an einem Haufen alter Schallplatten vorbei, die in einer
Ecke zurückgelassen wurden. Einem Stapel Zeitschriften, der umzukippen droht,
aufgequollen und pilzbefallen vom Alter. Pike Fishing. Grinsende
Männer aus den 1970ern halten meterlange Fische hoch.
    Er hört ein schallendes Echo. Metall auf Beton.
    Es kommt aus einem entfernten, dunklen Korridor.
    Luther ist ruhig. Er folgt dem Echo.
    Teller und Reed halten vor einem baufälligen
Zwanzigerjahre-Doppelhaus in Muswell Hill.
    Das Suchteam ist noch hier, ein komplettes Kommando von
Einsatzfahrzeugen.
    Eine uniformierte Polizistin ist am Tor postiert. Teller springt aus
dem Auto und rennt auf sie zu.
    »Nichts?«
    »Nein, Ma’am.«
    »John zufolge ist ihr Sauerstoff vor etwa zwei Minuten ausgegangen.«
    Reed ist ein paar Schritte hinter ihr. Er hastet vorbei. »Wenn John
sagt, dass sie hier ist, ist sie hier.«
    Er betritt das Haus.
    Es riecht nach neuem Verputz und alter, aufsteigender Feuchtigkeit.
Es ist voll mit Polizisten, Bogenlampen, riesigen Schatten. Er geht in den mit
Flutlicht beleuchteten Garten, findet Lally. Sie trägt Gore-Tex-Kleidung und
schwere Stiefel.
    »Haben Sie noch einmal alles abgesucht?«, fragt er.
    Sie nickt. »Garten, Keller, Garage, Geräteschuppen. Da ist nichts.
Keine Anzeichen dafür, dass der Boden aufgegraben wurde. Er lügt, Chef.«
    Reed schaut auf die Uhr.
    Lally fragt: »Wie lange hat sie noch?«
    Reed kann nicht antworten. Er geht im ausgeleuchteten Garten hin und
her, folgt seinem eigenen Schatten. Tippt eine SMS.
     
    HAUS NOCH MAL DURCHSUCHT!! KEINE SPUR. BIST DU SICHER??
     
    Luther schreitet über den Beton. Madsen ein huschender
Schatten vor ihm.
    Er schreibt im Gehen zurück.
     
    SUCHT WEITER
     
    Henry sprintet einen verfallenen, gefliesten Flur entlang.
    Er endet an einer Metalltreppe, die zu einer stählernen Galerie
weiter oben führt.
    Hinauf oder zurück.
    Und er kann nicht zurück.
    Er späht in die dunklen Ecken, um zu sehen, ob dort irgendetwas
lauert. Er sieht nichts. Da ist nur das Geräusch von tropfendem Wasser, sein
eigener heftiger Atem.
    Bis.
    Ein Schritt.
    Irgendwo dort drüben. In den Schatten.
    Henry stürmt die Leiter hinauf.
    Reed rennt hinaus, sieht Teller, wie sie das Bild von Mia
Dalton betrachtet.
    Sie schaut auf. Kann ein Flackern der Hoffnung in ihren Augen nicht
verbergen.
    »Nichts«, sagt Reed.
    Teller beißt die Zähne zusammen und schaut weg.
    Henry weicht einen Schritt zurück. Und noch einen. Geht
rückwärts, während die widerhallenden Schritte in der Unermesslichkeit dieses
schrecklichen Ortes näher und näher kommen.
    Er klettert die zweite rostige Leiter hinauf, rennt die hohe,
eiserne Galerie entlang.
    Die Galerie endet bei einer dritten Leiter. Sie führt ihn auf eine
vierte Ebene. Dann eine fünfte.
    Als er ganz oben ist, erkennt er im Mondlicht, welches durch
schmutzige Giebeldachfenster hereinfällt, dass die Eisengalerie an
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