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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee
Autoren: Katrin Rohde
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Tochter kümmern." Luise wollte sich nicht so ausdrücken, die Worte purzelten aus ihrem Mund heraus.
    Frau Wagner nahm es scheinbar gelassen und stand auf, wobei sich ihre Körpergröße dabei unwesentlich änderte. „Dann lasse ich Ihnen die Suppe noch hier, falls Sie später etwas mögen. Ich wünsche Ihnen gute Besserung und heiße Sie herzlich Willkommen im Haus."
    Paula lächelte sie schwach an. „Vielen Dank."
    Luise hatte sich bereits wieder gefasst und ein schlechtes Gewissen meldete sich bei ihr. „Vielen Dank, Frau Wagner."
    „Gerne." Langsam bewegte sie sich aus dem Schlafzimmer. „Ich mache die Wohnungstür jetzt zu", rief sie ihnen leise zu und verschwand.
    „Die ist aber nett." Luise drehte sich zu ihrer Tochter um.
    „Ja, netter als die, die ich gestern als erstes getroffen habe. Ein Hausdrachen, sage ich dir. Neugierig und weisungsbefugt." Paula legte die Stirn in Falten, ihr Gehirn arbeitete sehr langsam. „Wie bist du eigentlich unten hereingekommen? Du hast doch gar keinen Schlüssel."
    „Ich habe vor der Haustür eine Nachbarin getroffen, die mir geöffnet hat. Allerdings musste ich geschlagene fünf Minuten Rede und Antwort stehen, wer ich bin und was ich hier mache." Luise nahm den Platz von Frau Wagner ein.
    „Der Hausdrache. Frau Lindner. Die Frau ist die Pest."
    „Paula! Du kennst sie doch gar nicht. So redet man nicht über seine neuen Nachbarn."
    „Oh doch, die gibt es in jedem Haus. Hausdrachen, meine ich. Egal. Sag mal, wolltest du nicht zum Kegeln?"
    „Ja, aber heute Abend erst. Vorher wollten wir noch in die Sauna, aber wenn mein Kind krank ist, dann muss ich doch erst mal bei ihr vorbeischauen." Luise strich Paula zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn.
    „Mama, ich bin doch kein Kind mehr", protestierte Paula scheinheilig, denn nichts anderes wünschte sie sich jetzt mehr, als bemuttert zu werden.
    „Ach was. Einmal Kind, immer Kind." Sie kniff Paula leicht in die Wange, die ein Grinsen zu Stande brachte, das nahtlos in ein Gähnen überging.
    „Ich bin so müde. Oh“, fiel ihr etwas ein, „ich war gar nicht in der Apotheke. Ich habe vorhin das Rezept nur in die Jackentasche gestopft."
    „Kein Problem. An der Ecke ist eine Apotheke. Soll ich noch etwas Einkaufen?"
    „Ich habe nichts zu trinken. Mehr brauche ich nicht."
    Luise erhob sich. „Gut, dann gehe ich mal los. Ein bisschen Obst bringe ich dir auch noch mit. Von irgendetwas musst du doch leben." Ihr Blick fiel auf den Suppenteller. „Na ja, verhungern wirst du vielleicht nicht."
    Luise verließ das Zimmer, als ihr Paula noch hinterherrief. „Zigaretten habe ich keine mehr!"
    „Die bringe ich dir bestimmt nicht mit. Nie im Leben." Luise wühlte in der Jackentasche von Paula und fand das Rezept. „Eher bringe ich dir aus der Apotheke Nikotinpflaster mit. So langsam wird es Zeit, dass du mit dem Rauchen aufhörst." Die letzten Worte verschwanden mit dem Schließen der Wohnungstür.
    „Ja, ja", rief ihr Paula hinterher, wohl wissend, dass ihre Worte nicht mehr gehört wurden. „Heute haben sie es auf mich abgesehen. Erst der blöde Arzt und jetzt noch meine eigene Mutter." Leicht schmollend schloss sie die Augen und schlief im nächsten Moment ein.
     
    „Paula?" Ihre Mutter schaute mit zwei Einkaufstüten beladen ins Schlafzimmer herein. Paula blinzelte. „Hast du den Laden halb leer gekauft?"
    „Nur das Notwendigste. Ist dein Kühlschrank schon angeschlossen?" Luise wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern verschwand in der Küche. „Na, wenigstens das", bemerkte sie, als sie die Tür öffnete, ihr kühle Luft entgegenschlug und sie sogleich die Lebensmittel einsortierte. Mit den Tabletten aus der Apotheke und einer Flasche Wasser in der Hand, kehrte sie ins Schlafzimmer zurück.
    „Ein Glas konnte ich nicht finden." Sie reichte Paula die Tabletten und die Wasserflasche.
    „Wenn es mir morgen besser geht, fange ich an mit Auspacken." Sie drückte zwei Tabletten aus der Packung und spülte sie mit Wasser hinunter.
    „Kommt gar nicht in Frage. Ich habe schon mit Papa gesprochen. Morgen Vormittag kommen wir vorbei und bauen im Wohnzimmer und im Bad die Regale auf. Ein Kegelfreund schließt dir den Herd an. Du bleibst schön im Bett liegen und ruhst dich aus."
    Zufrieden ließ sich Paula auf ihr Kissen zurücksinken. „Das ist lieb von euch. Ich weiß nämlich noch nicht, ob ich das morgen schaffe." Sie schloss die Augen und entspannte das erste Mal an diesem merkwürdigen Tag.
    Luise sagte
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