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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals
Autoren: Merice Briffa
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gesucht?«
    Â»Meinst du etwa, ich hätte drei Tage gebraucht, um dich zu finden?«, grummelte Nelson. »Ich hab dir zwei Tage Zeit gelassen, dich zu beruhigen. Und heute Morgen habe ich von Langsdale aus deine Spur verfolgt.«
    Â»Oh.«
    Â»Dafür brauchst du dich nicht zu schämen. Ich zeige dir auf dem Heimweg, welche Fehler du gemacht hast.«
    Während des sechsstündigen Fußwegs zurück zur Farm erzählte Darcy auf Drängen seines Stiefvaters, was er in den letzten drei Tagen alles gemacht hatte.
    Nelson unterbrach seine Erzählung ab und zu, entweder um zu loben, wie Darcy seine Spuren verwischt hatte, oder um ihm zu sagen, wo er einen Fehler begangen hatte. Außerdem gab er ihm Tipps, wie er seine bereits beachtlichen Fertigkeiten im Busch noch verbessern könnte. Über den Grund, weshalb Darcy fortgelaufen war, wurde nicht mehr gesprochen.
    Lange Schatten fielen bereits auf das Land, und der Himmel, der gerade noch im Sonnenuntergang golden gestrahlt hatte, war verblasst, als sich der Mann mit dem Jungen der Farm näherte. Erst in diesem Augenblick wurde Darcy so richtig bewusst, wie selbstsüchtig er sich verhalten hatte. Plötzlich kam er sich kindisch und töricht vor, ein Gefühl, das er überhaupt nicht mochte.
    Als seine Mutter ihn vorwurfsvoll, aber mit Tränen in den Augen begrüßte, war er endgültig überzeugt, dass er nicht hart bestraft werden würde – bis er zu Ruans Vater gerufen wurde. Ruan selbst kam zum Cottage, um auszurichten, dass Darcy im Farmhaus erwartet werde.
    Â»Guten Abend, Nelson … Miss Jane. Vater will mit Darcy reden.«
    Â»Dann musst du zu ihm, mein Sohn«, sagte Nelson. »Und benimm dich Mr Trevannick gegenüber.«
    Â»Dir ist doch klar, dass du großen Ärger kriegst«, bemerkte Ruan, während die beiden Jungen nebeneinander über die Weide gingen. »Vater ist furchtbar wütend«, fügte er hinzu, als Darcy nicht antwortete.
    Â»Bist du wirklich weggelaufen, oder bist du nur auf Walkabout gegangen wie die wilden Aborigines?«, fragte er wenig später. »Ich würde auch mal gerne auf Walkabout gehen.«
    Darcy, der sich Sorgen darüber machte, was Ruans Vater zu ihm sagen oder was er mit ihm anstellen könnte, hatte keine Lust, Ruans Fragen zu beantworten. Angespannt drückte er seine geballten Fäuste an sich. »Halt die Klappe, Ruan, oder du kriegst eins auf die Nase.«
    Ruan blieb gelassen. »Du wirst immer gleich böse. Ich wollte dir doch gar nichts. Wir sind doch wie Brüder.«
    Â»Yeah. Bloß dass ich nie ein Weißer sein werde.« Mit dieser verbitterten Feststellung ging Darcy mit großen Schritten voran.
    Ruan versuchte gar nicht erst, mit Darcy Schritt zu halten. Im Alter von zehn Jahren musste er sich plötzlich mit Problemen von Rasse und Hautfarbe auseinandersetzen, Fragen, die in seiner frühen Kindheit nie eine Rolle gespielt hatten. Er konnte sich an keine Zeit erinnern, da Darcy nicht auf Langsdale gelebt hatte, und ihn quälte die Vorstellung, dass sich ihre Wege schon bald trennen würden.
    Da ihm in diesem Augenblick nicht danach war, ins Farmhaus zurückzukehren, schlug er den Weg zum Cottage der Benedicts ein. Er war gern in den überfüllten Zimmern mit ihrem Lärm und der liebevollen Atmosphäre. Oft wünschte er sich, er hätte mehr Geschwister als nur eine ältere Schwester. Tante Agnes und Onkel Larry, wie er die Benedicts nannte, hatten sieben Kinder, von denen die Älteste, Louisa, nur wenige Monate jünger war als er.
    Er mochte Louisa sehr gern. Sie sei seine Lieblingsschwester, sagte er oft zu ihr, obwohl sie gar nicht miteinander verwandt waren. Doch sie waren wie eine große Familie aufgewachsen: seine Schwester Etty, er selbst, Darcy und Louisa mit ihren Geschwistern. Er würde sie alle schrecklich vermissen, wenn er im Internat war. Wenn er es sich aussuchen könnte, würde er nicht gehen. Vergeblich hatte er seinen Vater zu überreden versucht, ihn wie bisher von Miss Jane unterrichten zu lassen.
    Er konnte lesen, schreiben und rechnen. Mehr zu lernen hielt er nicht für notwendig. Da er eines Tages Langsdale besitzen und betreiben würde, glaubte er, dass er lieber zu Hause bleiben und alles lernen sollte, was man über Schafzucht wissen musste. Sein Vater war anderer Meinung. Ruan sollte eine Erziehung erhalten, wie sie sich für den Sohn eines
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