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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition)
Autoren: Julia Kaufhold
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Oppelmann und ich haben ihm auch so gezeigt, was eine Harke ist. Nicht mit uns !«
    Er zieht sein schwarzes Kämmchen aus der Brusttasche seines Hemdes und glättet sich sorgfältig die kinnlangen, weißen Haare.
    »Komm rein, Anna.«
    Jetzt bin ich es, die erleichtert ist. Zumindest weiß er schon mal, wer ich bin. Ich folge ihm in das kleine Zimmer. Die Luft im Raum ist überraschend frisch, sein Bett picobello gemacht, und auf der Fensterbank steht ein roter Christstern.
    »Setz dich.« Er rückt mir einen Stuhl zurecht und zupft an der weißen Spitzentischdecke. »Möchtest du einen Schnaps ? Korn ?« Da ist es wieder, sein schelmisches Grinsen.
    »Ach, ich bleibe erst mal bei dem hier.« Ich klopfe gegen die weiße Thermoskanne, die mit zwei Tassen und Untertassen vor uns auf dem Tisch steht.
    Richard gießt uns beiden Hagebuttentee ein.
    »Schön, dass du so schnell kommen konntest. Wie geht es dir ?«
    »Gut«, sage ich automatisch.
    Er sieht mich aufmerksam an. Dann schüttelt er den Kopf. »Du siehst aber gar nicht gut aus. Also, gut schon, aber nicht so, als würde es dir gutgehen.«
    Ich muss schlucken. Und ich merke, dass er das mitbekommt. Er greift nach einem Zimtstern, kaut lange und lässt mich dabei keine Sekunde aus den Augen.
    »Ich bin kein Freund von allzu viel Geplänkel. Also, sag schon, warum willst du dich nicht mehr mit David treffen ?«
    Mir stockt regelrecht der Atem.
    »Meinst du, ich bin blöd ? Krieg nicht mehr mit, was hier läuft ?« Er klopft sich gegen die Stirn. »Ist noch alles da.«
    »Was hat David denn erzählt«, frage ich schüchtern.
    Meine Finger zittern, als ich nach der Teetasse greife.
    »Nee, nee, Mädchen, so rum wird kein Schuh daraus. Also, sag schon, warum willst du David nicht mehr sehen ?«
    »Aber ich will David doch sehen ! Nur … will ich auch Kinder, und er nicht.« Ich merke, wie schal das selbst in meinen Ohren mittlerweile klingt.
    »Ach das«, sagt Richard. »Ich dachte, das hättet ihr langsam geklärt. Mein Enkel ist Mitte zwanzig und studiert noch. Ist doch kein Wunder, dass ihm beim Thema Kinder der Arsch auf Grundeis geht.«
    Ich glaube, mich zu verhören. Wie redet Richard denn plötzlich ? Soll das derselbe Richard sein, der mich verträumt ansieht und liebevoll Lenchen nennt ? Der seinen Kopf an meine Schulter lehnt, dankbar, dass er wieder weiß, wo er ist. Der mit flackernden Augen in Davids Hochbett liegt und nachts mit nackten Füßen durch die Straßen irrt ? So, wie er jetzt spricht, kommt mir der Gedanke, dass er womöglich überhaupt kein bisschen dement ist. Dass er das alles nur vorspielt, um Narrenfreiheit zu genießen. Zuzutrauen wäre es ihm. Oder aber ist er vielleicht doch viel dementer, als wir alle denken ? Sollte man am besten nichts von dem, was er sagt, für bare Münze nehmen ?
    »Natürlich will David Kinder !«, ruft Richard unvermittelt aus und klatscht in die Hände. »Aber er hat Angst. Große Angst. Keine Ahnung, was mit den jungen Bengeln von heute los ist. Aber dass du ihn deshalb jetzt gar nicht mehr sehen willst, das verstehe ich nicht.« Er sieht mich herausfordernd an.
    Moment, denke ich, ganz langsam und zum Mitschreiben: David will Kinder ? Das ist doch Quatsch !
    »Richard«, sage ich so ruhig, wie es mir möglich ist, »das glaube ich nicht. Das müsste ich doch wissen, das hätte er mir bestimmt gesagt. Wenn David wirklich Kinder wollte, hätten wir uns ja gar nicht zu trennen brauchen. Natürlich würde ich ihn dann sehen wollen.«
    »Aha«, macht Richard und kaut in aller Seelenruhe auf einem zweiten Zimtstern herum. Und noch mal: »Aha.«
    Nach einer halben Ewigkeit, einem dritten Zimtstern, den er schnell hinterhergeschoben hat, und vielen kleinen Schlucken Tee sagt er schließlich: »Da kommen wir der Sache schon näher.«
    Ich verstehe nur Bahnhof.
    »Wenn – dann, Anna. Wenn er Kinder wollte, dann würdest du ihn sehen wollen. Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer. Meinst du nicht, ein Mann hat seinen Stolz ? Möge er auch noch so grün hinter den Ohren sein. Wir Männer«, er schlägt sich mit der Faust auf die dünne Brust, »wir sind keine Zeugungsmaschinen, wir lassen uns nicht erpressen. Wir wollen um unser selbst geliebt werden. Ist das so schwer zu verstehen ?«
    Für einen Moment bin ich sprachlos. Kam das wirklich gerade aus Richards Mund ? Und würde das alles überhaupt einen Sinn ergeben ? Hätte David, wenn dem tatsächlich so wäre, nicht zumindest einmal angedeutet, dass er sich von
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