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Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
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Ich steckte das Leder und
meine Abschrift zu mir. Ich faltete auch die kostbare Landkarte sorgfältig
zusammen und verbarg alles in der Brusttasche meines Frackes. Dann wandte ich
mich zum Gehen. Mein Blick fiel auf eine leere Stelle, weit hinten im Dunkel
des Gewölbes. Ich stutzte: »Wo ist der große Hund, der vorhin dort stand ?«
    »Ein
großer Hund? Hier war nie ein großer Hund !«

    »Aber
Mister Pinch, auf meine Augen kann ich mich verlassen. War es kein Hund, so war
es ein ausgestopfter Wolf oder ein Koyote — ich wollte ihn mir noch näher
ansehen...«
    »Ein
ausgestopfter Koyote, Mylord?«
    »Nun,
ob er ausgestopft war, kann ich nicht beschwören. Er stand jedenfalls
stocksteif da, rührte sich nicht, blinzelte nicht, hatte aber die Lefzen auf
unfreundliche Weise hochgezogen und fletschte die gelben Zähne .«
    »Mylord,
ich schwöre, hier war nie ein solches Tier !«
    »Schwören
Sie nicht, Mister Pinch. Es war da. Jetzt freilich ist es verschwunden.
Erklären kann ich das auch nicht — es sei denn, ich brächte es mit gewissen
Vorgängen auf Bloodywood-Castle in Zusammenhang .«
    »Was
für Vorgänge, Mylord?«
    »Nun,
gerade heraus gesagt — man nennt es gemeinhin Spuk !« Samuel Pinch nahm sein Mützchen ab und strich sich nachdenklich über den kahlen
Schädel. »Zu wundern braucht einen das nicht«, brummte er.
    Doch
nun verließ ich meinen alten Freund. Die Sonne stand hoch. Ich schwang mich auf
mein Hochrad und holperte durch die engen Gassen. Ich wollte Mr. Coolwater
einen Besuch abstatten. Er mochte wohl wissen, wann von den großen Häfen
Überseeschiffe nach dem neuen Erdteil Amerika in See stachen.
    Mr.
Coolwaters ausgedehnte Werkstatt befand sich nicht weit vom kleinen, bunten
Fischerhafen unseres Städtchens Seabridge. Zu ihr gehörte das vornehme Wohnhaus
mit dem Innenhof, um den sich die Zimmereien gruppierten. In der Mitte des
Hofes waren große Stapel von Brettern aufgeschichtet. Zur Werkstatt gehörte
auch das Freigelände am flachen Ufer, wo Bootsrümpfe und Kähne aller Arten und
Formen lagen, in jedem Stadium der Fertigung.
    Dort
stolzierte Mr. Coolwater heute selbst wie holzgeschnitzt, vierschrötig zwischen
den Schiffen hindurch.
    Von
mir schien er keine Notiz zu nehmen.

Mr. Coolwater empfängt mich beleidigend
     
    Ich
ließ mich von seiner Unfreundlichkeit nicht beirren und lehnte das Hochrad
gegen einen hölzernen Rumpf. Früher mußte es zwischen meinen Vorfahren und
Mister Coolwaters Vorfahren einmal Streit gegeben haben. Man sprach sogar von
einem Duell, doch habe ich mich nie um dieses Gerede gekümmert.
    Nun
nahm Mister Coolwater seine Zigarre aus dem Mund:

    »Mylord
bemühen sich höchstpersönlich zu mir? Wollen Sie ein Schiff kaufen? Aber wovon
denn, hohohoho...«
    Er
hatte eine so unangenehme fette Art zu lachen. Ich unterdrückte aber meinen
Ärger und erklärte ihm mein Anliegen. »So«, antwortete er, »Mylord und Cookie
Pott wollen verreisen. Nach Amerika? Mylord haben kein Geld mehr. Aber das geht
mich ja nichts an. Hoffe nur, es reicht noch für die Hinfahrkarte, die
Rückfahrt ist wohl kaum nötig .« Er tat einen kräftigen
Zug aus der Zigarre und blies den Rauch heftig in die Luft. »Was wird dann aus
Bloodywood-Castle? Wissen Sie, daß ich ein Anrecht auf die Burg habe? Es gibt
da so alte Geschichten... Möglich, daß ich ein Lord Shnatterman bin! Verkaufen
Sie mir das morsche Gemäuer! Es ist zwar kaum noch viel wert — aber mir könnte
es passen und meiner Frau auch, es würde mein Ansehen heben — und Ihnen wäre
geholfen, Mylord. Sie könnten Ihre Schulden bezahlen und die Schiffskarten...«
    Kaum
hatte der unverschämte Mensch das ausgesprochen, krachte ein Brett neben ihm
auf den Boden. Mister Coolwater hüpfte zur Seite wie ein Gummiball. Er verlor
seine Zigarre und stieß einen Schrei aus. »Welcher Idiot kann denn hier nicht
aufpassen ?« brüllte er und blickte nach oben. Aber da
war kein Mensch zu sehen. Auch schien es unmöglich, daß hier ein Balken
herabfiel. Über und neben uns wurde nicht gearbeitet. Sonderbar — ich mußte
sogleich an die Erlebnisse dieser Nacht denken — und an den zähnefletschenden
Hund im Kellergewölbe von Samuel Pinch.
    Da
weiter nichts geschah, dachten wir nicht mehr an diesen Vorfall. Ich hatte eine
scharfe Antwort auf Mister Coolwaters Frechheit auf den Lippen, versagte sie
mir aber, sah ihn nur voller Verachtung an und wandte mich zum Gehen, genauer
gesagt, zum Hochradeln.
    Und
auf diesem Fahrzeug kam ich
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