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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke
Autoren: Susanne Fröhlich
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Puppenhaus von Anfang an gehasst. Sie ist zwar noch in einem Alter, in dem man noch wunderbar damit spielen könnte, sie hat seine Existenz aber längst vergessen und wird es mit Sicherheit nicht vermissen.«
    Das Einstellen bei eBay funktionierte recht einfach.
    »Sei mutig und biete die Sachen ab einem Euro an. Da denken die Leute, sie könnten einen Riesenschnapper machen«, hatte mir Heike empfohlen, und da sie eine kluge Person ist, hatte ich mich daran gehalten.
    Dann hieß es abwarten. Sieben Tage, und dann würde der Rubel rollen. In diesen sieben Tagen hatte ich Stunden vor dem Computer verbracht. Bis endlich das erste Angebot einging, verstrichen zwei Tage. Zwei Euro fünfzig! Ich gebe zu, das hatte mich doch ein wenig nervös gemacht. Die Vorstellung,
am Ende nur zwei Euro fünfzig für das Puppenhaus zu bekommen, war ernüchternd. Und irgendwie auch ein wenig beleidigend. Mit dieser Beschreibung und diesem Produkt – da sollte doch mehr drin sein. Ich musste mich schwer zügeln, um nicht jede Viertelstunde in den Keller zu rennen, um nachzuschauen, ob sich schon was getan hatte. Wenn man sich schon so bemüht, dann möchte man auch, dass es was bringt! Während man seine Zeit damit verbringt, das eigene Angebot zu beobachten, bleibt auch noch genug Zeit übrig, um ein bisschen bei eBay herumzustöbern. Um es kurz zu machen: Bis meine Sieben-Tage-Frist abgelaufen war, hatte ich einen Kaffeevollautomaten und eine angeblich original Prada-Handtasche ersteigert. Beides zusammen für fünfhundertziebzig Euro. Insgeheim war mir schon klar, dass mein, also besser gesagt, Claudias Puppenhaus nicht ganz so viel abwerfen würde. Schließlich hätte es dafür wenigstens auch von Prada und nicht aus Holz, sondern aus Gold sein müssen. Designerpuppenhäuser – das könnte eine Marktlücke sein. Gucci-Puppenhäuser oder Chanel-Häuschen. Warum baut die eigentlich keiner? Da draußen waren doch genug bekloppte Frauen. Und wenn das Puppenhaus der Tochter zum Handtäschchen der Mami passt, dann könnte das doch für Frauen, die schon alles haben, ein schlagendes Kaufargument sein. Oder auch Puppenhäuser, die wie die Originalhäuser, beziehungsweise die Villen der Leute aussehen. Von Stararchitekten nachgebaut. Puppenhauskinderzimmerchen, die bis aufs Kuscheltier identisch sind mit dem Kinderzimmer des verzogenen Nachwuchses. Musste ich mir unbedingt notieren. Ich führe nämlich diverse Listen. »Dinge, die ich dringend mal machen will«, »Dinge, die sich lohnen könnten«, »Dinge, die ich noch lernen muss« und meine
Lieblingsliste: »Leute, die mich mal können.« Eine Liste, die etwa so schnell wächst wie die Staatsverschuldung eines Entwicklungslands und auf der gewisse Leute sich nach und nach in die Poleposition vorarbeiten.
    Ich bin nämlich nicht nur ein bisschen nachtragend und raffgierig, sondern auch noch einen kleinen Hauch rachsüchtig. Aber wie lautet das kluge Sprichwort? – Rache ist eine Speise, die kalt genossen werden muss. Deshalb habe ich auch meine feine kleine Liste angelegt, um selbst nach Jahren noch zu wissen, wer mich so schlimm verärgert hat, dass ich das auf keinen Fall ungesühnt auf mir sitzen lassen kann. Es gibt ja Leute, die halten, so wie in der Bibel empfohlen, auch noch die zweite Wange hin, wenn sie auf die erste was draufbekommen haben – ich bewundere diese Haltung sehr, so viel Großmut ist fantastisch –, mir würde ein solches Verhalten aber im Traum nicht einfallen. Weil ich leider auch ein wenig zur Vergesslichkeit neige, führe ich also diese Liste. Irgendwann, und wenn es in der Seniorenwohnanlage ist, werde ich die Zeit haben, sie abzuarbeiten, und niemand wird auch nur ahnen, wer sich da rächt, weil der Anlass schon Jahrzehnte zurückliegt. Raffinierte Taktik, finde ich, und vor allem werde ich so, im Gegensatz zu den anderen Alten in meinem Heim, noch schön was zu tun haben. Schließlich braucht der Mensch eine Aufgabe. Natürlich besteht bei dieser Taktik die Möglichkeit, dass ein Großteil der Leute, die auf meiner Liste stehen, schon tot sein wird, aber das ist ja dann schon Strafe genug.
    Zurück zu meinen eBay-Einsteigerfahrungen. Ich hatte nicht erwartet, dass da draußen in der großen Welt der eBay-Anhänger so dermaßen viele begriffsstutzige Menschen waren. Trotz meiner ausführlichen Beschreibungen blieben anscheinend noch zahlreiche Fragen offen. Bei
eBay hat man die Möglichkeit, dem Verkäufer Fragen zu stellen. Eine Funktion, über die man
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