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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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Fensters.
Er hatte die Freundlichkeit, in einen Mondstrahl zu rücken. Sein Antlitz war
auf die phantasievollste und grimmigste Weise mit grüner, blauer und gelber
Farbe bemalt. Es war vielleicht doch gut, daß wir die Lampe nicht entzündet
hatten...
    Er
stellte den Büffelkopf neben seine Füße auf den Boden. Auf den Tisch aber setzte
er jenen anderen Gegenstand, den er nicht aus den Händen ließ. Es war — das
glaubte ich zu erkennen — eine eiserne Kassette.
    Onkel
Rab hielt sich dicht neben Onkel Berni. Hier fühlte er sich geborgen, lehnte
sich behaglich zurück, verschränkte die Kaninchenarme vor der Brust. Onkel
Berni schmauchte. Die rote Glut des Pfeifenkopfes ließ sein Gesicht
aufleuchten, so daß auch er unheimlich wirkte. Das war mir — als Gegengewicht —
recht lieb.
    Onkel
Berni war es auch, der das Büffelgespenst zuerst anredete: »Warum mußt du armer
Kerl ruhelos durch diese Räume wandern ?« Und düster
antwortete es: »Mich drückt ein Mord. Hinterhältig und heimtückisch schlug ich
dem früheren Besitzer dieser Ranch meinen Tomahawk in den Schädel!
    Krrr!
Ich höre es noch heute knirschen, immer in der Nacht. Nun wäre es ja nicht
weiter schlimm gewesen, ein Bleichgesicht ins Jenseits zu befördern. Aber ich
hatte vorher mit ihm die Friedenspfeife geraucht und Blutsbrüderschaft
getrunken. Diese Kassette voll mit Dollars wollte ich rauben... das erboste den
gerechten Geist des Truthahnes, er stieß mir seinen Schnabel ins Herz...
hier...«
    Er
zeigte auf seine Brust: augenblicklich färbte sich da der Stoff dunkelrot,
leuchtete im Mondstrahl.
    »Ich
mußte den Staub der Erde von meinen Mokassins schütteln, ohne in die ewigen
Jagdgründe eintreten zu können. Gibt es etwas Schlimmeres ?«
    Ich
war gerührt: unser blutender Gast legte den Kopf in die Arme, und ein
Schluchzen erschütterte das, was einmal sein menschlicher Körper gewesen war.
    »Nun,
nun...« murmelte Onkel Berni. Da hob das Büffelgespenst den Kopf, schaute zum
Fenster hinaus und stieß einen Mark und Bein durchdringenden Schrei aus!
    Ein
kühler Windhauch wehte in die Stube! »Da... da... steht er, der Geist des
gerechten Truthahnes !« stammelte der Unglückliche. Es
war aber nur Tante Turkie, die mit verrutschtem, schlotterndem Ballettrock und
dem um den Hals gewickelten Leibchen kaum allerliebst aussah, zumal ihre
Brillengläser kalt funkelten.
    Das
Büffelgespenst schob ihr die Kassette über den Tisch entgegen und flehte:
»Befreie mich von ihr !«
    »Wer
ist dieser Gentlemen ?« fragte Tante Turkie. Wir
erklärten es ihr in kurzen Worten. Sie nickte, zupfte sich die Kleidung vom
Leib, stelzte über die Tischplatte, setzte eine Kralle auf die Kassette und
kollerte: »Du bist sie los !«
    »Danke,
oh, danke !« rief das Gespenst.
    »Wenn
dich das erleichtert, warum hast du die Kassette nicht schon längst jemandem
gegeben ?« wollte Onkel Rab wissen.
    »Wie
konnte ich es denn ?« stöhnte er. »Alle sind ja vor mir
davongelaufen! — Jetzt aber kann ich erlöst werden. Die größte Last ist schon
von mir genommen. Nur bitte ich euch noch: vernichtet die Ranch, macht sie dem
Erdboden gleich. Sind diese Räume nicht mehr da, gibt es auch keinen Ort mehr,
wo ich spuken muß...«
    Ich
hoffte, das würde sich machen lassen. So schien mir dieser Fall erledigt zu
sein, und ich fragte Tante Turkie, was sie erlebt habe.
    Sie
ließ sich nicht lange bitten, sondern erzählte munter: »Kann nicht sagen, daß
es in der Kiste sehr gemütlich gewesen war, zumal ich fast vor Ungeduld
platzte. Ich freute mich auf den Moment, wenn der Tödliche Colt sie öffnete.
Aber ich mußte mich gedulden. Er ritt weit, hatte wohl Angst, ihr wäret ihm auf
den Fersen. Erst in der Nacht erreichte er sein Versteck, einen abgelegenen Ort
zwischen Büschen und Felsen. Weil es schon dunkel war, machte er ein Lagerfeuer
an. In seinem Licht wollte er den Anblick des vermeintlichen Schatzes genießen.
Ich hörte die Flammen prasseln — er stemmte den Deckel auf: und in ganzer
Pracht stieg ich empor und wünschte sehr höflich »Guten Abend !« Der Wutschrei hätte euch entzückt! Und daß der Große Koyote ihn anheulte, er
hätte ihm doch geraten, die Kiste gleich aufzumachen, verbesserte seine Laune
keineswegs. Weil ihm nie etwas anderes einfällt, ballerte er auf mich los, ohne
Erfolg, wie ihr euch denken könnt. Nun, es reizte mich nicht, in seiner
Gesellschaft zu bleiben — und da bin ich wieder !«
    »Sehr
schön — aber wo ist die Schatzkarte
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