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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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Onkel Rab... verzeiht schon... daß man das
Kaninchen schlachtet und Tante Turkie rupft und in den Kochtopf wirft ?«
    »Lächerlich !« kollerte Tante Turkie. »Überleg doch mal! Vergiß nicht,
wo wir herkommen! Es dürfte ziemlich schwierig sein, uns vom Leben zum Tode zu
befördern, he ?«
    Dem
konnte ich schwer widersprechen. Ich sah ein, daß eines lebenden Menschen
Erfahrung zu gering ist, was den Umgang mit Gespenstern im Alltag betrifft. Ich
kam ins Grübeln. Meine Gedanken verwirrten sich. Ich schlief ein.
    Wie
lange ich träumte? — Die ganze Nacht. Als ich aufwachte, war es heller Tag. Die
Sonne strahlte so aufmunternd durch das offene Fenster, daß ich unwillkürlich
lächeln mußte. Das Feuer im Kamin war erloschen, nur die Asche strömte noch
Wärme aus.
    Man
wird es mir wohl nicht verdenken, wenn ich nun die Erlebnisse der vergangenen
Nacht für einen Traum hielt. Sonderbarer Traum... wie fühlte ich mich
erleichtert, als mir bewußt wurde, daß ich nicht wirklich Besuch gehabt hatte,
daß mich niemand auf meiner Reise begleiten würde. Probehalber sagte ich:
»Guten Morgen !«
    Alles
blieb still. Jetzt sah ich mich um. Nichts... kein Hund, kein Kaninchen, keine
Truthenne! Alle Stühle waren leer. Nun leuchtete mir die Sonne noch einmal so
schön. Ich hatte Appetit auf ein kräftiges Frühstück. War Cookie Pott schon
zurückgekehrt?
    Ich
rief.
    Gleich
darauf öffnete er die Tür. Er trug das Frühstückstablett. »Guten Morgen,
Mylord. Haben Sie eine angenehme Nacht gehabt ?«
    »Sehr
angenehm. — Und du? Wann bist du nach Hause gekommen ?«
    »Vor
einer Stunde! Es ist spät geworden, gestern abend . Da
bin ich lieber nicht in der Dunkelheit durchs Moor gewandert, sondern habe in
Joes Wirtshaus geschlafen. Heute morgen brach ich auf .«
    »Vernünftig.
— Hier war alles ruhig. Ich habe nur ein bißchen wirr geträumt! Sei so nett,
und hol mir die Lederschuhe, es ist Zeit, die Pantoffeln auszuziehen .«
    »Sofort!«
Cookie trollte sich. Er summte, offenbar guter Laune. Ich hörte ihn die Treppe
hinaufschlurfen. Er öffnete die Tür zu meinem Schlafzimmer. Sie quarrte leise.
    Und
dann ertönte ein markerschütternder Schrei.
    Er
brüllte: »Hinaus, hinaus, Viehzeug !«

     
    Ich
fuhr empor. Das Brötchen fiel mir aus der Hand. Cookie
Pott polterte schon wieder die Treppe herab. Er stand auf der Schwelle und
stotterte: »My... My... Mylord!«
    »Bist
du einer Klapperschlange begegnet ?«
    »O...
o... o... nein!«
    »Was
dann?«
    »Mylord,
Sie werden mich vielleicht für verrückt halten, aber vor Ihrem Spiegel steht
ein kalbsgroßer Bernhardinerhund, er steht aufrecht, Mylord, wie ein Mensch! Er
hat alle Türen von Mylords Kleiderschrank geöffnet, um ihn herum liegen
verstreut Mylords Hemden und Anzüge... ja, sogar die Unterhosen... und...«
    »Nun,
und?«
    »Er
probiert Mylords Krawatten aus !« brachte Cookie Pott
hervor.
    »Das
ist allerdings stark«, murmelte ich.
    »Aber
das ist noch nicht alles! Die Tür zum Badezimmer war nämlich weit offen... und
da sah ich... da sah ich einen Truthahn auf Mylords Toilettentisch stehen. Er
spritzte sich Mylords Rasierwasser in die Federn und starrte sich danach durch
ein Lorgnon an... sich und mich, wenn ich genau sein will, Mylord .«
    »Du
meinst durch die Stielbrille? Aber es ist kein Truthahn, sondern eine
Truthenne. Was regt dich daran so auf ?« Schnell fand
ich mich mit der neuen Lage ab.
    »Oh,
dies alles regt mich doch nicht auf, Mylord. Aber beachten Sie, als ich einen
nach dem anderen ansah, und als ich — Sie haben es ja gehört — brüllte:
>Hinaus, Viehzeug!<, da drehte sich der Bernhardinerhund nach mir um — er
hatte gerade Mylords rote Krawatte mit den feinen gelben Rosen am Hals, drehte
sich also nach mir um und knurrte: >Guten Morgen, Cookie!<«
    »Ich
hoffe, du hast ihm ebenfalls Guten Morgen gewünscht«, fragte ich und griff wieder
zu meinem Brötchen. Der Tee tat mir gut, gerade jetzt!

Ich werde getadelt
     
    Wir
konnten unser Gespräch nicht weiterführen, denn im Hof klappten Suleikas Hufe.
Ich wußte sofort, daß es meine Stute war. Cookie hingegen stöhnte: »Auch noch Besuch,
wer mag das sein ?« Er eilte ans Fenster.
    Zunächst
war er stumm. Dann rief er: »Mylord...«
    »Nun?«
    »Ein
riesengroßes Kaninchen... es reitet auf Suleika... und jetzt nimmt es seinen
Strohhut ab und grüßt zu mir herauf !«
    »Nun,
dann grüße zu ihm hinunter. Es ist Onkel Rab !«
    Ich
kann nicht behaupten, daß Cookie Potts Gesichtsausdruck
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