Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
die Bezeichnung
»geistreich« verdient hätte. Endlich aber klappte er seinen heruntergefallenen
Unterkiefer wieder zu und fragte mich: »Haben Sie denn die... die Tiere schon gesehen,
Mylord ?«
    »In
der vergangenen Nacht. Tja, und sie behaupten, meine Vorfahren zu sein !«
    »Gott
soll uns schützen, Mylord, doch nicht etwa solche Vorfahren, die wegen
scheußlicher Bluttaten keine Ruhe finden können ?«
    »Das
glaube ich nicht. Sie machen einen umgänglichen Eindruck. Was mich freilich
sehr stört, ist, daß sie mit uns in den Wilden Westen fahren wollen...«
    »Ach
du karierter Strohkopp«, stöhnte Cookie. »Wie soll ich sie denn anreden — jetzt
— und auf der Reise ?«
    »Onkel
Berni, Tante Turkie und Onkel Rab. Ich glaube, das macht ihnen Spaß. Sei so
lieb und rufe sie .«
    Hinter
Cookies Stirn ging allerhand vor. Er runzelte die Augenbrauen. Steile Falten
entstanden über seiner Nasenwurzel. Er trat nah zu mir heran, auf den
Zehenspitzen, und flüsterte mir beschwörend ins Ohr: »Soll ich sie nicht lieber
abknallen, Mylord ?«
    »Meine
Vorfahren? Cookie!«
    »Es
würde uns ’ne Menge Ärger ersparen .«
    »Unsinn.
Du würdest sie höchstens ärgern. Überlege dir doch, wo sie herkommen. Glaubst
du, man könnte sie erschießen... Gespenster !«
    »Kann
man nicht ?«
    Gerade
jetzt öffnete sich die Tür lautlos. Onkel Berni, Tante Turkie und Onkel Rab
traten nacheinander ein. Alle drei waren bester Laune. Onkel Berni trug einen
alten Gehrock und einen viel zu weiten Schlapphut. Tante Turkie hatte sich ein
Spitzenhäubchen über den Kopf gezogen, und um Onkel Rabs Kaninchenbeine
schlotterte eine Reithose. Er hatte in der Halle meinen schwarzen Regenschirm
gefunden. Offenbar gefiel ihm dieser, er hielt ihn aufgespannt über dem
Strohhut. Ich will hier gleich erwähnen, daß die drei sich — solange wir unter
uns waren — gern auf die unmöglichste Weise >menschlich< kostümierten:
ein oftmals mehr als komischer Anblick.
    Cookie
Pott bekam runde Augen und murmelte mir zu: »Vielleicht werde ich noch ein Gespenster-Fan?
Mylord!«
    »Was
meint er«, fragte Tante Turkie.
    »Er
meint, daß er euch liebgewinnt .«
    »Ganz
unsererseits«, brummte Onkel Berni.
    Obwohl
ich nicht genau wußte, wie man sich Gespenstern gegenüber richtig benimmt, bot
ich den dreien Stühle an, und sie ließen sich auch sofort ungeniert darauf
nieder.

    Schon
lange plagte mich eine naheliegende Frage. Jetzt war der rechte Zeitpunkt, sie
anzubringen: »Womit habe ich es eigentlich verdient, daß ihr mich besucht ?«
    Wie
meist, antwortete Onkel Berni. Ich hatte längst heraus, daß er der Wortführer
war: »Nun, verdient ist vielleicht nicht das richtige Wort. Wir sind gekommen,
um zu verhindern, daß du eine nicht wieder gutzumachende Dummheit machst! Hast
du nicht den schändlichen Gedanken, Bloodywood-Castle zu verkaufen, unser
Stammschloß — unsere Heimat !«
    »Allerdings«,
mußte ich zugeben. »Aber... ich bin pleite !« Onkel
Berni blickte mich strafend an, ebenso machten Tante Turkie und Onkel Rab
bitterböse Gesichter. Ich kam mir wie ein Schwerverbrecher vor. Bis Onkel Berni
endlich brummte: »Wir sind ja gekommen, um dir zu helfen. Doch davon später.
Berichte uns erst von deinem gestrigen Besuch bei Mr. Pinch .« Es war klar, daß ich keine Geheimnisse haben konnte, auch nicht vor Cookie. Ich
berichtete von der Schatzkarte und der Botschaft des Häuptlings Großer Büffel.
Schließlich erwähnte ich auch den großen, ausgestopften Hund in Mr. Pinchs
Kellergewölbe, mit den gefletschten Zähnen, der dann plötzlich verschwunden
war.
    Hätte
ich nur die Wirkung meiner Worte voraussehen können! Der gute Onkel Rab fing
bei der Erwähnung dieses Tieres entsetzlich mit den Kaninchenohren zu
schlackern an, das Zittern setzte sich über den ganzen Körper fort, er verlor
seinen gelben Strohhut, japste, rutschte schließlich von seinem Stuhl und
hoppelte hinter den Schreibtisch.
    »Er
ist es, er ist es...«, wimmerte mein tapferer Onkel. »Wer, um alles in der
Welt? War er einer von euch ?«
    »Der
Große Koyote...« stöhnte Onkel Rab.
    Tante
Turkie sah ihn mit Befremden und gesträubten Federn durch die Stielbrille an.
Sie reckte ihren Hals und kollerte: »Hat man jemals so eine Memme erlebt ?«
    Auch
Onkel Berni war peinlich berührt. »Komm hervor, Feigling«, knurrte er in einem
Ton, der einem Angst machen konnte. Onkel Rab riß sich zusammen. Er kroch
beschämt hinter dem Schreibtisch hervor. Er hob seinen Strohhut vom
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher