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Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 06 - Der Tröster
Autoren: Karin Wahlberg
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waren. Sie selbst wurde davon eher erregt. Er müsse ja nicht hinglotzen, hatte sie zu ihm gesagt, und könne doch auf sein schlechtes Gewissen pfeifen.
    Er wird sich daran gewöhnen, dachte sie jetzt. Er würde sich jedenfalls nicht so schnell aus dem Staub machen. Zumindest nicht wegen des Spiegels, dessen war sie sich sicher. Außerdem war es viel zu mühsam, einen neuen Platz zu suchen. Und wo zum Teufel sollte er sonst stehen?
    Sie war nackt. Das rotbraune Haar reichte bis zu ihren Schultern. Ihr Schamhaar hatte die gleiche Farbe. Sie betrachtete eingehend ihre Konturen im Spiegel. Musterte ihren Körper von vorne und von der Seite, als gehöre er jemand anderem. Als wäre sie ein objektives Jurymitglied bei einem Schönheitswettbewerb. Den Bauch einzuziehen machte keinen großen Unterschied. Er war auch ohne diese Finte flach. Sie war sich dessen bewusst, musste aber dennoch kontrollieren, dass es immer noch so war. Und ihre Brüste waren üppig wie zwei Hefebrötchen, wie er zu scherzen pflegte. Sie hatte noch nie jemanden getroffen, der derartige Witze machte. Ein wenig unbeholfen, aber gleichzeitig sehr reif.
    Brüste mit zimtbraunen, trotzig vorstehenden Brustwarzen. Sie erinnerten sie an kleine Schäreninseln.
    Er hatte sie im Ausschnitt des Morgenmantels zärtlich geküsst, erst die eine, dann die andere, bevor er kurz vor Mitternacht gegangen war. Er musste offenbar früh aufstehen und noch ein paar Sachen zu Hause holen. Sonst wäre er bestimmt die ganze Nacht geblieben.
    Nachdem er gegangen war, hatte sie den letzten Rotwein getrunken, war wieder ins Bett geschlüpft, hatte sich zufrieden geräkelt und war mit einem Lächeln auf den Lippen eingeschlafen.
    Jetzt musste sie sich nur noch ein wenig zurechtmachen und zusehen, dass sie den Arbeitstag zügig hinter sich brachte. Sie würde den Patienten ganz besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen, mit ihnen schäkern und vergnügt sein, dann ging meist alles leichter von der Hand. Sie hatte inzwischen eingesehen, dass alles viel mühsamer wurde, wenn man schlechter Laune war und seinem Ärger Luft machte. Alles kostete dann mehr Zeit und Kraft, denn sie musste sich zusammenreißen und, wie sich die Oberschwester auszudrücken pflegte, ihren Mangel an Geduld und Empathie wieder ausbalancieren.
    Sie wollte, dass der Tag wie im Fluge verstrich.
    Denn heute Abend würden sie und er ein Liebesmahl genießen, das hatte er ihr versprochen. Heute hatte sie Geburtstag. Sie überlegte, ob er nicht der Typ Mann war, der Schmuck kaufte. Keinen billigen Plunder, sondern Stücke von Wert. Und natürlich aus Gold. Es spielte keine Rolle, ob Rot- oder Weißgold.
    Sie drehte die Dusche auf und stellte sich dabei vor, wie er sie mit seinen samtbraunen Augen dabei beobachtete, wie sie behutsam das gepolsterte runde Schächtelchen öffnete. Der Inhalt würde schimmernd erstrahlen. Und sie natürlich auch. Sie würde ihn voller Leidenschaft ansehen, Sternenaugen würden Sternenaugen begegnen. Und er würde ihr zwangsläufig noch mehr verfallen und bereitwillig alles für sie tun, sie auf Händen tragen.
    Sie erschauerte und hielt genussvoll ihr Gesicht in den warmen Strahl.

1
    Sie standen auf dem Lilla Torget. Drei Männer unterhielten sich. Es war spätabends an einem Freitag Anfang Oktober.
    »Kommst du morgen mit?«, fragte Stefan Lundvall den großen Mann, der neben ihm stand.
    »Aber sicher doch«, erwiderte Harald Eriksson.
    Ihm gehörte eine Umwelttechnikfirma, die besseren Zeiten entgegenstrebte. Die voraussichtlich steigenden Ölpreise und das zunehmende Umweltbewusstsein machten es erforderlich, Überschussprodukte der verarbeitenden Industrie zu sammeln und zu reinigen. Die Auflagen hatten sich verschärft. Die Industrie hatte inzwischen erkannt, dass Umweltbewusstsein ein Wettbewerbsvorteil war. Seine Firma Drott Engineering betätigte sich auf eben jenem Gebiet, entwickelte Methoden und lieferte maßgeschneiderte Anlagen, die die Abfallprodukte der Industrie entsorgten.
    In letzter Zeit war er sehr beschäftigt gewesen. Seine Arbeit hatte ihn derart in Anspruch genommen, dass er sich nicht einmal seine heiß ersehnten Runden auf dem Golfplatz hatte gönnen können. Jeden Samstagmorgen um acht. Die Zeit dort draußen war wie ein reinigendes Bad.
    »Dann sehn wir uns ja morgen«, sagte der Chef des kommunalen Bau- und Umweltdezernats Tommy Andersson.
    Andersson schwang sich aufs Fahrrad und fuhr in falscher Richtung die Einbahnstraße den Kråkerums-Hang hinunter.
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