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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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rief ihm Onkel Berni ärgerlich zu.
    Onkel
Rab griff in die Tasten und begann eine Melodie zu spielen, die klang wie das
Jammern von einem Dutzend Kaninchen, denen die Löffelohren langgezogen werden.

    »Ich
hab’ es selber komponiert«, jauchzte er. »Es ist ein Western-Song — für uns,
wenn wir über die Prärie reiten. Der Text geht so:
     
    Reitet
ein Reiter übers Land,
    Kühn
der Blick und stark die Hand,
    reitet
dahin von Ost nach West,
    ist
ein Vogel ohne Nest.
    Nirgends
Heimat, nirgends Ruh,
    Hüh,
mein Pferd... blamblamblamblu,
    reitet
dahin von West nach Ost
    und
erwartet nirgends Post.
     
    Wo
ich >blamblamblamblu< gesungen habe, ist mir der richtige Reim noch nicht
eingefallen !«
    »Ach,
und gerade das fand ich so besonders hübsch«, meinte Cookie Pott, der die
Melodie mit dem Text sofort zu trällern begann. Ich sah ihn schon vor mir, im
Wilden Westen, im Sattel eines Pferdes, diesen Gesang auf den Lippen.
    »Ein
trauriges Lied«, bemerkte Tante Turkie. »Vielleicht könntest du den Reiter doch
Post kriegen lassen, irgendwo einen Brief. Aber nicht jetzt, bitte. Ich möchte
hier raus, es ist ein zu trauriger Raum. Und ich bin voller Staub. Wo könnte
ich mich waschen ?«
    »Im
Badezimmer von Mylord«, schlug Cookie Pott vor. »Einverstanden«, kollerte Tante
Turkie. »Wollt ihr anderen Ferkel euch auch baden ?«
    »Kaninchen
und Hunde sind bekanntlich äußerst wasserscheu«, behauptete Onkel Berni.
    Wir
verließen das Musikzimmer, und Cookie Pott nahm sich vor, es bei nächster
Gelegenheit vom gröbsten Dreck zu reinigen.
    Das
Badezimmer lag neben meinem Schlafraum. Tante Turkie kannte es bereits. Sie
hatte sich in ihm mein Kölnisch Wasser übergegossen. Sie stolzierte in das
weißgekalkte Kämmerchen hinein, über den Ziegelfußboden und direkt auf den
ovalen Zuber zu, den ich als Wanne benutzte. Es war eine große Wanne aus
lackiertem Eisen, innen bereits gelb geworden. Sie stand auf vier kräftigen
Holzfüßen. Darüber hing das Badetuch an einem Nagel.
    Cookie
Pott hob den neben der Wanne stehenden Krug auf: »Warm gemacht habe ich das
Wasser natürlich noch nicht...« Tante Turkie flatterte in die Wanne. Dort
schlidderte sie allerdings hin, da ihre Krallen auf dem glatten Metall keinen
Halt fanden. Ich half ihr auf, und sie kauerte sich nieder.
    »Warmes
Wasser ist ungesund«, behauptete sie. Cookie Pott goß ihr einen Schwall über
die blaugrauen Federn. Sie schlug mit den Flügeln und schüttelte sich — so gut
sie das eben auf so rutschigem Boden vermochte. Es schien ihr zu gefallen, und
das Wasser, das herabfloß, war schmutzig braun.
    »Soll
ich Mylady einseifen ?« fragte Cookie. Er hatte schon
die Toilettenseife in der Hand, die verführerisch roch. »Himmlisch«, kollerte
Tante Turkie. »Aber ich glaube, ich muß auf den Genuß verzichten — meine
Federn, versteht ihr — sie lassen sich keineswegs so einfach einseifen wie
glatte Haut, leider. Es ist nicht immer spaßig, wenn man nur als Truthenne auf
die Erde zurückdarf. Nun, man muß es nehmen, wie es ist .«

    Wir
hoben sie aus dem Zuber, und sie stolzierte im Badezimmer hin und her, überall
Wasserpfützen hinterlassend.
    Wie
wir nun auf das Reiten zu sprechen kamen, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls
erklärte mir Onkel Berni, daß Onkel Rab ein vorzüglicher Reiter sei.
    Onkel
Rab wackelte verlegen mit den Ohren.
    »Dacht’
ich’s doch. Haben wir dich nicht heute morgen schon
hoch zu Roß bewundern können. Dann warst du es also auch, der gestern Nacht
Suleika so naßgeritten hat ?«
    »Na
ja...«, sagte Onkel Rab und wackelte noch heftiger.
    »Warum
hast du die Stute nicht wenigstens trockengerieben ?«
    »Ach,
das wäre doch nicht gespenstisch gewesen! Außerdem hatte ich zum Trockenreiben
früher natürlich meine Leute !«
    »Feiner
Reiter !« konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen.
    »Aber
immerhin ein Reiter«, nahm Cookie Pott Onkel Rab in Schutz. »Wenigstens ein
Reiter unter uns! Ich habe Mylord schon gesagt, daß er in der Prärie mit dem
Hochrad nichts anfangen kann, sondern ein Pferd zwischen den Schenkeln
braucht...«
    »Ach
ja, der Wilde Westen«, brummte Onkel Berni. »Wir vergnügen uns hier, ohne an
unsere Aufgaben zu denken. Ich schlage vor, daß wir uns zurückziehen, um zu
beraten .«
    Mir
war nicht ganz wohl bei diesem Vorschlag, dachte ich mir doch, daß wieder die
Sprache auf meine mißlichen Finanzen kommen würde und auf meine Erwägungen,
Bloodywood-Castle zu verkaufen.

Tante Turkie enthüllt ein
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