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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind
Autoren: Nora Roberts
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hat. Könnte sein.«
    Carl D. zog sein Taschentuch heraus und wischte sich über den Nacken. »Aber mir kommt es eher so vor, als ob Bodeen die Morde nicht begangen hat. Und das würde bedeuten, dass der wirkliche Täter noch frei herumläuft. Ich hatte gehofft, ich könnte mit Tory sprechen.«
    »Sie ist nicht hier. Sie ist ...« Die Angst schnürte Cade die Kehle zu. »Sie ist zu Hope gegangen.«
     
    Tory öffnete sich, versuchte, ihn zu spüren und einzuschätzen. Aber sie sah nur Dunkelheit. Kalte, undurchlässige Dunkelheit. Das Rascheln im Gehölz bewegte sich im Kreis, und sie drehte sich mit, um sich ihm zu stellen.
    »Welche von uns hast du in jener Nacht gewollt? Oder spielte es keine Rolle?«
    »Du warst es nie. Warum sollte ich dich wollen? Sie war wunderschön.«
    »Sie war ein Kind.«
    »Stimmt.« Dwight trat auf die Lichtung. »Aber ich auch.«
    Es brach ihr fast das Herz. »Du warst Cades Freund.«
    »Klar. Cade und Wade, beinahe selber wie Zwillinge. Reich und privilegiert und gut aussehend. Und ich war ihr pummeliges kleines Maskottchen. Der dicke Dwight. Nun, ich habe sie alle hereingelegt, nicht wahr?«
    Er war zwölf, dachte sie und sah ihn an. Erst zwölf Jahre alt. »Warum?«
    »Nennen wir es einen Ritus des Erwachsenwerdens. Sie waren immer die Ersten. Einer von beiden war immer der Erste, bei allem. Aber ich war der Erste, der ein Mädchen hatte.«
    Er blickte sie amüsiert an. »Ich konnte mich nur nicht damit brüsten. So ähnlich wie bei Batman.«
    »O Gott, Dwight.«
    »Das kannst du nicht verstehen, du bist eine Frau. Bei Männern ist das so. Es hat mich gejuckt. Und warum sollte mich nicht die kostbare Schwester meines guten Freundes Cade kratzen?«
    Er sprach so leise und beiläufig, dass sich nicht einmal die Vögel in ihrem Gesang stören ließen.
    »Ich wusste nicht, dass ich sie umbringen würde. Das ist... einfach so passiert. Ich hatte heimlich von dem Whiskey meines Vaters getrunken. Wie ein Mann, weißt du? Und ich war ein bisschen benebelt.«
    »Du warst erst zwölf. Wie konntest du so etwas wollen?«
    Er umkreiste sie, ohne wirklich näher zu kommen, als wolle er Katz und Maus mit ihr spielen. »Ich habe euch zwei beobachtet, beim Nacktbaden und wie ihr hier auf dem Bauch gelegen und euch Geheimnisse erzählt habt. Dein Alter übrigens auch«, sagte er grinsend. »Man könnte sagen, ich habe mich von ihm inspirieren lassen. Er wollte dich. Dein Alter wollte dich ficken, aber er hatte nicht den Mumm dazu. Ich war besser als er, besser als alle anderen. Ich habe es in jener Nacht bewiesen. In jener Nacht war ich ein Mann.«
    Bürgermeister, stolzer Vater, liebender Ehemann, treuer Freund. Welcher Wahnsinn konnte so gut verborgen werden? »Du hast ein Kind vergewaltigt und ermordet. Und das machte dich zum Mann?«
    »Mein ganzes Leben lang musste ich mir anhören: >Sei ein Mann, Dwight<.« Seine Augen wurden kalt und leer. »>Um Himmels willen, sei ein Mann.< Wenn man eine Jungfrau ist, kann man kein Mann sein, oder? Und kein Mädchen würde mich eines zweiten Blickes würdigen.
    Das war mir klar. Jene Nacht hat mein Leben verändert. Sieh mich doch jetzt an.«
    Er breitete die Arme aus und trat einen Schritt näher. »Ich wurde selbstbewusst, habe mich in Form gebracht und schließlich das hübscheste Mädchen von ganz Progress abbekommen. Man bringt mir Respekt entgegen. Ich habe eine schöne Frau, einen Sohn. Eine gute Stellung. All das hat in jener Nacht angefangen.«
    »All die anderen Mädchen.«
    »Warum nicht? Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist - oder vielleicht kannst du es doch. Ja, vielleicht kannst du es. Du kannst ja ihre Angst spüren. Während es geschieht, bin ich die wichtigste Person auf der Welt für sie. Ich bin die Welt für sie. Das verschafft einem diesen wahnsinnigen Kitzel.«
    Sie dachte daran, wegzulaufen. Doch dann sah sie das Funkeln in seinen Augen und wusste, dass er nur darauf wartete. Entschlossen verlangsamte sie ihre Atmung und öffnete sich. Wieder war die Leere da, wie ein tiefer Brunnen, aber darum herum spürte sie einen hässlichen Hunger.
    Ihn zu erkennen und sich darauf einzustellen war ihre einzige Waffe. »Du hast diese Mädchen doch noch nicht einmal gekannt, Dwight. Sie waren Fremde für dich.«
    »Ich habe mir einfach vorgestellt, sie seien Hope und alles wieder so wie in der ersten Nacht. Es waren nur Schlampen und Verlierer, bis ich sie in Hope verwandelt habe.«
    »Bei Sherry war es nicht so.«
    »Ich wollte nicht mehr
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