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Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan
Autoren: Elisabeth Rapp
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Alter.«
    Das macht der und jagt Nora quer durch den Raum – zur Strafe dafür, dass sie ihn hergepfiffen hat.
    »Oh, nein, wie hübsch!« Der spitze Ausruf der Bewunderung kommt von Maika und gilt der einsamen Girlande, deren abgerissenes Ende senkrecht von der Decke herabbaumelt. »Hier soll die Beschneidungsparty steigen?«
    Sonst wären sie nicht da. Mehmet verliert keinen Ton und steckt das Mikro in die Buchse. Maika ist spät dran, wie immer.
    »Hundertsiebzig Gäste?«, fragt sie gedehnt und zupft an dem angekokelten Ende der Girlande. Beim letzten Fest wurde offensichtlich die Deko flambiert.
    Ein Haufen Gäste werden kommen, genau so ist es. Und deshalb gibt es noch jede Menge Sachen zu erledigen. Die Familie sitzt Mehmet im Nacken und erwartet selbstverständlich, dass er sich um alles kümmert. Und auf der anderen Seite erwartet Leif, dass er ihm die Arbeit abnimmt.
    Mehmet ist im Stress. »Hinter der Tür sind Tischplatten, Böcke und Stühle. Aufbauen, zack, zack.«
    Bloß Keath und Nora folgen seiner Aufforderung und stellen nebeneinander fünf Tische für das Büffet auf. Maika will tratschen.
    »Wie alt ist Achmet?«
    »Sieben.« Drei Jahre älter als die Zwillinge.

    »Er ist schon beschnitten, oder? Das wird doch nicht etwa hier …?«
    »Nein, Maika. Natürlich wurde er schon – im Krankenhaus, vor zwei Wochen.« Jetzt spricht Mehmet so langsam, als habe er es mit einer Schwachsinnigen zu tun.
    Das macht Maika nichts aus. Sie findet das Thema interessant, also bohrt sie weiter: »Tut das weh?«
    Als Kommentar heftet Mehmet einen herausfordernden Blick auf Maika, der sie letztlich doch davon abbringt, auf den Reißverschluss seiner verstaubten Jeans zu starren.
    Keath ist auffallend still, unbeteiligt, fast so, als sei er gar nicht da.
    Maika sieht ihn neugierig an: »Was, du auch? Du bist doch gar kein Moslem.«
    No comment. Er hat keinen Bock, ihr zu erklären, dass er schon als Säugling beschnitten wurde. Für seinen nigerianischen Vater ist das selbstverständlich gewesen, seine deutsche Mutter hält es für hygienischer, ihn haben sie nicht gefragt, Maika geht es nichts an.
    Nora will nicht wissen, wieso, weshalb, warum und wer beschnitten worden ist. Sie will sich Keath und Mehmet nicht ohne Hosen vorstellen. »Fass an«, sagt sie zu Maika, und dann bauen sie zu dritt im Akkord Tische auf und die schwankenden Stuhltürme ab.
    »Ich teste mal die Anlage. Hast du …?«
    Nora kommt Mehmet zuvor und reicht ihm die beiden klassischen Sufi-Musik-Aufnahmen, die er bei ihr bestellt hat.
    »Fünf?«, fragt Mehmet und zieht seinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche.
    »Zehn«, sagt sie. »Wenn dein Portemonnaie vorhin nicht so fett gewesen wär, wärst du auch nicht stecken geblieben.«

    Das stimmt. »Wo hast du die aufgetrieben?« Er hat selbst ewig danach gesucht.
    »War nicht schwer.« Das wiederum stimmt nicht ganz. Im Netz ist sie diesmal auch nicht fündig geworden, aber in der Musikbibliothek hat sie Glück gehabt. Es ist unwahrscheinlich, dass Nora einen Tonträger letztlich nicht aufspürt.
    Ein Turm gestapelter Stühle ist noch übrig. Keath angelt den obersten herunter.
    Mehmet wird langsam hektisch. Gleich rückt seine Mutter mit vier Tanten an, um den Raum zu dekorieren. Wenn sie ihn antreffen, kommt er hier gar nicht mehr raus. Dann wird er gelöchert und gemästet im fliegenden Wechsel. Ihre Kommentare laufen immer nach dem gleichen Muster ab. Er kann sie jetzt schon hören, obwohl sie noch nicht da sind.
    »Mehmet, weißt du, wer kommt?«
    »Nein.«
    »Nefise, die Tochter von Bülent Kizildag. Siebzehn und soooo hübsch. Stell dir vor, sie wird Bankkauffrau und hat einen Ausbildungsplatz bei der Deutschen Bank! Ist das nicht wunderbar?«
    »Äh, nein.«
    »Nimm, Mehmet.«
    »Nee, danke.«
    »Iss, greif zu. Gül Tatlisi magst du doch …«
    »Hayir. Nein!«
    » Semiha kennst du .«
    »Nein.«
    »Wie hat die sich rausgeputzt und so viel Gewicht verloren. Sie ist die Nichte von Arslan Gencer – du weißt, wer das ist. Nein? Na so was, ich werde sie dir vorstellen. So ein nettes Mädchen, Arzthelferin …«
    Und wenn er sich nicht füttern lässt und vor Dankbarkeit über
ihren Kupplerinneneifer nicht ausflippt, nehmen sie ihn unter Beschuss.
    »Hast du endlich die Tontechniker-Lehrstelle bekommen?«
    »Nein.«
    »Langsam musst du dir aber etwas mit Zukunft suchen, Mehmet. Du wirst auch eine Familie haben, und dann musst du für sie sorgen können.«
    Dann wieder die sanfte Tour:
    »Du
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