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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke
Autoren: Susanne Fröhlich
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Eigentumswohnung anzahlen können. Die Verkäuferin war so beglückt, dass sie wahrscheinlich erwogen hat, nach mir den Laden zu schließen, weil ich den Tagesumsatz gerettet hatte. Habe damals bei Christoph auch ein ganz klein wenig geschwindelt, was den Preis anging. Die Begeisterung unserer Tochter würde schließlich alles wettmachen. Für die lieben Kleinen sollte einem nichts zu teuer sein. Außerdem wird Geschmack in frühester Kindheit geprägt, und da sollte man nichts unversucht lassen, um die Kleinen auf den richtigen Weg zu führen. Dachte ich jedenfalls. Das war allerdings ein grober Irrtum. Claudia hatte Weihnachten ein Gesicht gezogen, als hätte sie versehentlich das Geschenk für ein anderes Kind ausgepackt oder als würde sie unter dem falschen Baum sitzen. Sie war, ehrlich gesagt, absolut sprachlos. Leider nicht vor Begeisterung, sondern vor Entsetzen. Gut, sie hatte sich ein Puppenhaus aus Vollplastik gewünscht. Irgend so ein Playmobilteil. Wir (also ehrlich gesagt ich) dachten, so ein Holzteil sei wesentlich hochwertiger (Christoph neigt nicht dazu, sich über Kindergeschenke allzu viel Gedanken
zu machen), und man hat länger davon. Hat man bestimmt auch. Vor allem, wenn man, wie Claudia unsere Tochter, es kaum benutzt. Holz ist leider nicht so bunt wie Plastik. Vor allem hat es weniger rosa Anteile. Und es ist nun mal Holz. Ein eklatanter Fehler in unserem Fall. Wir haben fast das Doppelte ausgegeben (unglaublich, wie teuer kleine Holzklos sein können) und hatten dafür ein Kind, das bitterlich enttäuscht war. Das hat man dann von all der Pädagogik! Mir tat Claudia in dem Moment eigentlich leid, aber Weihnachten ist ja nun mal auch kein schnöder Bestellvorgang, bei dem genau das geliefert wird, was man sich wünscht. Ich weiß, wovon ich rede!
    Schon deshalb war es die brillanteste Idee schlechthin, das Puppenhaus als erstes Versteigerungsobjekt auszuwählen. Vielleicht existierten da draußen, in der eBay-Gemeinde, ja Menschen, die solch ein Prachtpuppenhaus zu schätzen wussten. Es genügte ja, wenn es mehr Mütter wie mich gab. Bis ich alle Teile zusammengesucht hatte, vergingen Stunden. Zum Glück war wenigstens das Puppenhaus schnell gefunden. Im Keller. Sicherheitshalber hatte ich vorher nicht bei Claudia um Erlaubnis gefragt. Man kennt das ja von sich selbst. Auch wenn man etwas jahrelang keines Blickes mehr gewürdigt hat, entdeckt man plötzlich seine unbändige Liebe dafür und kann sich keinesfalls davon trennen, sobald es tatsächlich weg soll. Mir ist dieses Phänomen nicht fremd. Wenn ich Klamotten aussortiere und sich dann erstaunlicherweise jemand anderes dafür interessiert, fällt mir das Hergeben ungemein schwer. Manchen Frauen geht das sogar bei Männern so. Man trennt sich, weil man den Anblick kaum noch ertragen kann, nahezu allergisch auf den Kerl reagiert, und dann kommt da eine andere Frau, signalisiert Interesse, und schwups ist
man selber unsicher. Offenbar muss ja doch was an dem Kerl dran sein, wenn ihn eine andere haben will. Hergeben ist generell eine schwierige Angelegenheit. Egal, worum es sich handelt!
    Die Puppenhaus-Aktion musste also eine geheime Mission bleiben. Ich wühlte unzählige Kisten durch, und wäre Claudia in der Nähe gewesen, hätte ich mein Schweigen auch garantiert gebrochen. Schon aus Zorn. Wie konnte man seinen Krempel nur so wahllos verstreuen? Was zog ich da bloß für eine maßlose Schlampe groß? Wo sollte das bloß enden? Würde sie später Star in einer dieser Messy-Serien bei RTL 2 ? Oder eine der Frauen, die beim Frauentausch vor laufender Kamera von der Tauschmutti als Dreckschlampe beschimpft würde?
    Puppenhöckerchen in der Lego-Kiste, der Esstisch im Playmobil-Zoo und zwischen etwa dreißig Barbies das Doppelstockbett. Mittendrin noch einige vergammelte Ostereier, die nach gar nichts mehr schmeckten (ja, ich gebe es zu, ich habe eines probiert!), und eine verschrumpelte Mandarine, die aussah wie eine Mandarinenmumie. Ekelhaft! Das Reliheft mit einer Arbeit, die ich noch nie gesehen hatte ( 3 – ), steckte im Barbie-Wohnmobil. Immerhin – perfekte Tarnung. Ein Versteck, auf das ich sonst wohl erst nach ihrem Auszug gestoßen wäre. Um internationalen Hygienestandards zu genügen, wären Op-Handschuhe und ein Mundschutz bei dieser Suche eigentlich das Minimum an Ausstattung gewesen. Und literweise Sagrotan. Schon, um akuter Ausschlaggefahr vorzubeugen. Das Ärgerliche an der Sache war vor allem, dass ich nicht mal über das
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