Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte
Autoren: Jobst Mahrenholz
Vom Netzwerk:
überrascht.
    Natürlich hätte mir klar sein müssen, dass es sich bei Alessandros Sohn nicht um das Abbild eines typischen Italieners handeln konnte - schließlich kam seine Mutter aus Japan. Alleine schon sein Name - aber ich hatte mir bislang überhaupt keine Vorstellung gemacht, wie ein Shiro eigentlich aussehen könnte.  
    Er hatte etwa meine Größe und war ziemlich mager, seine Hände steckten in seinen Hosentaschen. Sein schwarzes Haar trug er schulterlang und seine dunklen Augen waren erstaunlich groß für einen Asiaten - Halbasiaten - verbesserte ich mich innerlich.
    Ich wischte mir die Hände an meiner Schürze ab und nickte zur Begrüßung.
    Der Blick, den er mir zuwarf, war abschätzend. Nicht mehr und nicht weniger.
    Na klasse.
    Tomaso schien davon nichts mitzubekommen und plapperte drauflos, wie er es immer tat.
    »Das wird also in Zukunft dein Arbeitsplatz sein.«, erklärte er mit einer ausladenden Handbewegung. »Die Küche! Aber keine Angst. Die erste Woche läufst du erst mal mit. Das beste ist, du begleitest Luca«, dabei zeigte er auf mich, »...und siehst ihm über die Schulter. Und dann geht es ganz langsam los.«
    Shiro nickte, ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich nickte ebenfalls und versuchte ein Lächeln, das mit so was wie gleichgültiger Regungslosigkeit quittiert wurde.
    »Ich bin hier gleich fertig, dann zeig ich dir alles.«
    Das war mit Tomaso so abgesprochen. Er musste Giade vom Arzt abholen und war eh schon spät dran. Unsere Eltern gratulierten zu einem 70. Geburtstag - Gastronomen können so etwas nur tagsüber erledigen - und der Rest der Familie war in unterschiedlichen Missionen unterwegs. Also lag es an mir, Shiro alles zu zeigen und ihn auf sein Zimmer zu bringen. Ich war begeistert.
    Ich stellte das Fleisch kühl und wusch mir die Hände. Dann wandte ich mich Shiro zu, der mittlerweile allein und abwartend in der Küchentür stand.
    »Hast du kein Gepäck?«
    »Vorne bei der Bar.« Seine Stimme klang eigenartig heiser. Er ging vor und zeigte mir seine Sachen, zwei Koffer und eine Tasche. Ich griff mir einen der Koffer, hängte mir die Tasche um die Schulter und ging voraus, über die steile Treppe, hinauf bis ins Dachgeschoss zu seinem Zimmer.
    Der Raum war nicht übel, weil er die gesamte Hausbreite einnahm und so zu zwei Seiten Fenster hatte. Aber er war schmal, und durch die Schräge nicht besonders vielseitig zu nutzen. Vor dem Westfenster stand ein Tisch mit zwei Stühlen, unter dem Ostfenster befand sich das Bett. In die Wand war ein Schrank eingebaut und ein bunter Flickenteppich lag auf den abgenutzten Holzdielen.
    »Das war früher mal mein Zimmer, aber als Tomaso auszog...« Ich versuchte, irgendwie freundlich zu klingen. »Man hält's hier ganz gut aus.«
    »Es ist in Ordnung.«
    Shiro ließ sich aufs Bett fallen und wippte begutachtend auf und ab. »Genau richtig.«
    Mir fiel auf, dass er akzentfrei italienisch sprach, es klang nur alles sehr heiser, was er sagte. Ich stellte seine Tasche auf einen der Stühle und öffnete den Schrank.
    Hier hat Valentina - Valentina ist meine Mutter - hier hat sie Handtücher für dich hingelegt.« Ich deutete auf ein Fach. »Wenn sie schmutzig sind, lässt du sie einfach unten im Bad liegen. Sie gibt dir dann neue.«  
    Er nickte.
    »Ganz wichtig ist, dass du daran denkst, hier oben immer etwas zu trinken zu haben. Die Arbeit in der Küche macht dich durstig, aber das merkst du manchmal erst später. Und dann musst du nachts ganz runter bis in den Keller, und das nervt.«
    Shiro beendete sein Wippen und stand vom Bett auf.
    »Ich werd’s mir merken.«
    »Tja - ansonsten wirst du alles andere heute abend erfahren, wenn die Familie da ist, denk ich... Wenn du willst, kannst du dich ausruhen oder dich hier erst mal einrichten. Was du so willst, halt...« Ich wusste nicht, was ich weiter sagen sollte. »Hast du irgendeinen Wunsch?«, versuchte ich es.
    Wieder der abschätzende Blick, sonst nichts.
    »Was meinst du?«, fragte er schließlich. Irritiert sah ich ihn an.
    »Na ja – möchtest du was essen, was trinken? Hast du Fragen? Soll ich dir irgendwas zeigen oder erklären?« Ich war ratlos.
    »Dir über die Schulter schauen. Dein Bruder meinte, das soll ich tun.«
    Danke auch, Tomaso.
    Zehn Minuten später standen wir also wieder in der Küche, und Shiro sah mir dabei zu, wie ich Fleisch parierte, Gemüse putzte und Knochen sowie Gemüse für diverse Fonds vorbereitete. Wobei - beobachten - es besser traf. Dabei stellte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher