Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luegen auf Albanisch

Luegen auf Albanisch

Titel: Luegen auf Albanisch
Autoren: Francine Prosse
Vom Netzwerk:
und wies sie an einzubiegen. Guri folgte und wartete, während Lula anfuhr und bremste und Achterkurven fuhr.
    »Du hast den Dreh raus«, sagte Genti.
    »Hab ich nicht«, sagte Lula.
    »Den kriegst du jetzt«, sagte Genti. Lula bog auf die Straße. »Schau in deinen Außenspiegel. Unser Bruder ist hinter uns. Du kannst bremsen, wenn du musst. Unser Bruder passt von hinten auf.«
    Die Straße führte auf eine breitere Straße mit mehr Verkehr. Genti sagte: »Keine Bange. Ich bin hier. Ich bin hier.«
    Das war genau das, was man von Gott hören wollte, wenn man an Gott glaubte. Lula hatte keine Bange; sie fädelte sich in den Verkehr ein, ganz ruhig, obwohl der vernünftige Teil von ihr wusste, dass sie verhaftet werden, sich umbringen oder, schlimmer noch, einen Unschuldigen überfahren könnte. Ein Kind. Aber da nichts Schlimmes passierte … bekam sie allmählich das Gefühl, es schaffen zu können. Genti passte auf sie auf. Er würde sich hinüberbeugen und ins Steuer greifen, wenn sie etwas falsch machte.
    »Bieg hier rechts ab«, sagte Genti.
    »Auf den Highway? Ich kann nicht!«
    »Du musst«, sagte Genti.
    Und dann tat Lula es erstaunlicherweise. Sie fuhr ein Auto! Sie war sehr vorsichtig, und die anderen Fahrer sahen das, und sie sprachen in der lautlosen Sprache, der Sprache, die Lula von Zeke gelernt hatte, als sie beide dachten, sie würde nicht darauf achten. Sie blinkte und schaute und gestikulierte wie ein Mensch, der Auto fuhr. Sie fand eine Lücke zwischen zwei Autos und fädelte den SUV in den Verkehr ein.
    »Das Gesetz des Dschungels«, sagte Genti. »Kleine Autos machen für größere Platz. Überleben des Stärksten. Deshalb will man ein großes haben.«
    Inzwischen kam sie sich wie in einem jener Träume vor, in denen sie ein Auto fuhr und nicht wusste, wie man das machte, doch diesmal wusste sie es. Wie in einem jener Träume, in dem sich ein Flugzeug als sicherer Bus mit Flügeln herausstellt, der den Boden nie verlässt.
    »Nimm die Auffahrt da«, sagte Genti.
    »Nein«, sagte Lula. »Nicht auf die Brücke.«
    »Nimm die Brücke«, sagte Genti.
    Vor ihr lag die George-Washington-Brücke. Wie majestätisch sie aussah, so solide und großartig und dauerhaft wie die Große Mauer in China!
    »Ich kann nicht«, sagte Lula. »Tut mir leid.«
    »Das braucht dir nicht leid zu tun. Du kannst es. Du kannst mir vertrauen«, sagte Genti. »Du brauchst nur aufzupassen. Geh’s langsam an.«
    Der Verkehr war dicht, was Lula gerade recht war, weil sie dann vorwärtskriechen und sich darauf konzentrieren konnte, den größtmöglichen Abstand zwischen sich und dem Auto vor ihr zu halten. Sollten die anderen sie doch überholen. Sie besaßen lebenslange Übung. Lula hatte genug damit zu tun, den Dreh mit dem Spiel zwischen Bremse und Gas rauszubekommen.
    Genti sagte: »Bieg auf die rechte Spur, die rechte!«
    Jemand hupte, aber nicht laut. Lula schwenkte von der mittleren in die noch langsamere rechte hinüber.
    Als der Verkehr vollkommen zum Stillstand kam, sagte Genti: »Leb wohl und viel Glück. Wenn ich du wäre, würde ich einen Platz finden, an dem du das Auto abstellen kannst. Du willst ja nicht, dass jemand Fragen stellt. Wenn du weißt, was ich meine.«
    Lula fragte: »Ist das Auto geklaut?«
    »Natürlich nicht«, sagte Genti. »Die Frage beleidigt mich. Vollkommen legal und abbezahlt. Die Papiere liegen im Handschuhfach, auf deinen Namen ausgestellt. An dich für einen Dollar verkauft. Hast du einen Dollar?«
    »Ich glaube schon«, sagte Lula. Sie hatte zweitausendeinhundert Dollar, den Bonus von Mister Stanley mitgerechnet.
    »Kann ich mir den Dollar aus deiner Handtasche nehmen?«, fragte Genti. »Nur um es offiziell zu machen.«
    »Nein, bitte nicht!«, sagte Lula. Der Verkehr bewegte sich wieder. Ein Kombi schwenkte auf ihre Spur, und sie trat auf die Bremse.
    »Netter Auftritt«, sagte Genti. »Ich wollte dich nur ein bisschen ärgern. Die Handtasche einer Dame – das würde ich doch niemals wagen! Vergiss den Dollar. Dann bleibst du mir was schuldig. Okay, wir stehen wieder. Da wird sich noch eine Weile nichts tun. Verkehrskollaps. Das ist es.«
    »Ist was?«
    »Hier steige ich aus.«
    »Wohin willst du?«, fragte Lula vorwurfsvoll. »Ich dachte, du wolltest mir helfen, meine Sachen zu Dunia zu bringen.«
    »Dir wird schon jemand helfen«, sagte Genti. »Ich steige ins Auto meines Partners um. Von jetzt an bist du auf dich gestellt.«
    »Mitten auf der Brücke? Jemand wird sehen, wie du die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher