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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee
Autoren: Katrin Rohde
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nichts weiter und streichelte ihrer Tochter sanft über die Hand. Ihre Atemzüge wurden ruhiger und tiefer, sie schlief ein. Luise blieb noch eine Weile bei ihr sitzen und sah sie liebevoll an. Wie sehr hatte sie Paula vermisst! Es bedeutete ihr viel, sie endlich wieder in ihrer Nähe zu wissen. Ihre einzige Tochter.
    Sie dachte an den Tag zurück, als Paula Tränen überströmt bei ihnen angerufen hatte. So unglücklich hatte Luise ihre Tochter noch nie erlebt. Die Trennung von Markus hatte ihr das Herz gebrochen. Am liebsten wäre Luise sofort ins Auto gestiegen und hätte Paula aus München zu sich nach Hause geholt. Nur Walter hatte sie damals zurückhalten können. „Sie kommt doch zurück, dann kannst du dich um sie kümmern. Jetzt hat sie so viel mit dem Umzug zu tun, da wird sie den Kummer vorerst vergessen."
    Jetzt war Paula hier. Wenn sie sich erst mal in der Wohnung eingerichtet hatte, was würde dann passieren? Würde sie in ein tiefes dunkles Loch fallen? Luise seufzte. Wie hatten sie sich alle nur so in Markus irren können? Der soll mir ja nie wieder unter die Augen treten, sonst vergesse ich mich, schwor sich Luise.
    Sie strich ihrer schlafenden Tochter zum Abschied über die Wange und schlich aus dem Zimmer. Den Wohnungsschlüssel nahm sie mit und zog leise die Wohnungstür hinter sich zu. Morgen war hier viel zu tun.

5
    Am nächsten Tag wurde Paula durch leises Gemurmel aus dem Wohnzimmer geweckt. Eine weibliche und eine männliche Stimme unterhielten sich in gedämpfter Lautstärke. Paula lag eine Weile da, sah an die Decke und versuchte an nichts zu denken. Sie wusste, die Realität würde sie schnell wieder einholen.
    Auf einmal ertönte ein schepperndes Geräusch, gefolgt von einem lauten „Autsch".
    „Papa? Alles in Ordnung?"
    Wenige Augenblicke später öffnete ihr Vater die Tür. „Guten Morgen mein Engel, ich wollte dich nicht wecken. Mir ist leider der Akkuschrauber aus der Hand auf die Tischplatte gefallen und von dort auf meinen Fuß.“
    Gegen ihren Willen musste Paula lachen.
    „Das ist nicht lustig", befand Walter und trat zu ihr ans Bett. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Wie geht es dir heute?"
    Paula horchte einen Moment in ihren Körper hinein. „Im Moment würde ich sagen, dass es mir besser als gestern geht.“
    „Na, wenn das nicht die Hühnersuppe von Frau Wagner war", entgegnete ihr Walter. „Das dürfen wir aber nicht deiner Mutter sagen. Als sie mir gestern davon erzählte, war sie in ihrer Mutterehre etwas gekränkt. Sie wollte nämlich als erste an deinem Krankenbett sitzen."
    Walter kratze sich an seinem Dreitagebart, den er sich stehen ließ, seitdem er in Rente war. Paula fand sowieso, dass es ihrem Vater im Ruhestand blendend ging. Der große Mann, von ihm hatte sie ihre Körpergröße geerbt, trug einen Blaumann, an dem die Hosenbeine mal wieder zu kurz waren. Immer dasselbe Problem, hatte er bei der Anprobe festgestellt. Standardgröße passte ihm einfach nicht.
    Paula ging auf seine letzte Bemerkung ein. „Mama war gestern gegenüber Frau Wagner etwas schnippisch. Aber ich glaube, Frau Wagner hat es ihr nicht übel genommen. Es war sowieso eine seltsame Situation. Eine fremde Person hat sich so lieb um mich gekümmert." Paula streckte sich im Bett. „Ich werde mich mal im Bad frisch machen gehen." Sie machte Anstalten aufzustehen, aber Walter versperrte ihr den Weg.
    „Die Anweisung deiner Mutter lautet, so lange wir heute da sind, darfst du nur auf Toilette gehen und sonst hütest du das Bett. Den Rest machen wir, du ruhst dich aus." Ihr Vater sah sie dabei streng an, wohl wissend, dass sich seine Tochter nicht gerne etwas sagen ließ.
    „Was? Puh, das ist aber ein strenges Regiment." Paula verriet ihrem Vater nicht, wie recht es ihr war. Beim Aufstehen war ihr Kreislauf in den Keller gegangen und dunkle Flecken begannen vor ihren Augen zu tanzen. „Dann bleibe ich erst mal liegen und harre der Dinge, die noch folgen werden." Sie deckte sich erleichtert zu.
    „Guten Morgen mein Liebes." Luise kam mit einem Tablett herein. Darauf befanden sich eine dampfende Tasse Tee, Zwieback auf einem Teller und eine Banane.
    „Frühstück, und keine Widerrede", nahm sie ihrer Tochter sofort den Wind aus den Segeln.
    Woher kennen sie mich eigentlich so gut, fragte sich Paula. Sie hatten ein Radar und wussten ganz genau wann ich ihnen widersprechen will. „Woher habt ihr denn die Tasse? Und den Teller kenne ich auch nicht, das ist nicht meiner." Paula sprach
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