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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Autoren: Karin Wahlberg
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zu stehlen«, hatte sie gesagt und ihm in die Augen geschaut.
    Alkoholikern ins Gewissen zu reden war vollkommen sinnlos, das wusste sie auch. Man stieß doch nur auf taube Ohren. Trotzdem musste das mal gesagt werden. Vielleicht auch nur ihrer selbst wegen. Weil sie den Versuch, einen Menschen zu retten, einfach nicht unterlassen konnte.
    »Mein Leben sieht anders aus als deines, vielleicht kürzer. Würdest du das bitte respektieren«, entgegnete er trocken.
    Klar, dachte sie, kein Problem. Sie hatte den gleichen Beruf wie er, sie war Ärztin, keine Seelenretterin. Aber das behielt sie für sich. Antabus, Zwölf-Schritt-Programm und Entziehungsklinik hätten bei ihm keinen Sinn, meinte er. Nur damit sie das wisse, sie Ärmste!
    Die Arbeit bewältigte er offenbar zufriedenstellend. Er war zwar recht oft krank geschrieben, aber nicht so oft, wie man hätte meinen sollen. Er hatte vermutlich wie die Katzen mehrere Leben. Wahrscheinlich sah die Klinikleitung auch über einiges hinweg. Schließlich waren Radiologen Mangelware. Außerdem war er kompetent und ambitioniert, wenn er seine guten Tage hatte und sich auf den Beinen halten konnte. Das war das größte Problem dieser Oberschichtalkoholiker. Sie wussten immer den Schein zu wahren.
    Sie folgte ihm mit dem Blick, als er hastig seinem Wohnviertel Besväret und dem dringlichen Linderungsschluck entgegenstrebte. Er wohnte in beneidenswerter Lage und keineswegs unter einer feuchten Persenning am Hafen. Es fragte sich nur, wie lange er seiner Arbeit noch nachgehen konnte, ohne dass ihm größere Fehler unterliefen. Schließlich trug er eine große Verantwortung.
    Veronika tat das Kreuz weh. Sie beschloss, doch noch den Teppichhändler aufzusuchen.

3
    Annelie Daun saß an dem hübschen Tisch aus Walnussholz mit gedrechselten Beinen, der sowohl als Ladentresen als auch als Schreibtisch diente. Sie las. Einen Italienischsprachkurs. Mit leiser Stimme sagte sie sich immer wieder die Redewendungen vor. Der Verkehr vor der Tür störte kaum. Nur wenige Autos fuhren vorbei.
    Sie trug die enge, altrosa und pistaziengrün karierte Hose, dazu eine kurzärmelige Baumwollbluse in einem passenden Rosaton. Sie hatte die Bluse sogar morgens noch gebügelt, der Baumwollstoff fühlte sich weich und glatt an. Sie kam sich attraktiv und gleichzeitig adrett vor. Sie gab sich Mühe, obwohl nur wenige oder gar keine Kunden in den Laden kamen. Sie putzte sich hauptsächlich ihrer selbst wegen heraus.
    Die italienischen Wendungen begannen sie zu ermüden. Sie unterbrach ihre Studien und nahm einen Spiegel aus ihrer Mulberry-Handtasche aus braunem Leder. Dann trug sie einen kaltrosa Lipgloss auf. Gleichzeitig warf sie einen Blick auf ihre hübsche, kleine, sommersprossige Nase und ihren blonden Pony. Die Sonne hatte wieder ein Wunder vollbracht, wie Carl-Ivar es ausgedrückt hätte, wäre er nicht in der Türkei gewesen. Er konnte solche Dinge sagen, ohne dass es anzüglich oder zweideutig klang. Sie sah frisch aus, konstatierte sie zufrieden, aber dieser Ausdruck wäre kaum über Carl-Ivars Lippen gekommen. Frisch waren in seiner Welt nur Salat und Schnittblumen. Sie war ein paar Tage zuvor beim Frisör gewesen und hatte sich das halblange Haar stufig schneiden lassen. Sie fuhr mit den Fingern hindurch, damit es nicht so platt anlag.
    Es war Samstag, sie würde also nicht den ganzen Tag im Laden sitzen. Ihre Nachbarin hatte versprochen, sie kurz nach zwei abzuholen. »Auf dem Land hilft man einander, natürlich kannst du mit mir mitfahren«, hatte Birthe am Vorabend gesagt. Wenn sie das Geschäft bereits um eins schloss, konnte sie noch etwas durch die Läden bummeln, bevor Birthe kam. Ihr eigener Wagen stand mit einem Motorschaden in der Werkstatt im Westlichen Industriegebiet. Glücklicherweise war sie noch mit stotterndem Motor bis dorthin gekommen, und es war ihr erspart geblieben, sich abschleppen zu lassen.
    Das Geschäft des Teppichhändlers lag an einer Ecke und hatte daher aus zwei Richtungen Tageslicht. Das Gebäude war über hundert Jahre alt, hatte Atmosphäre und eine angenehme Aura, die ihr jeden Morgen gute Laune machte, wenn sie den Laden aufschloss und eintrat.
    Von dem Tisch aus, an dem Annelie saß, hatte man die Tür und die beiden Schaufenster im Blick. Hinter ihr hingen Teppiche an der Wand, und neben dem Tisch stand ein niedriges Regal mit dicken Büchern, die meisten auf Englisch und mit hübschen Bildern von gewebten und geknüpften Teppichen aus allen Teilen der Welt.
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