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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition)
Autoren: Julia Kaufhold
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mir erpresst fühlt, anstatt sich einfach so in sein Schicksal zu fügen ? Hat er mich überhaupt je geliebt, wenn er lieber aus Stolz in Kauf nimmt, mich zu verlieren, als über seinen Schatten zu springen und mit mir zu reden ? Nein, mit so einem seltsamen Stolz schien mir David nie ausgestattet, eigentlich hat er immer geradeheraus gesagt, was er denkt. Das mochte ich ja so an ihm.
    Richard ist in der Zwischenzeit aufgestanden und hat das Fenster geöffnet. In seiner Hand glimmt eine Zigarette.
    »Richard !« Ich springe auf. »Du rauchst doch gar nicht.«
    Der alte Herr stößt perfekt geformte Rauchkringel aus.
    »Siehst du doch, dass ich rauche. Tja, ihr wisst eben nicht alles von mir.«
    Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll, und geselle mich wortlos zu ihm ans Fenster. Es hat aufgehört zu regnen, und ein Schwall frischer, noch feuchter Luft weht ins Zimmer. Er hält mir die geöffnete Zigarettenschachtel hin. Wenn das keine absolute Ausnahmesituation ist, dann weiß ich es auch nicht. Dankbar greife ich nach einer Zigarette, die Richard mir ohne mit der Wimper zu zucken an seiner anzündet. Eine Weile stehen wir nebeneinander in der kühlen Abendluft und rauchen schweigend. Ich kann es immer noch nicht glauben, was er da gerade gesagt hat. Dass er überhaupt in der Lage ist, so messerscharf zu kombinieren und über etwas zu sprechen, was nicht dreißig Jahre oder noch weiter zurückliegt. Ich weiß doch, dass er dement ist. Und vielleicht ist auch ein Symptom der Krankheit, dass man sich Dinge so zurechtlegt, wie sie am besten ins eigene Weltbild passen ?
    Wahrheit hin oder her, etwas nagt an mir, irgendwo hat Richard einen wunden Punkt getroffen. Es ist die Sache mit dem Wenn – dann. Der alte Mann hat recht, ich habe tatsächlich eine Bedingung für Davids und mein Zusammensein gestellt.
    Ich ziehe an meiner Zigarette und komme mir schäbig vor. Auch weil ich David jetzt, wo sich durch Richards Ansprache der Funken einer Hoffnung am Horizont abzeichnet, dass David meine Kinder-Bedingung womöglich doch erfüllen könnte, unbedingt zurückwill.
    »Du willst ihn doch so oder so zurück«, sagt Richard, als könne er Gedanken lesen, und drückt seine Zigarette in der Erde des Christsterns aus. Der Blumentopf ist voller Stummel. »Du wolltest ihn doch schon zurück, bevor du hergekommen bist. Deshalb bist du ja überhaupt gekommen.«
    Oje, das stimmt. Ich will wirklich nur David. Nicht Hector und auch sonst keinen anderen.
    »Aber ich habe auch dich vermisst«, sage ich und meine es auch so.
    Richard lacht. »Ich dich auch, Anna, sehr sogar.«
    Er nimmt mir meinen Zigarettenstummel aus der Hand, zieht noch einmal kräftig daran und steckt ihn dann zu den anderen in den Blumentopf.
    »So, und jetzt bist du dran«, sagt er und schließt das Fenster.
    Mit einem Mal weiß ich genau, was ich zu tun habe, und Eile überkommt mich. Ich drücke Richard einen schnellen Kuss auf die Wange und laufe zur Tür.
    »Und jetzt machen Sie, dass Sie hier rauskommen, sonst rufe ich die Polizei !«
    Erstaunt drehe ich mich zu ihm um und erwarte, dass er lacht oder mir zuzwinkert. Stattdessen sieht er mit finsterem Gesicht an mir vorbei und murmelt: »Jetzt klauen die mir schon die Zigaretten.«

Vierzehn
    I c h drücke auf die Hupe. Aus dem Weg ! Kann doch nicht sein, dass dein getunter Golf langsamer ist als meine kleine Kiste. »Einfach das Gaspedal bis zum Anschlag durchtreten«, rufe ich dem Mercedesfahrer schräg vor mir zu, »dann wird dein Opa-Schlitten auch so ein Flitzer wie mein Mini. Und nicht vergessen: den Hut abnehmen.«
    Sonntagsfahrer alle miteinander !
    Ich habe keine Ahnung, was ich von Richard halten soll. Im einen Moment scheint er extrem klar und fokussiert, dann wieder ist es, als ob sich ein Schleier über seinen Geist legt und ihn ohne Ankündigung zu einem anderen Menschen macht. Und dabei weiß ich noch nicht einmal, ob die hellen Momente wirklich helle Momente sind oder ob er auch, wenn er klar wirkt, eigentlich verwirrt ist. Und ich schließe ebenfalls nicht aus, dass alles nur ein Spiel ist – dass er in Wahrheit vollkommen gesund und munter ist und sich einfach einen riesengroßen Spaß mit uns erlaubt. David würde sich an den Kopf fassen, wenn er von dieser Theorie Wind bekäme.
    Das soll mich jetzt aber nicht weiter beschäftigen, denn: Ich habe eine Mission. Ich will David zurück ! Das ist alles, was ich mir wünsche. Mein Kinderwunsch ist durch die Gespräche mit Rosalie und
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