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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke
Autoren: Susanne Fröhlich
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Die Kutsche ist wieder ein Kürbis!
     
    Als wir ohne Frühstück abgehetzt im Taxi sitzen, fällt mir mein Koffer ein.
    »Halt«, rufe ich, »Christoph, mein Koffer. Der ist im anderen Hotel. Hoffe ich. Also, der war nämlich in Hawaii und müsste jetzt eigentlich angekommen sein. Gestern Abend haben sie das jedenfalls behauptet.«
    Christoph zieht die Augenbrauen hoch und sagt: »Ich muss diesen Flieger kriegen, sonst habe ich ein echtes Problem mit der Kanzlei. Der Langner war eh nicht begeistert von meinem Ausflug. Ich muss Dienstag wieder arbeiten.«
    Wo ist der Mann von gestern hin? Schon abgeflogen oder über Nacht mutiert?
    »Bitte es ist wichtig. Wir haben noch mehr als dreieinhalb Stunden. Ich will meinen Koffer nicht hierlassen!«
    »Dann sag doch dem Fahrer, wo er hin soll, aber mach schnell!«
    Der Fahrer ist wesentlich entspannter als mein Mann. »No problem, madam«, sagt er.
    Mein Koffer ist tatsächlich angekommen, und der klitzekleine Umweg hat uns nicht einmal eine Viertelstunde unserer wertvollen Zeit gekostet. Christoph ist beruhigt.
    »Wenn wir am Flughafen sind und eingecheckt haben, gönnen wir uns erst mal ein schönes Frühstück«, schlägt er vor.
    Daraus wird leider nichts, denn als wir am JFK -Flughafen einchecken wollen, schüttelt die Schalterfrau den Kopf. Unser Flug geht ab Newark, erklärt sie uns. Blöderweise ist das nicht etwa ein Seitenterminal vom JFK -Flughafen, sondern ein komplett anderer Flughafen. Wir sind entsetzt. Panisch. Christoph wird sauer und versucht, der Frau klarzumachen, dass wir diesen Flieger unbedingt kriegen müssen. Sie bleibt freundlich.
    »You better hurry up then!«, sagt sie nur. Wir schnappen unser Gepäck und sitzen keine zehn Minuten später wieder in einem Taxi. Newark liegt genau auf der anderen Seite von New York, und das bedeutet für uns, dass wir nochmal die doppelte Strecke zurücklegen müssen. Ich fange an zu schwitzen.
    »Wie konnte das passieren, Andrea?«, fragt mich Christoph vorwurfsvoll. »Warum hast du nicht auf dein Ticket geguckt?« Habe ich, aber dieses kleine andere Kürzel ist mir einfach nicht aufgefallen. Man geht ja davon aus, dass man da wieder wegfliegt, wo man auch angekommen ist. Davon abgesehen hätte er ja genauso gut auf sein Ticket schauen können.
    »Du hast es doch auch nicht gemerkt«, gebe ich die Schuldzuweisung zurück. Wenn überhaupt, waren wir beide doof. Wir sitzen schmollend, ohne ein weiteres Wort miteinander zu reden, im Auto, und keiner, der uns so sehen könnte, würde uns mit dem Paar von gestern Abend in Verbindung bringen. So schnell kann’s gehen! Alle fünf Minuten frage ich angstvoll beim Fahrer nach, ob er glaubt, dass wir es schaffen.
    »Hope so!«, sagt er immer nur knapp.
    Seine und unsere Hoffnungen erfüllen sich. Wir zahlen fünfundsiebzig Dollar – zusätzlich zu den fünfzig Dollar, die wir bereits für die Strecke zum JFK -Flughafen gezahlt haben. Das Geld hätten wir wahlweise auch verbrennen können.
    Beim Check-in begrüßt uns die Frau mit den Worten: »You are late.«
    Als ob wir das nicht wüssten. Wirklich eine schlaue Bemerkung! Aber sie nimmt unsere Koffer entgegen, das heißt ja wohl, dass wir auf der Maschine mitkommen. Immerhin. Auch Christophs Gesicht wird wieder freundlicher. Er ist extrem schlecht zu Fuß und sagt, dass seine Oberschenkel sich anfühlen, als gehörten sie nicht zu ihm, sondern zu einem Hundertjährigen. Ich habe eine selbstlose Eingebung und bitte die Frau, unsere Plätze zu tauschen. Christoph kapiert zunächst gar nicht, was das soll.
    »Willst du mir den Fensterplatz überlassen, oder warum machst du das?«, fragt er verwirrt.
    »Nein«, sage ich, »du fliegst Business Class und ich hinten!«
    Er steht auf der Leitung, die Bodenstewardess hingegen versteht sofort, was ich will. Ich bin eine selbstlose, großherzige Person und fühle mich seelenverwandt mit Mutter Teresa, hoffe aber insgeheim, dass die Schalterfrau ein Herz für mich hat und mich auch in die Business Class steckt. Tut sie aber nicht. Als bei Christoph doch noch der Groschen fällt, will er mein Angebot nicht annehmen.
    »Keine Diskussion«, lehne ich ab und fühle mich noch heroischer. Er gibt erstaunlich schnell auf.
    Zum Glück kommen wir schnell und, für amerikanische Verhältnisse, unproblematisch durch die Sicherheitskontrollen
und sitzen fünfundvierzig Minuten später total geschafft im Flieger. Ich hinten, er vorne. Kurz nach dem Start klappt mein Vordermann seine Lehne
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