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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
Autoren: Karin Wahlberg
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hineingeschoben und war die wenigen Schritte zur Toilette auf Strümpfen gegangen, was er eigentlich nur ungern tat. Seine Blase fühlte sich an, als würde sie jeden Moment platzen. Es war entwürdigend, sich ohne Schuhwerk fortzubewegen. Die Kombination von Socken und Anzughose sah einfach lächerlich aus. Barfüßigkeit an einem heißen Sommertag war natürlich etwas ganz anderes.
    Nachdem er seine Hände unter den Wasserhahn gehalten hatte, kehrte er in die Diele zurück, von der aus eine Eichentreppe ins obere Stockwerk führte. Die Decke war kreideweiß verputzt.
    Charlotte hatte eine blaugrüne, glatte Tapete ausgesucht, die die handwerkliche Eleganz das alten Schreibtisches, den ihre Großmutter einst hatte anfertigen lassen und den sie nun als Telefontischchen verwendeten, unterstrich.
    Er beugte sich zu dem Orientteppich hinab, der schwer auf den Steinfliesen ruhte, nahm die Schuhe und stellte sie ins Schuhregal. Gleichzeitig sah er sich suchend nach den Pantoffeln um, die er ordnungsgemäß neben der Eingangstür entdeckte. Es handelte sich um schwarze Båstadpantoffeln, die aussahen wie gewöhnliche Holzschuhe, aber aus Gummi gefertigt waren und somit weder den Parkettboden zerkratzten noch irgendein Geräusch verursachten. Er hatte sie gekauft, als er an einem Golfturnier in Båstad teilgenommen hatte. Sie waren sehr bequem.
    Unruhig ging er zwischen Küche, Wohnzimmer und Diele hin und her und machte überall Licht. Zu guter Letzt schlenderte er ins Wohnzimmer, postierte sich im Erker, der zum hinteren Teil des Gartens zeigte, und sah hinaus. Natürlich herrschte vollkommene Dunkelheit, nur beim Nachbarn brannte noch Licht im Obergeschoss.
    Dann ging er zum Mahagonibarschrank in original dänischem Sechziger-Jahre-Design, öffnete die Türen und fand, was er suchte. Er griff nach der Whiskyflasche, nahm ein geschliffenes Kristallglas und schenkte sich einen halben Zentimeter von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein. Mehr nicht, da sein ausgedehntes Abendessen bei den Rotariern auch nicht ganz trocken verlaufen war und er am nächsten Morgen fit sein wollte.
    Während er sich den kostbaren Tropfen genehmigte, verließ er das Wohnzimmer und stellte sich ans Küchenfenster. Der Trastvägen lag wie leergefegt unter ihm da.
    Sie wohnten in einem Haus mit Souterrain aus dem Jahre zweiundzwanzig in erhöhter Hanglage. Das Fundament bestand aus Granitblöcken und erreichte zur Straße hin eine Höhe von zwei Metern, die zum Garten wieder abnahm. Daher hatte er von seiner halb verdeckten Position hinter der Küchengardine einen guten Überblick über die Straße in beide Richtungen. Die horizontal verlaufende Holzverkleidung war braun, die Hausecken und die Fensterumrahmungen waren weiß gestrichen. Solange er sich erinnern konnte, war das Gebäude Pfefferkuchenhaus genannt worden. Es hatte keine pittoresken Fensterläden mit Herzchen, aber die alten Fenster mit je acht kleinen Scheiben pro Fensterhälfte hatten sie behalten, was besonders spürbar wurde, wenn Fensterputzen angesagt war, doch das ließen sie mittlerweile machen.
    Er gähnte, begab sich in die Diele und hob den Hörer ab.
     
    Veronika zog sich aus, wusch sich das Gesicht mit kaltem Wasser und begann sich die Zähne zu putzen.
    »Mona hätte sicher gerne Enkelkinder«, nuschelte sie durch den Zahnpastaschaum.
    Claes’ Brustkorb streifte ihren Rücken, als er sich über sie beugte. Er griff sich seine Zahnbürste, die zuoberst im Spiegelschränkchen stand. Sie war elektrisch, deswegen musste er sie dort aufbewahren, wo Klara nicht an sie drankommen konnte.
    »Da wird sie noch ein Weilchen warten müssen«, sagte er, den Mund ebenfalls voller Zahncreme.
    Cecilia würde nicht den gleichen Beruf ergreifen wie ihre Mutter. Schon eher den ihres Vaters, der eigentlich ausgebildeter Journalist war, jetzt aber bei der Stockholmer Stadtverwaltung angestellt war und Öffentlichkeitsarbeit machte. Womit er sich dort im Einzelnen beschäftigte, wusste Veronika nicht.
    Aber momentan wagte sie nicht, über Cecilias Zukunft nachzudenken, noch war alles ungewiss.
    Veronika selbst waren keine besonderen Talente in die Wiege gelegt worden. Sie hatte als Erste in ihrer Familie eine sogenannte höhere Ausbildung genossen und war somit zur sozialen Aufsteigerin, wie es so schön hieß, geworden.
    Sie kroch unter die Decke, drehte sich auf die Seite und schloss die Augen. Kurz darauf spürte sie, wie die Matratze schaukelte. Sie streckte ihren Arm aus, tastete
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