Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
und das letzte Stück vom Wagen zu
ihrem Platz auf Mr. Miller und Zirkus-Joe gestützt humpelte, so wurde sie doch
mit besonderer Herzlichkeit begrüßt.
    Ich
darf wohl sagen, daß auch meinen Begleitern und mir eine Woge der
Freundlichkeit entgegenschlug. Man klatschte, man schwenkte Hüte und Schirme —
und ich bereute fast, gekommen zu sein, liebe ich es doch nicht, im Mittelpunkt
der Aufmerksamkeit zu stehen. Ich trat daher noch zurückhaltender als sonst auf
und beschäftigte mich gleich mit meinem Fotoapparat, den ich vor meinem
Sitzplatz — jedoch hinter dem Geländer — aufstellte.
    Onkel
Berni, Tante Turkie und Onkel Rab ließen sich wie Herrschaften mit
allerfeinster Erziehung auf der Bank nieder, aber es war unverkennbar, daß sie
die Situation genossen. Onkel Berni trug den alten Gehrock bis auf einen
Mittelknopf geöffnet und setzte den Schlapphut ab, um den hinter ihm sitzenden
Zuschauern nicht die Sicht zu nehmen. Onkel Rab steckte in seiner schlotternden
Reithose. Er grüßte höflich mit dem Strohhut. Und Tante Turkies Spitzenhäubchen
leuchtete frisch gewaschen in der Sonne.
    Das
heutige Rodeo wurde von einem gewissen Mr. Horsemann 30 veranstaltet, der aus diesem — und vielen anderen — einen beträchtlichen Gewinn
zog. Er war ein flinker, energischer Mann, etwas geckenhaft gekleidet, tadellos
die Bügelfalte, ohne jedes Stäubchen sein Jackett, das jedoch zu sehr über dem
Spitzbauch spannte. Er eilte gleich zu uns und drückte mir mehrmals
hintereinander >seine unendliche Freude über unser Kommen< aus. Er
verbeugte sich viele Male und schüttelte mir so kräftig die Hand, als wollte er
tausend Dollar herausschütteln. Das war gar nicht so falsch beobachtet. Er
hatte nämlich einige Berufswettkämpfer unter Vertrag, die für ihn mühelos alle
gestifteten Geldpreise kassierten. Die tüchtigen Einheimischen hatten gegenüber
diesen erfahrenen, durchtrainierten Burschen so gut wie keine Gewinnchance. Ich
fand bald heraus, daß die Stimmung der Zuschauer nicht besser wurde, je mehr
Erfolg Mr. Horsemanns Kerle erzielten. Nach ihren Siegen im Schießen waren sie
auch im Niederwerfen und Reiten wilder junger Stiere erfolgreich, beim
Lassowerfen... und nun kam das Pferdereiten an die Reihe. Mr. Horsemann kam zu
mir, legte mir die Hand auf die Schulter und rief so laut, daß man es auf dem
letzten Platz ringsum verstehen mußte: »Mylord! Von Ihnen und Ihren... ehem...
Begleitern erzählt man sich wahre Wunderdinge. Nun, ich habe hier eine Stute,
einen rechten Teufel — Pfefferkorn mit Namen. Noch nie hat sich ein Reiter
länger als zwei Sekunden auf ihrem Rücken halten können. Ich wette, auch von
Ihnen kann es keiner, nicht Sie, Mylord, nicht Ihre Reisebegleiter, kein
einziger !« Er forderte mich heraus! Und ich wollte ihm
schon sagen, daß ich seine Meinung teilte und keinen Ehrgeiz hätte, mir die
Knochen zu brechen, da schubste mich Onkel Berni leicht an. Er deutete auf
Onkel Rab und nickte. Dieser zwirbelte sich die Barthaare.
    Ein
wenig widerstrebend antwortete ich deshalb: »Was wetten Sie, Mr. Horsemann ?«
    »Die
Stute — Pfefferkorn. Sie soll Ihnen gehören. Sie ist mindestens tausend Dollar
wert. — Was setzen Sie, Mylord ?« Mir trat der Schweiß
auf die Stirn, wenn ich an die Ebbe in meiner Kasse dachte. Eine innere Stimme
riet mir, höflichst abzulehnen. Doch Onkel Berni rief an meiner Stelle:
»Eintausend Dollar !« So setzte ich also tausend
Dollar, ohne sie zu haben. Begeistert wurde geklatscht, jedermann erwartete
etwas Besonderes.
    Mr.
Horsemann fragte fast mitleidig: »Wer versucht es? Sie, Mylord? Trauen Sie sich
zu, Pfefferkorn zu zähmen? Darauf kommt es an: das Pferd muß lammfromm unter
ihrem Zügel gehen !«
    Man
erinnert sich vielleicht, daß ich kein leidenschaftlicher Reiter bin und schon
daheim das Hochrad dem Pferderücken vorgezogen hatte. Ich murmelte: »Nein, ich
nicht .«
    Aber
Onkel Rab sprang auf die Bank, verbeugte sich und nahm den Beifall leutselig
entgegen. Gleich gingen auch die Wetten hoch. Einerseits erwartete man viel von
ihm, andererseits gab seine zum Reiten so wenig geeignete Kaninchengestalt
Anlaß zu Bedenken.
    Er
preßte den Strohhut fest in die Stirn.

Hohe Schule
     
    Drei
beherzte Männer führten die Stute auf den Platz. Sie machte ihrem Namen alle
Ehre. Weiß der Himmel, sie sah wenig vertrauenserweckend aus. Die Wildheit
sprühte ihr geradezu aus den Augen, sie war kein Pfefferkorn, sie war ein
ganzer Pfeffersack!
    Onkel
Rab kletterte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher