Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Geheimnis
     
    Es
zeigte sich aber, daß Onkel Berni durchaus nicht im Sinn hatte, mich mit
Vorwürfen zu überhäufen.
    Wir
waren also wieder im Kaminzimmer. Und Cookie Pott fragte, ob es nicht
vielleicht doch eine Möglichkeit gäbe, daß wir daheim blieben — alle fünf, hier
in unserem Zuhause. Doch Onkel Berni schüttelte sein dickes Haupt und brummte:
»Nein, nein, wir reisen .«
    »Das
wird ein Spaß !« behauptete Onkel Rab.
    »Womit
fahren wir ?«
    Ich
sagte: »Darüber habe ich mir bereits Gedanken gemacht. Man kann nur mit einem
Schiff reisen...«
    »Aber
das merk dir«, zeterte Onkel Rab, »in eine Kiste — als Viehtransport — lasse
ich mich nicht verfrachten. Und in die Hände von Piraten will ich auch nicht
fallen .«
    »Es
gibt keine Piraten mehr«, beruhigte ich ihn. »Aber könntet ihr nicht auf ganz
andere Weise reisen... so wie Gespenster... unsichtbar und durch die Luft...«
    »Nein,
mein Lieber«, sagte Onkel Berni. »Wir verlassen dich nicht. Zu deinem Schutz
und zu deiner Hilfe sind wir gekommen, und wir nehmen diese Aufgabe ernst. Am
besten wäre ein eigenes Schiff...«
    »Warum
denn nicht ?« wagte ich zu spotten. »Man kriegt sie ja
an jeder Straßenecke geschenkt .«
    »Du
wirst eines kaufen !«
    »Aber
nicht von Mister Coolwater !« schrie Onkel Rab.
    »Es
soll ein Raddampfer sein .« Tante Turkie geriet
unversehens ins Schwärmen. »Er soll bunt sein, mit großen qualmenden
Schornsteinen und riesenhaften Rädern. Ein Speisesalon muß natürlich auch drin
sein...«
    »O
ja, und ein Billardzimmer und ein Badezimmer und Samtvorhänge und
Perserteppiche«, witzelte ich.
    Onkel
Berni deutete mit dem Pfeifenstiel auf mich und sagte: »Ein Raddampfer ist
wirklich praktisch. Mit ihm können wir unabhängig vom Wind über den großen
Ozean dampfen und dann gleich, ohne umzusteigen, dem Lauf des Großen Stromes
aufwärts bis ins Innere Amerikas, direkt ins Herz des Wilden Westens, folgen!«
    »Wunderbar«,
rief ich, »ohne einen Cent in der Tasche !«
    »Wozu
brauchst du einen Cent in der Tasche, wenn du einen Schatz im Keller hast !« blaffte mich Onkel Berni an. Natürlich war ich vollkommen
platt und stumm über diese Eröffnung. Und meine drei Gäste aus dem Jenseits
genossen meine Verblüffung.
    Cookie
Pott strahlte. »Wenn ich denke, daß Mylord den Schatz beinahe mit dem alten
Haus verkauft hätte...«, murmelte er. »Aber... ich ahnte ja gar nichts
davon...«, stammelte ich. »Eigentlich weiß es ja auch nur ich allein«, erklärte
Tante Turkie. »Es handelt sich nämlich um meinen Schmuck, hm, ja... ich brachte
ihn mit in die Ehe, Juwelen, Diamanten, Ketten, Ringe und andere Edelsteine...
ein Kästchen von großem Wert. Na, es ging nicht alles so, wie ich es hoffte,
als ich geheiratet hatte. Mein Mann — ich darf ja nicht alles erzählen, wie du
weißt — jedenfalls er verschleuderte sein Geld. Die Jagd, die Weiber, der
Alkohol... ich bin froh, daß es mich heute nicht mehr aufregt. Kurz und gut, um
mein Eigentum vor seiner Verschwendungssucht zu retten, verbarg ich es an einen
geheimen Ort im Keller. Er hat nie erfahren, wo. Leider mußte ich das
Menschendasein vor ihm aufgeben. Ich kränkelte und starb. Ich kam also nicht
dazu, das Kästchen wiederzuholen. Ein Glück für dich, mein Lieber. Davon kannst
du vier Raddampfer kaufen. Ich brauche ja nichts mehr. Ach, es belustigt mich
heute noch, wenn ich daran denke, wie mein schändlicher Mann sich darüber
ärgerte, daß ich mein Geheimnis mit ins Grab nahm !«
    »Ich
schlage vor, daß wir uns nicht mit weiteren Erzählungen aufhalten, sondern nach
dem geheimen Ort schnüffeln«, bellte Onkel Berni.
    Und
Onkel Rab jubelte: »Auf zur Schatzsuche !«
    Ich
— das läßt sich denken — hatte keine Einwände.

Im Keller von Bloodywood-Castle
     
    Wir
verloren jetzt keine Minute mehr mit Erörterungen. Ich muß mit Beschämung
gestehen, daß uns alle eine Art Goldrausch erfaßte — ein Fieber.
    Wir
stürzten also die Treppe hinab, durch die Halle und in den Schlund des Kellers.
Hier herunter hatte ich mich lange nicht mehr verirrt. Die steinernen, düsteren
Gänge mit den gewölbten Decken hatte ich fast vergessen.
    Uns
allen voran flatterte Tante Turkie, hüpfte von Stufe zu Stufe, hielt sich mit
ein wenig ausgebreiteten Flügeln im Gleichgewicht. Cookie Pott folgte ihr mit
der Kerze.
    Wir
tappten lange dahin, erst jetzt wurde mir bewußt, wie unendlich weit
Bloodywood-Castle unterkellert war... mehr unheimlich als sinnvoll, wie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher