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Luegenprinzessin

Luegenprinzessin

Titel: Luegenprinzessin
Autoren: Nora Miedler
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mich verrückt zu nennen. Ausgerechnet du!« Sie machte ein spöttisches Gesicht. »Huch, der Beinschleifer!«
    Gequält fragte ich: »Und was hatte es mit dem auf sich?«
    Sie lachte so laut, dass ich erneut hoffte, wir könnten gehört werden.
    »Da hast du wieder mal den Vogel abgeschossen, Mia. Gott, hab ich lachen müssen, nachher im Zelt. Der Beinschleifer, ich konnte es gar nicht glauben.«
    Ich presste die Lippen zusammen, nur zu gut erinnerte ich mich an das, was ich für einen gemeinsamen Lachanfall hielt. Als Vero mir nun erzählte, wie das gruselige Geräusch tatsächlich entstanden war, wusste ich, dass ich es wirklich mit einer Psychopathin zu tun hatte. An dem Tag, sagte sie mir, hätte ich mich so fies verhalten, dass sie beschlossen hatte, mich in der Nacht zu töten.
    Es war der Tag, an dem ich David geküsst und später beschlossen hatte, mich von meinem Vater abholen zu lassen.
    Bitterböse fuhr sie mich an: »Und zu mir hast du gesagt, dass ich einfach hierbleiben soll, da hab ich gewusst, dass ich dir vollkommen egal bin.«
    Ich bemerkte, dass sie zitterte. Erst da wurde mir bewusst, dass ich selbst sogar richtig schlotterte. In der kühlen Nachtluft fühlten sich die nassen Kleider am Körper an wie flüssiges Eis. Außerdem wurde der Schmerz in meiner Schulter von Sekunde zu Sekunde unerträglicher. Ich brauchte endlich eine Tablette. »Und wie wolltest du mich töten?«, stieß ich hervor.
    »Mit der Axt«, antwortete sie schlicht.
    Als ich aufs Klo gegangen war, schlich sie mir hinterher, holte die Axt aus dem Schuppen und wartete hinter dem Klohäuschen auf mich. Dabei hatte sie vollkommen das Gewicht der riesigen Axt unterschätzt. Als sie merkte, dass ich im Begriff war, um das Häuschen herumzugehen, war sie ihrerseits um die Ecke verschwunden, die Axt neben sich herschleifend. Sie hatte mich die ganze Zeit über beobachtet und sich köstlich darüber amüsiert, wie sehr ich mich in meine eigene Angst reingesteigert hatte. Als ich runter zum Wald gerannt war, hatte sie die Axt schnell zurückgebracht, war zum Zelt gelaufen und mir dann direkt in die Arme.
    Dann erklärte sie mir auch noch, wie sie Joe am Nachmittag dazu gebracht hatte, auf die Brücke zu Kinga zu laufen. »Ich hab ihr einfach gesagt, dass ich mir nicht ganz sicher bin, aber glaube, dass Kinga sie ganz dringend sprechen wollte. Die nette Joe hat natürlich gleich Gas gegeben. Und mir nachher nicht mal einen Vorwurf gemacht, dass ich sie umsonst raufgeschickt hab. Aber ich kenn ja meine Pappenheimerin und weiß genau, welche Knöpfe ich bei dir drücken muss, um dich in Furcht zu versetzen.« Es schüttelte sie. Bebend vor Kälte sagte sie: »Du bist extrem leicht zu manipulieren, weißt du das? Ach ja, Kinga und Joe kennen sich natürlich nicht von früher und sie tuscheln auch nie miteinander. Dass Diana das in der Schule aufgefallen ist, hab ich erfunden. Aber ich hatte keine Angst, dass du sie darauf ansprichst, denn du hättest Diana nie freiwillig noch einen Grund geliefert, die schöne Joe, deine geliebte Joe zu verdächtigen. So wie du sie die ganze Zeit über vergöttert hast, echt zum Kotzen!«
    Oh Vero… Sollte ich etwassagen? Wie redete man mit einer Psychopathin? Sie durfte nicht aufhören zu sprechen. So viel wusste ich. »Und wie war das heute Abend im Wald? Hast du da meinen Namen gerufen?«
    Sie stieß ein schlaues kleines Lachen aus. »Allerdings. Der Einfall ist mir ganz spontan gekommen und war gar nicht so leicht durchzuführen. Ich musste ja an Diana vorbei, zurücklaufen, um in deine Nähe zu kommen. Damit nur du das Rufen hörst. Gib’s zu, du hast langsam aber sicher an deinem Verstand gezweifelt, nicht wahr? Übrigens«, fuhr sie fort, »über eine Sache haben wir bisher noch gar nicht gesprochen. Der Nachmittag, an dem du vom Pfeil getroffen wurdest –«
    Jetzt! So fest es ging, hieb ich ihr den Ellbogen in die Rippen, sodass sie vor Schmerz aufschrie. Mein Triumph währte aber nicht lange, weil sie mir nun ihrerseits einen Fausthieb auf die verletzte Schulter verpasste. Ich schrie auf.
    In dem Moment hörten wir, wie jemand unsere Namen rief.
    In den nächsten Minuten würde sich alles entscheiden, das wussten wir beide. Ich vergeudete eine wertvolle Sekunde und jede Menge Energie darauf, verzweifelt um Hilfe zu brüllen, hoffte inständig, dass ich gehört wurde, damit den anderen zumindest die Richtung klar war, in der wir uns befanden. Vero ließ mich zwar los, versetzte mir aber so einen
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