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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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Boden auf,
stülpte ihn auf den Kopf, wobei er die Ohren sehr geschickt durch die Löcher in
der Krempe fädelte, und murmelte: »Warum hat man mir aber auch nur die Gestalt
eines Kaninchens gegeben... ja, wäre ich ein Wolfshund oder ein Löwe... aber
ausgerechnet ein Kaninchen... warum nur ?«
    »Weil
du zeit deines Lebens auch nur ein Hasenfuß gewesen bist«, brummte Onkel Berni.
Dann wandte er sich an mich. »Du mußt wissen, daß dieser Große Koyote ebenfalls
aus der anderen Welt hierhergekommen ist. Onkel Rab und er kennen sich aus
ihrem früheren Dasein, du verstehst wohl. Der Große Koyote war ein wilder und
raufsüchtiger Mensch, der gerne Händel suchte. Er war so stark, daß er eine
armdicke Eisenstange glatt zu einer Acht biegen konnte...«
    »Er
war ein widerlicher Seeräuber und Pirat, ohne Sitte und Anstand«, fiel ihm
Onkel Rab ins Wort.
    »Das
erkläre ich ja gerade. Onkel Rab, mußt du wissen, lieber Mac, war immer sanften
Gemütes, eine zarte Seele, wie man so sagt. Duelle und Schießereien liebte er
nicht. Um die Sache kurz zu machen, der Große Koyote, also jener Pirat, und Rab
hatten Händel miteinander. Es ging, wie du dir denken kannst, um eine Frau. Nun
— und der Große Koyote ist eben zu Lebzeiten nicht dazu gekommen, an Rab Rache
zu nehmen, weil ihm dieser geschickt aus dem Weg ging .«
    Ich
überlegte: hatte mir nicht Coolwater unklare Andeutungen von einer
Liebesbeziehung gemacht, von der er jetzt sogar Ansprüche auf Bloodywood-Castle
herleitete? Doch was gingen mich die alten Geschichten an?
    Und
wie um mich auf andere Gedanken zu bringen, verlangte Onkel Berni nun: »Jetzt,
lieber Mac, möchten wir in aller Ruhe Wiedersehen mit den alten Räumen feiern,
die schließlich auch einmal unser Zuhause gewesen sind. Schätze, es hat sich
mächtig viel verändert !«
    Zwar
hatte ich meinen Tee noch nicht ausgetrunken, doch erhob ich mich.
    Als
wir beim Ersteigen der Stufen auf halber Treppe ankamen, blieb Onkel Rab vor
der schmalen Tür stehen, die in mein stilles Örtchen führt. Natürlich erinnerte
ich mich sofort an das Rauschen der Wasserspülung in jener Nacht ihres ersten
Spuks. Sonderbar, dachte ich, gehen denn Gespenster
auch aufs Klo? Und ich fragte Onkel Rab: »Mußt du mal ?« Er kicherte auf seine alberne Art. »Aber nein!« Trotzdem öffnete er die Tür.
Mit einem geschickten Satz sprang er auf die Brille und zog an der Schnur. Das
Wasser rauschte von oben aus dem eisernen Behälter, spritzte, Onkel Rab hüpfte
auf der Schüssel herum und lachte: »Ein Wasserfall! — Bitte erkläre mir, was
ist das, euer Klo? Aber das ist ja phänomenal! Wenn ich da an die Plumpskisten
denke, die wir hatten! — Und es stinkt gar nicht? Das ist wahrhaftig eine
praktische Erfindung .«
    »Hast
du deshalb damals gezogen ?« fragte ich.
    »Es
machte mir solchen Spaß !«
    »Wir
haben die Wasserklosetts auch noch nicht lange«, erklärte ich. »Sie sollen in
Frankreich erfunden worden sein, und ich habe mir gleich eines bauen lassen !«
    »Oh,
Frankreich«, begeisterte sich Tante Turkie. »Oh, die Franzosen; ein
hochgebildetes Volk — und nun erfinden sie auch noch diese Wassertoilette...
komm herunter, Rab, kein feiner Mann stellt sich in Anwesenheit einer Dame aufs
Klo !« Er hüpfte hinab.
    Und
Tante Turkie schlug die Toilettentür zu.
    Später
gingen wir ins Musikzimmer. Hier stand der kostbare Flügel — schon jahrelang
unbenutzt. Ja, das ganze Zimmer war seit mehreren Jahrzehnten kaum betreten
worden. Was Wunder, daß sich der Staub zentimeterdick überall niedergelassen
hatte. Auch von den Vorhängen sank, als wir sie jetzt öffneten, eine graue
Staubwolke nieder. Durch die verdreckten Scheiben kam mattes Licht, hell genug
immerhin, um mich im Staub auf dem Flügeldeckel einen Schriftzug sehen zu
lassen, eingeritzt mit kralligen Fingern: »Sau !«
    Das
war wohl auf mich und Cookie Pott gemünzt.
    »Ich
habe es geschrieben«, verkündete Onkel Rab stolz.
    Ich
machte gar nicht erst den Versuch, mich zu entschuldigen. »Du warst es also,
der Klavier gespielt hat !« fragte ich. Und fügte
unhöflich hinzu: »Es war schauerlich !«
    »Es
sollte auch schauerlich sein !« sagte Onkel Rab. Er
setzte sich auf den Hocker und klappte den Deckel auf. »Es sollte schauerlich
und gespensterisch klingen. Und übrigens ist das Instrument auch furchtbar
verstimmt: schändlich! — Was ist es überhaupt? Zu meiner Zeit gab es so was
noch nicht !«
    »Was
gab es denn ?«
    »Cembali...«
    »Sei
still«,
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