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Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch
Autoren: Francine Prosse
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zu finden, der sie aus New Jersey hinausbrachte?
    Reifen quietschten an der Bordsteinkante. Lula stürzte ans Fenster und sah zwei Autos anhalten, einen amerikanischen Oldtimer, glänzend auberginefarben lackiert, gefahren von Guri, und dahinter den schwarzen Lexus. Das perfekte Timing der G-Men, die im genau richtigen Moment auftauchten, brachte Lula dazu, sich noch unwahrscheinlichere Ereignisse vorzustellen. Zum Beispiel, dass Alvo auf dem Rücksitz des Lexus auf sie wartete.
    Okay, das war zu viel verlangt. Lula sah, wie die beiden Männer ihre Fahrzeuge abschlossen, Guri mit einem Schlüssel, Genti mit einem theatralischen Drücken auf die Fernbedienung.
    Sich so über ihren Anblick zu freuen, könnte sich als tödliche Dummheit herausstellen. Sie war davon ausgegangen, die beiden wären noch dieselben wie zuvor. Die freundlichen Einbrecher, deren Boss Lula am Weihnachtsabend zum Tanzen ausgeführt hatte. Die Hoffnungsvollen, die glaubten, sie könnte ihn vor dem Gefängnis bewahren. Die Dankbaren, die ihr helfen würden, zu Dunia zu ziehen. Doch letztlich waren diese beiden Schlägertypen, die da den Weg heraufeilten, dieselben Rabauken, die sie immer gewesen waren, gewalttätige Hurensöhne, die gekommen waren, sie zu bestrafen, weil Lula sie im Stich gelassen hatte. Sie waren hier, um ihr die Schuld daran zu geben, dass ihr Boss eingelocht worden war. Was für eine Ironie das war, wie ähnlich den rührseligen Geschichten, die sie für Don und Mister Stanley geschrieben hatte: Am Ende zeigen die beiden Bösewichte ihr wahres Gesicht. Gerade als sich für sie alles zum Besseren wendet, schlagen sie Lula derart zusammen, dass kein Mann sie jemals wieder haben will. Lässt man den Teufel erst einmal herein … Sie versuchte sich an Großmutters Sprichwort zu erinnern. Lässt man den Teufel erst einmal herein … und dann was?
    Aber weder Guri noch Genti hatten das Zeug dazu, so strahlende, freundliche Gesichter vorzutäuschen, wie Lula sie durch die spaltbreit geöffnete Tür sah.
    »Kleine Schwester«, sagte Guri. »Wie schön, dich zu sehen! Mach auf.«
    »Wie war’s in Pennsylvania?«, fragte Lula.
    »Connecticut«, sagte Guri. »Geschäftsreise nach Norwalk. Mach bitte die Tür auf.«
    »Dir ist der ganze Trubel entgangen«, sagte Lula.
    »Lass uns rein.« Gentis Schultern waren bis an die Ohren hochgezogen. »Mach schon. Es ist kalt.«
    »Warum?«, fragte Lula. »Was wollt ihr?«
    »Dir danken«, sagte Genti. »Ich schwör’s beim Leben meiner Kinder.«
    Lula hakte die Kette auf. »Ihr Jungs hättet tatsächlich zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können«, sagte sie.
    Genti sagte: »Genau das habe ich diesem faulen Drecksack auch gesagt. Du kannst mir dafür danken, dass ich seinen lahmen Arsch von der Couch hochzogen hab.«
    Sie warteten darauf, dass Lula sie hereinbat und ihnen Erfrischungen anbot. Aber es war nicht mehr Lulas Haus. Sie war ebenfalls zu Gast hier.
    »Was ist mit Alvo passiert?«, fragte sie. »Ich meine Arkon.«
    »Was auch immer dein Kerl getan hat, es hat funktioniert«, sagte Genti. »Der Boss muss nicht ins Gefängnis. Stattdessen wird er abgeschoben. Zu dumm für uns. Aber für ihn ist das bestens. Für ihn ist das ein kostenloses Flugticket nach Hause, wo er freie Auswahl unter den albanischen Mädchen hat. Und außerdem ist seine Mama eine Superköchin.«
    »Das freut mich zu hören«, sagte Lula. »Ich wünschte, ich könnte es mir anrechnen.« Hatte Don doch zum Telefon gegriffen? Lula bezweifelte es. Die Dinge hatten ihren Lauf genommen. Irgendein Richter war auf eine bessere Alternative gekommen, statt einen großen, kräftigen Albaner die nächsten fünfzehn Jahre lang auf Kosten des amerikanischen Steuerzahlers durchzufüttern. Zum ersten Mal, seit sie in diesem Land war, waren alle überglücklich über eine Abschiebung.
    »Wer kann schon sagen, wer was getan hat?«, sagte Genti. »Wer will das schon wissen? Letztlich kommt es nur auf das Ergebnis an. Und wir möchten dir danken. Vielleicht können wir dir dafür auch einen Gefallen tun …«
    »Das könntet ihr«, sagte Lula. »Ihr könntet meine Sachen befördern. Ich ziehe zu meiner Freundin Dunia in die Stadt.«
    »Wie viel Zeug hast du?«, frage Guri.
    »Nicht viel. Würde leicht in den Lexus passen.«
    »Wurde aber auch Zeit«, sagte Guri. »Versteh mich nicht falsch, aber wir haben uns immer gefragt, wie lange unsere kleine Schwester noch in diesem Mausoleum leben will.«
    »Das ist kein Mausoleum«, sagte
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