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Lokalderby

Titel: Lokalderby
Autoren: Jan Beinßen
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Russennutte festgebissen hatte. Ich dachte, der Kelch ginge an uns vorüber und der ganze Wirbel wäre damit erledigt. Wäre er wahrscheinlich auch gewesen, wenn Flemming nicht auf diesen blöden Brief. . .«
    »Ja, das habe ich vorhin mitbekommen«, unterbrach Fränki sie. »Was ist das eigentlich für ein Brief, von dem er geredet hat?«
    »Egal. Nicht wichtig. Wenn du einfach nur abgewartet hättest, wäre Flemming unverrichteter Dinge abgezischt und hätte uns endlich in Ruhe gelassen. Doch nun haben wir ihn uns aufgehalst und werden ihn so bald gewiss nicht los.« Sie atmete tief ein und wieder aus. »Du hast uns da in eine üble Situation gebracht.«
    »Jaja, hack nur auf mir herum«, schmollte Fränki. »Okay, ich habe Mist gebaut. Und jetzt?«
    »Jetzt?« Sie ließ sich Zeit, um nachzudenken. »Jetzt müssen wir die Sache beenden. Ein für alle Mal.«
    »Was soll das heißen?«
    Ivonne Wagner lachte rau. »Glaubst du ernsthaft, dass wir beide ungeschoren davonkommen, wenn Flemming auspackt? Das bedeutet Gefängnis. Vielleicht für mich, ganz sicher aber für dich.«
    »Knast?«, fragte Fränki mit gebrochener Stimme.
    »Ja. Für eine Reihe von Jahren.«
    »Das packe ich nicht. Mich haben sie als Jugendlichen schon mal weggesperrt. Das ist die Hölle. Noch mal stehe ich das nicht durch.«
    »Dann, so fürchte ich, musst du dafür sorgen, dass Flemming keine Aussage machen kann.«
    »Wie meinst du das?«, fragte er erneut.
    »Ist das wirklich so schwer zu verstehen?«
    »Du meinst. . . – ich soll ihn . . .«
    »Wie du es anstellst, ist mir gleichgültig. Wichtig ist nur, dass wir keine Spuren hinterlassen.«
    Schweigen. Dann das schabende Geräusch von Schuhen, die über den Betonboden schlurften. Paul schloss daraus, dass Fränki sich in Bewegung gesetzt hatte. Um ihm etwas anzutun? Nein, offenbar wurde der Ultra nur nervös, was sich darin ausdrückte, dass er im Kreis zu laufen schien.
    »Das ist mir eine Nummer zu groß«, krächzte Fränki. »Von so etwas war nie die Rede.«
    »Ach ja? Ist wohl nicht weit her mit eurer Einsatzbereitschaft für den Club, was?«, verhöhnte ihn Ivonne Wagner. »Von wegen Bad Boy! Nichts als eine leere Worthülse.«
    »Das ist nicht wahr«, protestierte Fränki. »Fußball ist mein Leben. Ich würde alles dafür tun.«
    »Dann tu es!«, dröhnte sie. »Beweise, dass du nicht nur ein Schwätzer bist. Zeig, was in dir steckt!«
    Paul hörte das Knistern von Papier.
    »Hier«, sagte sie. »Damit du auch finanziell etwas davon hast. Nimm das Geld und hör endlich auf zu jammern.«
    »Danke. Oh, das ist ein Haufen Kohle.«
    »Mmm, sollte dich eine Weile über Wasser halten.« Wieder waren Schritte zu hören, diesmal zielgerichteter, gefolgt von einem metallischen Schaben.
    »Mit diesem Schraubenschlüssel müsste es funktionieren«, sagte Ivonne Wagner ohne jede Gefühlsregung. »Hau ihm den Schädel ein. Hol aber weit aus, damit der Schlag beim ersten Mal sitzt. Sonst wird das eine elendige Quälerei.«
    Paul konnte nicht weiter den Besinnungslosen spielen. Es war an der Zeit zu handeln, wenn er diese irrwitzige Situation mit heiler Haut überstehen wollte.
    Er hustete, hob langsam seinen dröhnenden Kopf und öffnete die Augen.
    Nun wusste er, was er bereits geahnt hatte: Seine beiden Peiniger hatten ihn in die Lagerhalle verschleppt, die den Bad Boys als Quartier und Bastelstube für ihre Stadionbefeuerung diente. Paul saß auf einem schäbigen Holzstuhl in der Mitte der schwach beleuchteten Halle, ihm gegenüber standen Ivonne Wagner und Fränki. Die Spielerberaterin bewahrte Haltung und sah finster zu ihm herab. Fränki dagegen, der den großen rostroten Schraubenschlüssel in den Händen hielt, machte mit seinem gequälten Gesicht und dem gekrümmten Rücken einen sehr unglücklichen Eindruck. Die Rolle des gedungenen Mörders behagte ihm offenkundig überhaupt nicht.
    Diesen Umstand konnte sich Paul zunutze machen. Er musste sein Heil darin suchen, sich aus seiner bösen Lage herauszureden und an die Vernunft der beiden zu appellieren. Zumindest an die von Fränki. Bei der Wagner würde er schlechte Karten haben – sie hatte bereits jetzt zu viel zu verlieren. Denn Paul glaubte inzwischen fest daran, endlich die wahre Mörderin von Buggi gefunden zu haben.
    »Sie wollen mich töten?«, fragte Paul mit heiserer Stimme. Noch einmal musste er husten, um deutlicher sprechen zu können. »Dann machen Sie es kurz und schmerzlos, bitte.« Bei diesen Worten sah er Fränki direkt
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