Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Lord Schmetterhemd im wilden Westen

Titel: Lord Schmetterhemd im wilden Westen
Autoren: Max Kruse
Vom Netzwerk:
Leere.
    Nein,
nicht nur Leere. Zwar fand ich das Schmuckkästchen nicht, doch förderte ich ein
in Gold gefaßtes Miniatur-Porträt zu Tage, oder besser: ins Kerzenlicht. Seine
Farben waren noch frisch. Das Bild zeigte eine — wie ich zugeben muß —
bezaubernde junge Frau in einem alten Kostüm.
    Dieses
Bildchen erblicken und einen Schrei ausstoßen, an dem sie fast erstickte, war
eins für Tante Turkie. »Sie ist es, sie ist es«, jammerte sie, »die Hexe, die
Bestie, seine Freundin... Sein Degen — und ihr Bild — sie haben mein Geheimnis
entdeckt, sind hinter meine Schliche gekommen — und meinen Schmuck haben sie
auch .«
    »Dann
müssen wir den Schatz wohl abschreiben«, brummte Onkel Berni. »Und somit
könnten wir diesen düsteren Raum eigentlich wieder verlassen .«
    »Vielleicht
läßt sich das Miniatur-Porträt an Mr. Pinch verkaufen«, überlegte ich. »Das
wäre doch wenigstens etwas .«
    So
verlief unsere Schatzsuche. Um eine große Hoffnung — unsere einzige Hoffnung —
ärmer, kehrten wir zurück.

Ich besuche Mr. Coolwater ein zweites Mal
     
    Tante
Turkie war recht niedergeschlagen. Sie kauerte sich in den Lehnstuhl vor der
Standuhr und starrte stumm vor sich hin.
    Onkel
Berni aber paffte eine Weile, nebelte sich in graue Wolken ein. Und schließlich
brummte er aus diesem Dunst hervor: »Mac, du mußt zu Coolwater !«
    »Was
soll ich denn da ?« fuhr ich auf.
    »Versuche,
dir ein Schiff zu leihen. Versprich, es ihm zu bezahlen, wenn du
zurückkommst...«
    »Der
Große Koyote wird Mac zwicken !« warnte Onkel Rab.
    »Und
Coolwater wird mich hinausschmeißen, mindestens wird er den Wunsch dazu
verspüren. Und ein Schiff leiht er mir nie .«
    »Wir
müssen es versuchen«, sagte Onkel Berni. »Was den Großen Koyoten anlangt: nur
keine Sorge! Ich komme mit! Habe schon lange Lust, den Raufbold einmal
wiederzusehen .«
    So
ward’s beschlossen. Und danach verbrachten wir einen recht angenehmen Abend. Es
war ja schon zu spät, um Coolwater heute noch aufzusuchen. Die Sonne berührte
bereits den Horizont. Müde von der vorangegangenen unruhigen Nacht, legten
Cookie Pott und ich uns früh ins Bett. Diesmal wurden wir nicht gestört, unsere
Gespenster benahmen sich wie brave Haustiere. Sogar die Wasserspülung hörte ich
nicht rauschen.
    Am
kommenden Morgen allerdings beeilten wir uns. Cookie schirrte die Stute Suleika
an und spannte sie vor die Kutsche. Er selbst schlüpfte in seinen zwar abgetragenen,
aber immer noch leidlich vornehm wirkenden Kutscherrock. Wir wollten auf
Coolwater Eindruck machen. Onkel Berni hüpfte vor mir in den Wagen und setzte
sich auf das Polster. Ich nahm neben ihm Platz.
    Cookie
Pott knallte mit der Peitsche, und hinaus ging es in den frischen Morgen. Tante
Turkie und Onkel Rab winkten aus dem Tor von Bloodywood-Castle, solange wir sie
erblicken konnten. Ich hatte den Eindruck, daß Tante Turkie ihr Mißgeschick
nicht mehr so schwernahm. Und ich — bei meiner Ehre — begann die Gesellschaft
meiner Gespenster-Verwandtschaft zu genießen. Es war doch nett, Familie zu
haben...

    Mit
lautem Hüh rollte Cookie in Mister Coolwaters Hof, der an drei Seiten von
Werkstätten eingegrenzt wurde. An der Straßenseite lag das Wohnhaus, ein recht
protziger Bau. Kaum wurde es unserer ansichtig, schoß ein graues Ungetüm hinter
einem Holzstoß hervor. Es fletschte die Zähne und knurrte grimmig. Sein Fell
war gesträubt, seine Augen funkelten böse. Doch ehe es die Kutsche erreichte
und Suleika in die Fesseln fahren konnte — das verängstigte Roß stellte bereits
die Ohren, und Cookie Pott ließ die Peitsche über seinem Melonenhut kreisen —
da richtete sich Onkel Berni neben mir zu ganzer Größe auf. Seine Halsmuskeln
schwollen an, sein
    Brustkasten
wölbte sich. Er machte nur einmal leise »Baff !« — und
der graue Geselle verschwand, knurrend und zeternd, hinter den Balken, wo er
hergekommen war.
    »Sein
Glück !« grollte Onkel Berni. Übrigens hatte er auf
meinen dringenden Wunsch die Pfeife weggesteckt und mir feierlich versprachen,
in Gegenwart anderer Menschen weder zu reden, noch sich auf Stühlen oder an
Tischen niederzulassen. Mister Coolwater hatte unser Kommen bemerkt. Er trat
aus der Tür des Wohnhauses, vermutlich nahm er gerade seine zweite Tasse Tee zu
sich. Mrs. 14 Coolwater, die zu sehen ich selten das Vergnügen hatte, begleitete ihren
Gatten. Sie trug aus lauter Gottesfürchtigkeit, um nur ja nicht als
gefallsüchtig zu gelten, aschgraue Kleider. Und da ihre
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher