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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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Zustand befand. Mr. Miller versprach mir, seinerseits ein Auge darauf zu
haben. Doch ich war sicher, daß dies nicht nötig sein würde, denn der
Bootsbauer beteuerte mehrmals, wie geehrt er sich fühle, ja, er wollte sogar
keine Bezahlung annehmen. Überhaupt brachte uns die ganze Stadt eine
Freundschaft, eine Herzlichkeit entgegen, die meiner eher kühlen Natur fast schon
wieder lästig war. Der Weg zum Fluß glich einerseits einem Triumphzug —
andererseits fühlte ich mich wie bei einem Spießrutenlaufen. Alle Menschen
rannten zusammen, manchmal war kein Durchkommen, immer wieder mußte ich
stehenbleiben, Hände schütteln, Fragen beantworten. Jeder wollte mich in
Gespräche über meine »sonderbaren Tiere«, über diese »herrlichen Verwandten«
verwickeln. Nur mit der allergrößten Mühe konnte ich mich losmachen. Und mehr
als einmal mußte ich die Regung, grob zu werden, unterdrücken.
    Bis
spät in die Nacht standen die guten Leute vor dem Hotel. Im Saloon war schon
längst kein Platz mehr frei, da kriegte kein Floh mehr ein Füßchen auf den
Boden. Der Wirt machte das Geschäft seines Lebens — was auch für mich die
angenehmsten Folgen hatte, denn er wollte großzügig auf die Bezahlung meiner
Rechnung verzichten, ja, er bat mich, doch noch zu bleiben und keinesfalls zu
versäumen auf der Heimfahrt wieder bei ihm einzukehren.
    Das
versprach ich gern.
    Die
Millers hatten Verständnis dafür, daß ich meine
Vorbereitungen treffen mußte. Mr. Miller strotzte vor Tatendrang: bis zu
unserer Wiederkehr hoffte er, ein neues Farmhaus aufgebaut zu haben.
Little-Byrd und Zirkus-Joe aber baten so herzlich, uns am Morgen >Auf
Wiedersehen< sagen zu dürfen — wie sollte ich das ablehnen?
    Damit
wir noch vor Tagesanbruch fortfahren konnten, wenn die Menschen in der Stadt
schliefen, beluden wir den Planwagen schon in der Nacht zuvor. Wir machten es
sehr heimlich — und da im Saloon die Wogen hochgingen, Lärm, Geschrei und
Gesang jedes andere Geräusch übertönte, blieben wir unbemerkt. Der Wagen stand
im Hinterhof. Onkel Berni, Tante Turkie und Onkel Rab wurden von einer Art
Reisefieber ergriffen — sie verbrachten die letzten Stunden in unserem Gefährt
— zum Ausprobieren, wie sie sagten, und um Wache zu halten.
    Dann,
nach kurzem, aber erfrischendem Schlaf schlichen sich Cookie Pott und ich auf
Zehenspitzen die Treppe hinunter. Wir hatten nur noch meine Reisetasche mit dem
Nacht- und Waschzeug zu verstauen. Little-Byrd und Zirkus-Joe huschten zu uns
in den Hof, während wir Pfefferkorn an die Deichsel spannten. Little-Byrd hatte
sich eine Wolldecke um die Schultern gewickelt, denn es war kühl.
    »Wann
sehen wir uns wieder ?« fragte ich, ihnen beiden nacheinander
die Hand drückend.
    »Wir
beenden unsere Tournee durch den Westen, sobald Little-Byrds Fuß ausgeheilt
ist«, antwortete Zirkus-Joe. »Wer weiß, vielleicht treffen wir uns unterwegs,
irgendwo. Auch wir kommen ja durch Indianergebiete. Aber in vier Wochen wollen
wir wieder hier sein .« Little-Byrds Abschied von
meinen Vorfahren war schon fast zärtlich zu nennen. Onkel Rab küßte sie
schmatzend auf beide Backen. Tante Turkie kollerte: »Alle guten Geister mögen
dich beschützen, mein Kind«, und Onkel Berni knurrte männlich: »Mach’s gut !« Dann sog er heftig an seiner Pfeife, um seine Rührung zu
verbergen.
    Cookie
kletterte auf den Kutschbock, ich neben ihn, meine Vorfahren hatten es sich
bereits im Wagen gemütlich gemacht, dann ein leises Zupfen am Zügel, die Räder
rollten, das neue Abenteuer begann.
    Kaum
hatten wir das Hoftor hinter uns, ließ Cookie die Peitsche knallen.
    Im
Galopp holperten wir durch die Straßen und erreichten bald die Prärie, die sich
im grauen Licht des Morgens vor uns dehnte — endlos, wie mir schien.
    »Aber
wohin fahren wir, Mylord«, fragte Cookie, »ich meine, weil die echte
Schatzkarte sich doch in den Händen des Tödlichen Colts befindet .«
    »Kein
Problem«, antwortete ich. »Ich kann die gefälschte Karte genauso lesen, als ob
sie die richtige wäre. Ich brauche sie nur in einem Spiegel zu betrachten !«
    »Auch
einem Gespenst bleibt offenbar manches verborgen«, brummte Cookie erfreut. Er
spielte damit auf den Großen Koyoten an. Denn die ganze Erpressung, der Austausch
der Schatzkarte waren ja — so gesehen — unnötig gewesen, wenn — nun wenn der
Große Koyote das Geheimnis der Spiegelverkehrtheit ebenso erkannt hätte.
    Über
diese Entdeckung lachte Cookie Pott herzlich und lange. Dann
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