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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee
Autoren: Katrin Rohde
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bleiben!" Die bis dahin versteckte Beobachterin trat hinter der Hecke des Hauses hervor.
    Erschrocken fuhr die junge Frau herum. Sie sah sich einer älteren Frau gegenüber, die die Worte laut und scharf ausgesprochen hatte. Mit einem leicht ärgerlichen Runzeln versuchte sie die unbekannte Person einzuschätzen. Sie vermutete, dass die gepflegte Frau über Sechzig war. Die grauen Haare lagen in Wellen an ihrem Kopf und ihr Gesicht wurde durch zahlreiche Falten durchzogen. Die Frau strahlte Selbstbewusstsein aus und schien auf eine Erklärung zu warten.
    „Ich ziehe heute hier ein. Da lässt es sich nicht umgehen, dass wir vor dem Haus parken."
    „Ach, Sie sind das! Wir hatten eigentlich gestern mit Ihnen gerechnet.“ Es klang wenig freundlich.
    Etwas verunsichert stand die junge Frau da. Das tiefe, männliche Räuspern hinter ihr zwang sie einen Vorstoß gegen ihren Willen zu wagen. Sie reichte der älteren Frau die Hand entgegen.
    „Hallo, ich bin Paula Rittner. Schön Sie kennenzulernen.“ Erwartungsvoll blickte Paula die Ältere an. Diese schüttelte ihr zwar die Hand, maß sie aber mit einem Blick, der ihr gar nicht gefiel. Unbehagen machte sich bei ihr breit. Endlich brach die Frau ihr Schweigen.
    „So so, na ja.“ Ihr Blick lag abschätzend auf Paula, ehe sie weitersprach. „Ich bin Frau Lindner. Ich und mein Mann wohnen Parterre rechts.“ Sie zeigte mit einem ihrer dünnen Finger auf die Wohnung mit den weißen Gardinen und den bunten Fensterbildern. „Wir haben ein Auge auf das Haus und wer hier rein und raus geht. Wir sind im Übrigen ein ordentliches Haus.“ Frau Lindner sah Paula herausfordernd an.
    „Ja, klar. Schön Sie kennenzulernen.“ Paula ließ die Hand von Frau Lindner los und bemerkte wie ihre Hand unangenehm zu schwitzen begann. Außerdem war der Mann hinter ihr nun mehr als ungeduldig.
    „Frau Rittner, wir haben es eilig, wenn Sie uns aufschließen würden?“ Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern trat zu seinem Kollegen, der die großen Türen des Umzugswagens öffnete, um mit dem Abladen der Möbel zu beginnen.
    „Frau Lindner, wenn ich soweit ausgepackt habe, dann werde ich mich noch mal in Ruhe bei Ihnen vorstellen, ja?“, lenkte Paula rasch ein.
    „Machen Sie das, dann kann ich Sie in die Gepflogenheiten dieses Hauses einweisen." Frau Lindner stand ihr gegenüber, die Hände in die Hüften gestemmt und sah Paula streng an.
    Paula schlängelte sich elegant an ihr vorbei und marschierte auf das Haus zu. Zischend atmete sie die Luft aus, um den aufgestauten Ärger abzulassen. Herrje, hoffentlich sind nicht alle im Haus so wie die, hoffte sie inständig. Frau Lindner blieb ihr allerdings hartnäckig auf den Fersen, während sie den passenden Schlüssel für die Haustür am Bund suchte.
    „Und wenn das Treppenhaus nachher dreckig ist, dann müssen Sie das wegmachen. Ich werde das kontrollieren, wenn ich vom Kaffeetrinken zurück bin.“ Frau Lindner hatte ihre Stimme erhoben, wie auch ihren Zeigefinger und sah Paula streng an. Das sah auf eine eigene Art sehr komisch aus. Paula verkniff sich ein Grinsen, obwohl ihr gerade alles andere als zum Lachen zu Mute war. Sie schloss die Haustür auf und verhakte sie an der Wand. Dann stieg sie die Treppe hinauf und öffnete die Wohnungstür zu ihrem neuen zu Hause.
    Von der Türschwelle aus, ließ sie die Räume auf sich wirken: Die Frühlingssonne schien durch die Fenster und überflutete den Flur und die davon abgehenden Räume mit warmen Licht, das einladend auf sie wirkte. Es täuschte aber nicht über die leeren Räume und kahlen Wände hinweg, sowie die bedrückende Stille, die sie empfing. Keiner da zu meiner Begrüßung, bedauerte sie. Dabei beginnt ein neuer Lebensabschnitt mit neuem Job, neuer schicker Wohnung und alles in meiner Heimatstadt.
    Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in ihrer Brust aus. Aber mir geht es so schlecht wie seit Jahren nicht mehr. Ich will mich nur einbuddeln und mich vor der Welt verkriechen. Eine Träne bahnte sich den Weg aus ihrem Auge. Wütend über sich selbst, andere und einem besonderen Menschen wischte sie diese weg. Nicht unterkriegen lassen, jedenfalls nicht solange meine Sachen hier drinnen sind und ich die Tür hinter mir zu machen kann.
    „Frau Rittner, hier auf dem Karton steht nicht wo er hin soll, kommen Sie?“ Der Mann der Umzugsfirma riss sie aus ihren Gedanken, lenkte ihre Aufmerksamkeit ins Treppenhaus zurück und auf die anstehende Arbeit. Sie folgte der Stimme und war
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