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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals
Autoren: Merice Briffa
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Gentleman geziemte. Das Internat würde ihn prägen und seine Persönlichkeit formen. Ruan schmollte. Einen Jungen von zehn interessierte es wenig, was für eine Persönlichkeit er mit zwanzig sein würde.
    Tante Meggan war die Erste, die Darcy im Farmhaus traf. Er vermutete, dass sie nach ihm Ausschau gehalten hatte. Sie umarmte ihn kurz und erteilte ihm dann einen sanften Tadel.
    Â»Oh, Darcy. Wir alle haben uns ja solche Sorgen um dich gemacht. Mr Trevannick ist sehr, sehr wütend auf dich. Am besten gehst du gleich zu ihm. Er ist im Büro.«
    Das Büro war neben der Küche. Es war Agnes’ Zimmer gewesen, bevor sie ihren Amerikaner geheiratet hatte und in das Cottage für den Aufseher gezogen war. Tür und Fenster standen offen, um ein wenig Durchzug gegen die drückende Hitze zu schaffen. Mr Trevannick saß an seinem Schreibtisch, den Kopf über ein Blatt Papier gebeugt.
    Darcy klopfte an die offene Tür. Mr Trevannick blickte auf und schob seine Schreibarbeit beiseite. »Komm herein, Darcy, und mach die Tür hinter dir zu.«
    Mit zitternden Knien tat Darcy, wie ihm geheißen. Ruans Vater war der Mensch auf der Welt, dessen gute Meinung ihm am meisten bedeutete. Er liebte und bewunderte Nelson und respektierte Onkel Larry, doch vor Mr Trevannick hatte er Ehrfurcht. So große Ehrfurcht, dass er es nie fertiggebracht hatte, Onkel Con zu ihm zu sagen, wie Louisa es tat.
    Â»Ich sollte zu Ihnen kommen, Sir?«
    Der Blick, der nun auf ihm ruhte, war so streng, dass er sich auf einmal schrecklich im Unrecht fühlte. »Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?«
    Darcy schluckte. Die Spitzen seiner Stiefel schienen plötzlich ungeheuer interessant zu sein. Er betrachtete sie, während er vor sich hin murmelte: »Tut mir leid, Sir.«
    Â»Bereust du dein Verhalten aufrichtig?«
    Darcy hob kurz die Augenlider, sah Mr Trevannick an, schluckte und senkte den Blick wieder. Gleichzeitig nickte er schweigend.
    Â»Es ist einfach zu sagen, dass einem etwas leidtut , Darcy. Es wirklich zu meinen ist eine andere Sache. Ich kann dir versichern, es wird dir so leidtun, dass du nie mehr in Versuchung gerätst, einfach ohne ein Wort zu verschwinden, nie wieder. Es war sehr kindisch von dir wegzulaufen. Du hast damit das ganze Leben hier auf der Farm durcheinandergebracht. Ganz zu schweigen davon, dass deine Eltern und deine Freunde sich große Sorgen gemacht haben.«
    Der strenge Gesichtsausdruck, die dunklen Augen, die anscheinend in sein Innerstes blicken konnten, ließen Darcy zittern, während er sich angstvoll fragte, wie seine Strafe wohl aussehen mochte. Seine Unruhe verstärkte sich, je länger Mr Trevannick schwieg, bevor er weiterredete.
    Â»Bevor ich dich bestrafe, sag mir nur noch, warum du weggelaufen bist. Ich kann mir keinen einzigen guten Grund vorstellen, der all den Ärger und die Sorgen rechtfertigt, die du uns bereitet hast.«
    Darcy, dem der Mut fehlte, das auszusprechen, was er am liebsten zu seiner Verteidigung gesagt hätte, flüsterte nur: »Ich will mit Ruan zur Schule gehen.«
    Ein kaum merkliches Nicken von Mr Trevannick schien zu bestätigen, dass er diese Begründung erwartet hatte. »Man hat dir doch erklärt, warum das nicht möglich ist, Darcy. Ich weiß, dass du dich durch diese Ungerechtigkeit verletzt fühlst. Aber was hast du durch dein Verhalten zu erreichen gehofft? Dadurch, dass du weggelaufen bist, hat sich nichts geändert.«
    Im Grunde genommen war sich Darcy dessen bewusst gewesen, also murmelte er nur missmutig: »Es ist nicht gerecht. Ich bin klüger als Ruan.«
    Â»Das Leben ist oft ungerecht, mein Junge. Du kannst nicht jedes Mal weglaufen, wenn du nicht kriegst, was du willst. Nur Feiglinge laufen davon. Starke Männer machen das Beste aus dem, was ihnen das Leben bietet.«
    Â»Ich bin kein Feigling!«, erwiderte Darcy, empört über die Unterstellung, er hätte keinen Mut. »Sir«, fügte er hinzu, als Trevannick fragend eine Augenbraue hochzog.
    Â»Ein gestrengerer Mann als ich würde dir eine kräftige Tracht Prügel verpassen. Sei froh, dass ich nichts von harten körperlichen Züchtigungen halte. Ich glaube, dass eine solche Strafe häufig beim Empfänger eine nur noch stärkere Trotzhaltung auslöst.«
    Darcy seufzte innerlich vor Erleichterung. Ihm hatte davor gegraut, dass man ihn züchtigen würde. Anscheinend
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