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LustSpiel

LustSpiel

Titel: LustSpiel
Autoren: Jennifer Schreiner
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gefunden hatte und dort rieb, war die Welle da, türmte sich innerhalb von Sekunden auf und spülte alles weg – Moral, Sozialisation, Hoffnungen und Träume –, alles, was ich jahrelang als Schutz vor mir her getragen hatte.
    Ich hörte mich selber schreien und verlor den letzten Rest an Kontrolle über meinen Körper, der sich ihr willig und erleichtert entgegen drängte, und sich in abgehackten Seufzern ergoss.
    Sie ließ mir etwas Zeit, um wieder zu Atem zu kommen und mich zu sammeln, bevor sie die Augenbinde löste.
    Meine Augen wanderten sofort zu Michaelas Gesicht, versuchten zu ergründen, was geschehen war und noch geschehen würde, doch sie sah mich nicht an. Auch nicht, als sie die Fesseln löste.
    Mit einem Mal kam ich mir schäbig vor, als habe ich nicht ihren Ansprüchen genügt. Sie hatte nichts von meinem Amüsement gehabt!
    Ich berührte mit dem Zeigefinger ihr Kinn und hob ihr Gesicht, so dass sie mich ansehen musste.
    Die Endgültigkeit in ihren Augen ließ mich klarer denken, die Situation realistischer sehen: Eine einmalige, vollkommene Verführung, ohne sich hinzugeben oder überhaupt einen Teil von sich selber preiszugeben!
    Im Grunde genau das, was ich immer gemacht hatte – und trotz besseren Wissens ab und zu noch heute tat. – So hatte wenigstens niemand eine Chance mich zu verletzen.
    Aber welcher Mann hatte Michaela so verletzt und sie zu solch einer eiskalten Verführerin werden lassen? Zu einer sündhaft schönen Erinnerung ohne Verpflichtungen und ohne dass man ihrer je Habhaft werden konnte?
    Ich griff nach ihr, doch Michaela wich aus, ging stumm an mir vorbei und hing das Sportoutfit wieder an den Ständer.
    Sie würde mich wirklich hier stehen lassen. Nackt, allein und benutzt!
    Wut auf sie und die anderen schönen – ach so reinen und unschuldigen – Mädchen stieg in mir auf, konsumierte die Bitterkeit, welche sich zusammen mit dem Gefühl, Mittel zum Zweck gewesen zu sein, eingestellt hatte, während ich aus dem Schatten zusah, wie sie die Tür aufschloss.
    Plötzlich erinnerte ich mich an die Melancholie in ihrem Blick und an den tief verschütteten Schmerz – und begriff!
    Für Sekunden stritten Ehrgefühl und Moral einen erbitterten Streit in meinem Inneren, bevor Mitgefühl und unbestimmte Zuneigung gewannen.
    „ Michaela!“ Ich stürzte hinter ihr her. Sollten die Passanten und Nachbarn doch denken, was sie wollten! So einfach würde ich es ihr nicht machen!
    Sie war schon auf der Straße, als ich ihren Arm zu fassen bekam. Sie versuchte ihn mir zu entziehen, doch ich hielt sie unerbittlich fest und zog sie zurück. Sanft aber bestimmt.
    „ Hei!“, rief ein älterer Mann, der in Begleitung seiner Freundin war, von der anderen Straßenseite. Ich konnte sehen, dass er seine Begleiterin über die Straße dirigieren wollte.
    „ Michaela!“ Ich drückte sie durch die Tür. „Hör mir zu!“
    Sie schüttelte energisch den Kopf. Doch die Trauer war wieder in ihrem Blick, direkt unter der Wut und der Enttäuschung und schwellte.
    „ Du kannst mich nicht so einfach stehen lassen“, behauptete ich. „Nicht so …“ Ich machte eine Geste, die alles mit einschloss: Mein Leben, ihr Leben, all das, was vorhin geschehen war.
    „ Das habe ich bereits!“ Michaelas Stimme war kalt und ihre Augen versuchten es ebenfalls zu sein. Verärgert befreite sie sich aus meinem Griff. „Mich wirst du nie bekommen!“, fauchte sie wütend und stürmte aus meinem Laden.
    Der Kloß in meinem Hals verdickte sich und hielt die Wut in Schach. – Und auch die merkwürdige Enttäuschung, die ihr endgültiges Gehen hinterließ.
    Der fremde Mann kam Michaela hilfsbereit entgegen und verschaffte mir durch ihre gezwungene Erklärung genau die Sekunden Zeit, die ich benötigte.
    „ Michaela!“ Automatisch drehte sie sich zu mir um, und fing den Gegenstand, den ich aus der Tür heraus zuwarf.
    Verwirrung schien alle anderen Emotionen in ihr zu verdrängen, als sie ihn unschlüssig in der Hand drehte. „Was…?“
    „ Der Schlüssel zu meinem Laden, zu meiner Wohnung und meinem Leben.“ Ich zuckte mit den Achseln und ignorierte den pikierten Blick des Pärchens. „Falls du mir eine zweite Chance geben kannst, einfach reden möchtest oder auch noch den Rest meiner Existenz zerstören willst!“
    Ich drehte mich um. „Du hast zwei Wochen Zeit!“, fügte ich noch hinzu, dann verschwand ich so schnell, dass sie weder antworten, noch mir den Schlüssel zurückgeben konnte.
     
    Fürs erste
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