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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke
Autoren: Susanne Fröhlich
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Beste, was man ihr von hier mitbringen könnte. Die Frauen vor mir, vor allem aber die Teenies, lassen sich reihenweise mit ihm fotografieren.
    »You want one too?«, fragt die Frau, die schon eben die getarnten Woody-Fotos gemacht hat. Warum nicht? Claudia jedenfalls wäre von einem solchen Foto sicherlich beeindruckter als von dem mit Woody Allen.
    »Yes, thank you!« Er nimmt mich in den Arm und fühlt sich wirklich gut an. Ausgesprochen gut.
     
    Im Laden ist es stockduster. Anscheinend aber kein Stromausfall, sondern Konzept. Soll man die Waren ertasten? Statt knackigen Waschbrettbauchkerlen sollten sie lieber Blindenhunde zur Verfügung stellen. Claudias diverse Bestell-SMSe kann ich hier drin jedenfalls nicht lesen. Und ich gehe auf keinen Fall nochmal raus. Nachher muss ich mich wieder hinten in der Schlange einreihen. Ich bin nur kurz hier und möchte nicht meine komplette New-York-Zeit in einem Klamottengeschäft verbringen. Egal wie trendy es auch sein mag. Dass man wenig sieht ist das eine, das andere, dass wahnsinnig laute Musik durch das Geschäft dröhnt. Sorgen die so dafür, dass man auf keinen Fall zu viel Zeit hier verbringt, oder ist die Lautstärke auf Schwerhörige abgestimmt? Ich will eigentlich nichts als raus hier. Auch Woody ist mir entwischt. Mist – ich hätte zu gerne gesehen, was er einkauft. Wäre doch auch eine nette Geschichte für daheim. Nach dem Motto: Ja, der Woody Allen und ich, wir wollten beide dieses T-Shirt, und dann hat er es mir netterweise überlassen, und dann haben wir noch ein bisschen geredet, und dann …
    Ich überlege, ob ich nach einer Taschenlampe fragen soll. Zu viel Aufwand, entscheide ich, und greife mir einen Kapuzenpulli in irgendeiner dunklen Farbe. Könnte Schwarz sein, Dunkelgrau oder Dunkelblau. In riesigen Lettern steht der Markenname drauf. Schon bekloppt – da läuft man freiwillig Reklame für ein Unternehmen, das einem dafür nicht einen Euro zahlt. Aber ohne Aufdruck wissen die anderen ja nicht sofort, was man da anhat, und dann könnte man ja auch irgendeinen No-Name-Kapuzenpulli anziehen. Ein Pulli und ein Top. Das muss reichen. Obwohl meine Tochter erst zwölf ist und kein Moppel, entscheide ich mich gegen XS . Das sieht so winzig aus, das
passt, wenn überhaupt, nur Woody Allen. Für mich nehme ich XL und bin im Zweifel, ob das reicht. Für Menschen jenseits Größe 38 ist dieser Laden keine Fundgrube. Ich laufe noch einmal durch dieses dunkle Etwas, um zu gucken, wo der kleine Woody steckt, entschließe mich dann aber, aufzugeben und den Laden zu verlassen.
    Nicht nur meine Ohren freuen sich, als ich wieder draußen bin. Ich erkunde die Fifth Avenue, schlendere durch diverse Geschäfte und bin begeistert. Ich weiß nicht, ob ich hier leben wollte, diese Stadt ist einfach hektisch, aber so zum Gucken und Staunen einfach wunderbar. Und zum Einkaufen auch. Die meisten Läden auf der Fifth sind zwar sauteuer, aber wenn man sucht, findet man doch immer was. Einiges sogar. Ich kaufe mir eine Jeans, für jeden aus der Familie ein I-love-New-York-T-Shirt, den Klassiker mit dem Herz drauf, Unterwäsche mit niedlichen Spitzen und einem Schleifchen über dem Po und für meinen Vater eine Kappe fürs Golfspielen.
     
    Nachdem ich mich im Hotel umgezogen habe, der Kapuzenpulli passt tatsächlich und die neue Jeans sieht richtig gut aus, starte ich zum Highlight des Tages. Jetzt werde ich unter vierzigtausend Läufern meinen Mann finden. »Ich bin Pessimist für die Gegenwart, aber Optimist für die Zukunft«, mit diesem Zitat von Wilhelm Busch mache ich mich auf den Weg, den Marathonstreckenplan in der Hand.
    Ich werde zu verschiedenen Punkten gehen, schauen, ob ich ihn erwische, und ansonsten eben im Ziel ausharren, bis er auftaucht. Mein erstes Ziel ist die Fünfundzwanzig-Kilometer-Marke, auf der Queensboro Bridge. Diese Brücke verbindet Queens mit Manhattan. Am liebsten würde
ich mit dem Taxi fahren, aber der erste Fahrer, den ich erwische – ich habe mich, wie man das in Filmen immer sieht, auf die Straße gestellt, mit erhobenem Arm ein Taxi herangewinkt und mich dabei wie eine waschechte New Yorkerin gefühlt – sagt mir, dass heute mit dem Taxi, wegen des Marathons, kaum ein Durchkommen ist. Er empfiehlt mir die U-Bahn. Zum Glück ist der Hauptbahnhof nicht weit weg von meinem Hotel, und ich schaffe es, mich durchzufragen.
    Als ich mir eine Tageskarte kaufen will, klingelt mein Handy. Ich will mich schon beim Universum bedanken, da sehe ich
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