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Luca's Rezepte

Luca's Rezepte

Titel: Luca's Rezepte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Mahrenholz
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erstklassige Bedienung. Niemand hätte es gewagt, Matteo Lauro alte oder überteuerte Ware anzudrehen, ganz gleich, ob in Pesaro oder Fano.
    Im Grunde unterschied sich die Markthalle von Pesaro nicht von der anderer Orte, aber da ich sie nun schon seit meiner Kindheit kannte, liebte ich sie besonders. Vermutlich hatte sich aber auch einfach die Leidenschaft meines Großvaters auf mich übertragen.
    Alleine schon der Duft, wenn man sie betrat. Würzig, leicht säuerlich, darüber immer ein Hauch von Chlor. Das war mir einfach vertraut. Ich wusste genau, welcher Gemüsestand die besten violetten Artischocken anbot oder welcher den aromatischsten Radicchio.
    Über alledem hörte man die Stimmen. Manche verhandelnd, Ware anpreisend, andere orderten über fünf Stände hinweg Nachschub. Dazu kam das Lärmen der Kisten, die neu gestapelt oder gerade angeliefert wurden. Beile zerteilten lautstark Lammrippen oder köpften reihenweise größere Meeresfische.
    Ich kannte das, und vor allem Matteo kannte das.
    Wenn man zum Beispiel frische Kaninchen brauchte, ging man in jedem Falle zu Rosa Maria di Larotti. Das zarteste Lamm wiederum gab es bei Luciano Canepa. So hatte ich es von Matteo gelernt. Nur beim Fisch - da hing es von dem ab, was das Meer bereit war herzugeben - und welcher Fischhändler da das Glück gehabt hatte, am Hafen den besten Fang zu erwischen. Frisch waren sie alle.
    Aber wer hatte die schönsten Langusten, die dicksten Seeschnecken oder die feinsten Barsche und Seezungen? Das entschied sich immer erst vor Ort, und da war es gut, Matteo bei sich zu haben.
    Matteo hatte ein Auge für Frische und Qualität. Und vor allem Erfahrung.
    »Beim Gemüse achte immer auf die kleinen Früchte, Luca...«, pflegte er zu sagen, »Du wirst sehen, dass sie mehr Aroma mitbringen. Ganz gleich, ob Bohnen, Kohlrabi oder Artischocken. Bei Möhren ist das genauso wie beim Spargel. Immer die Kleinen. Wie wir Italiener.« Und dann lächelte er in sich hinein, als hätte er einen besonders genialen Witz gerissen, während er mit geübtem Blick das Gemüse zusammenstellte.
    An diesem Morgen nun achtete ich wie versprochen besonders auf Matteo, aber ich konnte nichts Auffälliges entdecken. Mein Großvater verhielt sich wie immer. Sicher, er war im Laufe der Jahre ruhiger geworden, aber das führte ich auf sein Alter zurück. Ungewöhnlich fand ich es nicht.
    Um so überraschter war ich, als er plötzlich vorschlug, gemeinsam mit mir einen Caffè zu trinken. Das kam eigentlich nie vor, und es bedeutete vermutlich, dass er ein Gespräch suchte. Neugierig und gespannt lehnte ich mich gegen das Resopal der Theke in der Markthallen-Bar und rührte mechanisch den Zucker in meinen Caffè. Matteo hatte sich noch einen Grappa bestellt. Die Espressomaschine im Hintergrund zischte, ein Radio plärrte. Der Fernseher, der sonst immer lief, war wohl kaputt.
    »Ende des Monats kommt der Neue...«, begann er unbeholfen. Man hörte seiner Stimme an, dass sie nicht oft benutzt wurde, »...und das gefällt dir nicht.«
    Ich wollte schon Einspruch erheben, aber er winkte ab. »Ich erkenne, was ich sehe. Ich möchte nur, dass du weißt, dass du dir keine Sorgen machen musst. Was ich sagen will: Du kannst kochen, Luca. Das konntest du schon immer. Du hast das nötige Talent und den nötigen Verstand dafür. Und du bist geschickt und neugierig. Ich beobachte das schon eine ganze Weile.« Er lächelte, während er das sagte und kippte dabei seinen Grappa in den Caffè. »Wenn du also in der nächsten Zeit das Gefühl haben solltest, du kommst etwas zu kurz, und der Sohn von Alessandro Comero wird bevorzugt, dann nimm dir das nicht zu Herzen. Es wird dazu kommen, bestimmt, aber dann hat es auch damit was zu tun, dass man sich um dich einfach nicht kümmern muss.« Das war eine lange Rede für meinen Großvater.
    »Mach dir keine Sorgen, Matti...«, sagte ich, berührt von all den Komplimenten, »...Es ist schon in Ordnung für mich.«
    »Dann ist es gut.« Der Alte legte seinen Kopf leicht schräg, lächelte vertraut und sah mir fest in die Augen, »Aber wenn etwas ist, Kleiner, dann kommst du zu mir! Versprichst du mir das?«
    Ich nickte. Und damit war das Thema erledigt.
     
    Shiro Comero traf am Mittag des 12. April bei uns ein. Tomaso hatte die Aufgabe übernommen, ihn vom Bahnhof in Ancona abzuholen.
    Ich war gerade damit beschäftigt, das Fleisch für den Abend von Sehnen und Häuten zu befreien, als die beiden in der Küche auftauchten. Und ich war

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