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Schwerter der Liebe

Titel: Schwerter der Liebe
Autoren: Jennifer Blake
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Erstes Kapitel
    New Orleans, Louisiana, Januar 1842
    »Schick mir einen Ehemann, ich flehe dich an. Heilige Mutter Gottes. Wenn es dein Wille ist, dann vermittle in dieser Angelegenheit, denn ich brauche unbedingt einen Mann.«
    Juliette Armant presste die Finger ihrer gefalteten Hände fest zusammen, während sie in das gütig dreinblickende Gesicht der geschnitzten Muttergottes vor ihr blickte. Der Haltegriff an der Gebetsbank, der über die Jahre hinweg von unzähligen Händen so abgegriffen worden war, dass er nun glänzte, fühlte sich auf ihrer Haut kühl an, und durch ihren dicken grauen Cordsamtrock bahnte sich die Kälte der Kniebank unerbittlich ihren Weg. Ihr schlug der Geruch von Weihrauch, Staub und den Opferkerzen entgegen, die auf ihrem schmiedeeisernen Leuchter nahe der Tür brannten. In der leeren Kirche herrschte eine solche Stille, dass das Flackern der Kerzenflammen laut und deutlich zu vernehmen war. Bestimmt tausendmal hatte sie sich hier zum Beten hingekniet, und doch kam ihr an diesem Morgen alles so fremd vor.
    »Ich bitte nicht meinetwegen um diese Gnade«, fuhr sie fort, während sie kurz, aber entschieden den Kopf schüttelte. »Du weißt sehr gut, ich rechnete nie damit, einmal zu heiraten. Mein Schicksal war es von Geburt an, der Kirche zu dienen, und ich habe das in aller Demut akzeptiert. Doch nun ist alles anders. Mir fehlt es an der Schönheit genauso wie am Geschick zu kokettieren, um einen Mann auf mich aufmerksam zu machen, und es gibt niemanden, der für mich eine Ehe arrangieren könnte. Meine Mutter hat nicht den Willen dazu, aber du weißt ja auch, wie schwer sie geprüft ist. Ich muss umgehend heiraten, sonst ist alles verloren.«
    Juliette fragte sich, ob sie wohl wirklich richtig handelte. Sie hatte beharrlich versucht, einen anderen Ausweg aus ihrem Dilemma zu finden, doch ihr wollte nichts Brauchbares in den Sinn kommen. Wie hatte es nur dazu kommen können, wo doch alles so völlig anders hätte sein sollen?
    »Oh, Heilige Mutter, lass es bitte einen freundlichen Ehemann sein, den du mir schicken wirst, aber auch keinen zu sanftmütigen. Er muss kräftig sein und einen starken Willen haben, denn beides wird er ganz bestimmt benötigen. Intelligenz wäre auch von Nutzen, ebenso diplomatisches Geschick. Ich bitte dich nicht darum, dass er attraktiv sein muss, doch es würde mir nichts ausmachen, wenn er um unserer zukünftigen Kinder willen hübsch anzusehen wäre.« Leise aufstöhnend schloss sie die Augen und sprach weiter: »Nein, nein, vergiss bitte, dass ich das gesagt habe. Du, die alles weiß, wirst ganz bestimmt auch wissen, was nötig ist. Ich bitte dich nur, mir einen Mann zu schicken, und das so schnell, wie es nur möglich ist.«
    Juliette bekreuzigte sich, drückte die Faust in rascher Folge auf Lippen und Herz, dann erhob sie sich. Sie konnte nicht länger in der heiligen Ruhe verweilen. Zu Hause würde man bald ihr Verschwinden bemerken, und ihr lag nicht daran, erklären zu müssen, wo sie hingegangen war und wieso sie das Haus ohne Zofe als Anstandsdame verlassen hatte. Vermutlich würde sie ihrer Mutter und ihrer Zwillingsschwester irgendeine Geschichte auftischen können, doch Ausflüchte fielen ihr nach diesen vielen Jahren als Nonne nicht so leicht.
    Um die Kirche verlassen zu können, musste sie an den Opferkerzen Vorbeigehen, die nahe der schweren Vordertür aufgestellt waren. Der Luftzug, den sie beim Gehen verursachte, musste die Flammen zum Flackern gebracht haben. Denn aus dem Augenwinkel sah sie etwas hell aufleuchten. Sie wandte sich in die Richtung dieses intensiven Lichts und erkannte, dass ausgerechnet die Kerze am intensivsten brannte, die sie vor dem Gebet aufgestellt hatte. Eine große, kräftige Flamme, die um ein Mehrfaches heller war als bei jeder anderen Kerze. So hell, dass es sie blendete, entfaltete sich das Licht und tanzte vor ihr wie ein goldener Stern.
    Juliette blieb abrupt stehen und hielt den Atem an. Sie war nicht so abergläubisch wie ihre Mutter, die ihr Leben von tausenden Überzeugungen, Verboten und Weisheiten bestimmen ließ, dennoch änderte das nichts an dem Schauer, der ihr vom Kopf bis zu den Zehenspitzen über den Körper fuhr.
    War dies etwa ein Omen? Bedeutete es womöglich, dass ihr Gebet erhört worden war?
    Sie kniff die Augen zusammen und bekreuzigte sich erneut, erst dann ging sie weiter. Als sie die Kirche verließ, waren ihre Schritte beschwingter, und Hoffnung ließ ihr Herz so strahlen wie die Flamme
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