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Lloyd, Sienna

Lloyd, Sienna

Titel: Lloyd, Sienna
Autoren: 04 Verführt von einem Vampir
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gewöhnen? Ich bin so anders, voller Makel.
    Hin und wieder kreuze ich einen überraschten Blick und zeige fast automatisch meinen Ausweis. Im Allgemeinen sind die Blicke wohlwollend, doch manchmal spüre ich, wie sie meine Anwesenheit stört. Ich finde einen leeren Liegestuhl und setze mich darauf. Ich habe meine Freunde aus den Augen verloren und genieße diesen kurzen Moment des Alleinseins, um die Menge zu beobachten.
    Mein Kopf dreht sich, ich denke, dass diese Cocktails, die ich für reinen Fruchtsaft gehalten habe, in Wirklichkeit alles andere als alkoholfrei sind. Der Zucker hat den Geschmack verdeckt, ich bin ja so naiv! Meine Wangen werden rot und ich beobachte einen Mann, der in meiner Nähe steht. Er trägt ein offenes Leinenhemd und khakifarbene Bermudashorts. Mit nacktem Oberkörper und einem Bier in der Hand tanzt er ganz alleine. Ich betrachte ihn und liebkose seinen Körper mit meinen Blicken. Er erinnert mich an Gabriel, er ist muskulös und sonnengebräunt. Er fehlt mir so sehr, ich wünschte, er wäre hier, wir könnten uns hier amüsieren, er würde mich küssen …
    23:00. In einer Stunde ist alle Hoffnung begraben. Ich werde das Schloss verlassen und weggehen. Ich weiß noch nicht, wohin, aber nach meinem Termin mit dem Verleger Lucas Macjals wird es vielleicht einfacher. Ich werde melancholisch, wenn ich an meine Abreise denke; ich sehe, wie Charles mich sucht und sichtlich erleichtert ist, als er mich in Gedanken versunken auf meinem Liegestuhl findet.
    „Na, meine einsame Schönheit, so, wie du angezogen bist, hätte dich doch innerhalb von fünf Minuten jemand anbaggern müssen.“
    „Du weißt doch, ich sehe nicht so aus, aber ich kann mich verteidigen.“
    „Jaja … Hier, die Spezialität des Hauses: Himbeere, Ingwer, Kokos und Rum.“
    „Ähm, ich sollte es langsam angehen lassen …“
    „Das macht keinen Spaß!“
    „Okay, aber das ist der letzte.“
    Charles und ich verbringen die letzten Minuten des Jahres auf dem Liegestuhl und unterhalten uns. Das hier ist unsere Insel und wir lachen unbeschwert. Von Minute zu Minute finde ich ihn immer begehrenswerter. Ich bin gut gelaunt, habe rote Wangen, brauche eine Umarmung von ihm, will geliebt werden und nur für eine Sekunde glauben können, dass ich Gabriel vergessen kann. Charles dreht sich nach einer Frau im Bikini um, zwinkert mir zu und ich schmolle.
    „Nun sagen Sie, Fräulein Ich-bin-die-Schönste-hier, mag es wohl sein, dass Sie auf andere Frauen eifersüchtig sind?“
    „Nein … Äh … Überhaupt nicht. Es ist einfach nicht sehr höflich, eine andere Frau anzustarren, wenn man eine direkt vor sich hat.“
    „Ich bin nun mal ein Ästhet, was erwartest du von mir …“
    Ich versuche, mich an Charles heranzumachen, als die Musik zu spielen aufhört; Der DJ, der in einem Rettungsschwimmerhäuschen sitzt, beginnt damit, die Sekunden bis zum Ende des Jahres, bis zum Ende meines Abenteuers, herunterzuzählen … Mein Herz schlägt schneller, ich will nicht den ersten Tag vom Rest meines Lebens ohne Gabriel beginnen …
    „5 … 4 … 3 …“
    Alle schreien wie aus einem Mund mit, Charles hebt fröhlich sein Glas. Ich starre ihn an. Es darf noch nicht so weit sein, lasst mir noch einige Minuten der Hoffnung, lasst mich glauben, dass Gabriel sich seinen Weg durch die Menge bahnt und mich mit sich nimmt. Dass wir gemeinsam fortgehen und miteinander leben, auch wenn es unmöglich erscheint …
    „2 … 1 …“
    Ich kann nicht. Verzweifelt werfe ich mich in Charles' Arme und küsse ihn. Er macht große Augen, küsst mich für den Bruchteil einer Sekunde zurück, fasst sich und hält mich dann so zärtlich wie möglich auf Abstand.
    „0 … FROHES NEUES JAHR!“
    Wir bleiben wie versteinert, als um uns herum alle anstoßen, lachen und einander umarmen. Alleine inmitten der Menge. Charles versucht, mich mitfühlend und zärtlich anzusehen. Doch ich bin tief verletzt.
    Er hatte recht. Tief in meinem Inneren weiß ich das. Diese Begierde und dieser Kuss waren nur ein Ausdruck für mein Verlangen danach, meine Ängste und meinen Kummer zu ertränken. Der Alkohol hat mir den Mut verliehen, den schmalen Grat zu überwinden, der zwischen mir und Charles liegt. Ich weiß, dass ich nicht Charles will, und ich weiß auch, dass er mich will, also fühle ich mich schon in den ersten Minuten des 1. Januar 2014 erbärmlich.
    Mir läuft eine Träne über die Wange, Charles runzelt die Stirn und nimmt mich in den Arm. Es geht mir schlecht,
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