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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 07 - Tödliche Geschäfte
Autoren: Karin Wahlberg
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der Bank zu verlieren.
    Er hatte sich so hingesetzt, dass sich niemand zwischen ihn und die Tasche zwängen konnte. Gegenüber waren die Rettungsboote festgezurrt. Als er die Hand von seinem Kragen nahm, fuhr er rasch an der linken Vorderseite seiner Jacke entlang. Er wollte kontrollieren, ob der Inhalt seiner Innentasche noch da war, und dem war natürlich so.
    Dann hielt er inne, bis er seine Ruhe wiedergefunden hatte und in dem süßen Genuss des herrlichen Nichtstuns schwelgen konnte. Es gab viele angenehme Dinge, die er sich durch den Kopf gehen lassen konnte.
    Er war auf dem Weg zum Kai von Eminönü im Herzen von Istanbul. Die Fähre bewegte sich mit gleichmäßiger Geschwindigkeit fort und fuhr gerade eine leichte Kurve, während er auf die Wellen starrte. Seine Gedanken wurden immer langsamer und verhielten sich schließlich wie vereinzelte beharrliche Blätter im Herbst, die sich an den Ästen festklammerten, obwohl die Herbststürme längst vorbeigezogen waren. Schließlich verloren auch diese Blätter den Halt und schwebten langsam zu Boden. Sie fielen, um wieder zu Erde zu werden. Der ewige Kreislauf der Natur, dachte er träge.
    Musik dröhnte von einer Fähre, die ihnen entgegenkam. Er zuckte zusammen. Seine behagliche Schläfrigkeit war dahin.
    Stattdessen tauchte idiotischerweise seine Ehefrau wieder vor seinem inneren Auge auf. Vielleicht war das seine Art, diese Sache zu verarbeiten, wie man heutzutage sagte, um sie endlich hinter sich zu lassen.
    Eigentlich war an Birgitta nichts weiter auszusetzen, sie war eine tüchtige und fleißige Person. Er nahm sich zurück. Er merkte selbst, dass er das tat. Er nahm sich zurück, indem er sie verteidigte und damit auch sich selbst und seine eigene Unlust. Und auch sein schlechtes Gewissen.
    Sie wusste, was Sache war. Er war ein Mensch, der sich oft in Reue erging. Wenn er ihr gegenüber etwas großzügiger war, konnte er hoffen, dass sie ihn ebenfalls so behandelte. Indem er gerecht war und nicht schwarz-weiß dachte und urteilte, entlastete er sein Gewissen. Aus Erfahrung wusste er, dass er so die Gedanken an seine Ehefrau eher auf Abstand halten konnte. Ohne gemein zu sein. Er war kein bösartiger Mensch. Er wollte sich auch nicht so sehen müssen, sondern vielmehr als einen Menschen, der im Großen und Ganzen Respekt und Ehrlichkeit ausstrahlte.
    Ohne allzu kritisch zu sein, konnte er trotz allem konstatieren, dass es in ihrem gemeinsamen Leben in den letzten Jahren zu oft darum gegangen war, was gesund war und was nicht. Ihr großes Interesse an Dingen, die ungesund waren, ging ihm auf die Nerven. Das Ungesunde übte auf sie eine ganz eigene Anziehungskraft aus. Sie konnte richtig darauf herumreiten und es verurteilen, so wie man früher Hurerei und Alkohol verurteilt hatte.
    Man konnte sich natürlich fragen, warum er so viel Zeit darauf verwendete, sich über die Angst seiner Frau vor dem Sterben zu ärgern. Sie meinte es natürlich nur gut, wenn sie Nordic Walking, weniger Fett und weniger Kohlenhydrate befürwortete. Sie wollte nur, dass auch er so lange wie möglich lebte. Damit sie beide wie zwei alte Wellensittiche gleichzeitig von der Stange fielen. Starb der eine, dann hatte auch der andere nicht mehr lange zu leben.
    Er lachte. Man konnte sagen, was man wollte, aber gesunder Lebenswandel war im Großen und Ganzen eine recht unschuldige Beschäftigung.
    Aber jetzt war seine Frau nicht da.
    Die Sonne, die langsam unterging, war immer noch heiß. Seine Wangen brannten. Er schaute mit zusammengekniffenen Augen auf die Sonnenreflexe auf dem Wasser. Vielleicht waren das da hinten am Horizont ja die Prinzeninseln. Er wusste, dass sie ungefähr dort lagen. Sein Blick folgte auf der asiatischen Seite der Küstenlinie, die sich auflöste und in einem graugrünen Dunst verschwand.
    Ihn überfiel eine schmerzende Leere. Seine Gedanken nahmen einen unerwünschten Verlauf- schweiften zu seiner Frau. Er würde das schon noch in den Griff bekommen. Schließlich lagen jetzt noch ein paar Tage in Istanbul vor ihm, eine ganze Woche, um genau zu sein.
    Die dunklen Wolken, die sich in seinem Leben aufgetürmt hatten, würde er nun beiseiteräumen. Das würde ihn einiges kosten, aber das war es wert.
    Bis auf weiteres würde es so sein. Später würde er sich etwas anderes einfallen lassen.
    Die amerikanische Touristengruppe, die in seiner Nähe gesessen und sich laut unterhalten hatte, erhob sich und ging ins Innere des Schiffes. Mit einem Mal fühlte er sich
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