Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan
Autoren: Elisabeth Rapp
Vom Netzwerk:
auch keinen mit Maika. »Wenn die alle so gut sind wie die vorhin, kauf ich sie dir ab«, sagt sie zu ihm.
    Mehmet nickt und reißt seine Liste aus Noras Schreibblock. »Ich geh wieder rüber.« Aber dann blättert er und bleibt an einem Text von Nora hängen.

    Sie sieht es sofort und will ihm den Block abnehmen, aber da deklamiert er auch schon laut:
    »Wenn die Party aus ist, geht der Beat auf Reise,
und die Bässe werden leise.
Nimm den Nachtbus, fahr nach Hause, kühl die Füße ab …«
    »Mehmet, hör auf!« Nora springt auf.
    Er lehnt sich zurück, dass sie ihn nicht zu fassen kriegt. »Das ist gut! Moment, jetzt geht’s auf Englisch weiter.
    Cleaning up the Club, it’s a lot to scrub
No attraction, lonely action.«
    Noras Stimme ist eiskalt. »Dein Englisch ist Scheiße, Wichser.«
    Sie sieht aus wie seine kleine Schwester kurz vorm Wutanfall. Das findet Mehmet witzig und macht einfach weiter.
    »Ich bin die Putzkraft, die nach dir das Licht ausmacht …«
    Maika reißt ihm das Heft aus der Hand. »Alder, du weißt nie, wenn Schluss ist«, sagt sie langsam.
    In ihrem Blick liest Mehmet nur Bedauern, und das ernüchtert ihn. »Sorry, ich finde das Lied gut. Was is?«
    Keath sieht ihn an und schüttelt den Kopf.
    »Du wolltest zahlen, Penner.« Nora stopft den Block in die Tasche und sieht ihn nicht an.
    »Du schreibst Lieder, das find ich klasse, echt.« Mehmet versucht sein Bestes.
    »Das war Scheißdreck peinlich, Wichser. Und weißt du, wieso? Das war nicht fertig. Das ist wie labern ohne denken. Wie
ein Mix ohne Bassline, verstehst du, was ich meine? Nicht fertig. Und du hast es beschissen vorgetragen, um mich vorzuführen. Aus meinem Heft, das dich einen Scheißdreck angeht. Kapiert? Das ist wie laut deinen Kumpels aus dem Tagebuch von deiner Freundin vorlesen und ablachen. Ahnst du, was ich meine? Das ist Vertrauensmissbrauch.« Nora steht auf. »Du blechst. Alles, Alder. Und du entschuldigst dich bei mir.«
    Das war die längste Rede, die Mehmet je von Nora gehört hat. Er hat jedes Wort verstanden und springt ebenfalls auf. »Tut mir leid, Nora. Entschuldige bitte. Aber hat da wer gelacht?« Mehmet zieht die Schultern hoch und breitet die Arme aus. »Das is’n Lied, und es ist gut. Und es ist dein Heft. Und ich zahl dann mal.« Er stapelt das Geschirr und verkrümelt sich.
    Die Verhandlung am Tresen wird laut und auf Türkisch geführt. Nora versteht Mehmets mehrmals in ihre Richtung deutenden Daumen so, dass er alles bezahlen will. Aber er hat keine Chance, der Geldbeutel bleibt in seiner Gesäßtasche.
    »Mehmet hat’s gut. Die ganze Sippe ist hier, und er kann überall leckere Sachen kriegen«, seufzt Maika, für die nie jemand kocht.
    »Bist du noch sauer auf unseren Freund, das kleine Arschloch? «, fragt sie Nora.
    Nora zuckt mit den Schultern.
    Alle vier brüllen – »Teşekkür ederim, güle güle« – durch die offene Tür und ernten wortreiche Erwiderungen, die zumindest für drei unverständlich sind und ihre Kieztürkischkenntnisse sprengen, bloß Mehmet grinst und winkt ab. »Eins noch, könnt ihr morgen doch schon um vier anfangen und mir dann im Kültürverein beim Aufbau helfen? Achmets Beschneidungsfest ist am Wochenende.«
    Geht klar, alle nicken die Bitte ab, satt wie sie sind.

    »Kommst du noch mit?«, fragt Keath Nora und hievt seine Vespa vom Ständer.
    »Nee, muss nach Hause«, sagt Nora und schultert ihre Tasche.
    »Ich fahr dich«, er grinst, »als orthopädische Maßnahme gegen Haltungsschäden.«
    »Hast du ’n zweiten Helm?«
    Hat er nicht. »Sorry.«
    »Gut. Der wär mir sowieso zu groß.«
    Nora hört Mehmet zu Maika sagen: »Frauen haben kleinere Gehirne.«
    Worauf Maika sagt: »Klar, wir haben auch nicht so viel Scheiß im Hirn wie ihr.«

02
Hartes Leben. Weiches Licht. Mensch, ärgere dich nicht
    Keath ist weit und breit nicht zu sehen. Maika ist nicht da. Mehmet versetzt sie per SMS. Sie soll schon mal fegen und dann so schnell wie möglich zum türkischen Kültürverein rüberkommen, lässt er sie wissen.
    Das ist der Klassiker. Nora kennt das und ist kurz vorm Explodieren. Sie hält sich immer an Absprachen, sie kann nicht anders. Wie ein Hund unter Leinenzwang an seinen Halter, so fühlt sie sich an ihr Wort, an ihre Versprechen oder an ihre Zusagen gebunden. Sie ist überhaupt nicht auf die Idee gekommen, an der gemeinsamen Putzverabredung zu zweifeln. Doch sie ist die Einzige vor Ort, und die Einzige, die sich darauf gefreut hat. Bescheuert.
    Nora
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher