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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so
Autoren: Holger Montag
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Sinn, an und in denen wir miteinander geschlafen hatten. Aus, vorbei. Die Vermutung, dass wir das alles nie wieder miteinander teilen würden, überzeugte mich irgendwie von der Endgültigkeit unserer Trennung.
    Ich arbeitete immer noch in der Bilderabteilung dieses beschissenen Baumarktes, doch ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis ich alles hinwarf. Der Laden brummte, aber die Abteilung war dem Filialleiter ein Dorn im Auge, ich bekam von allen Seiten Knüppel zwischen die Beine geworfen. Wenn ich zwischendrin mal etwas Muße hatte, versuchte ich mir meine nähere Zukunft vorzustellen. Aber es war Herbst, meine Energiereserven hatten sich auf ein Minimum reduziert, und diese Gedanken deprimierten mich ohne Ende.
    Meine Abende verbrachte ich meist alleine, mir war nicht nach Ausgehen zumute. Die Ninja-Trickfilme auf dem Kinderkanal ließ ich aus, aber zum Glück liefen gelegen tlich ein paar Klassiker mit Tom und Jerry, den Feuersteins und dem Roadrunner. Ein paar Vertraute um mich herum waren genau das, was ich brauchte. Jeden Abend kam mindestens eine Folge, bis auf die Wochenenden, an denen ich dem Fernsehterror hilflos ausgeliefert war.
    Außer ihnen hatte ich nicht viele Freunde, auf die ich mich verlassen konnte, und der beste von ihnen, Christian, hatte gerade beruflich in New York zu tun. An einem Sonntagnachmittag rief er mich an, in Amerika musste es früher Morgen sein.
    „Du?“ Ich war überrascht. „Wo bist du?“
    „Am Bahnhof. Eben angekommen. Kannst du mich abholen?“
    Ich musste zugeben, dass dies eine willkommene A bwechslung von meinem Sonntagstrott bedeutete, und ich freute mich darauf, Chris wiederzusehen. Keine fünf Minuten später saß ich im Wagen und jagte quer durch die Stadt.
    Carolin und Christian waren früher mal ein Paar gewesen, und ich war der Meinung, dass keiner von ihnen jemals einen gleichwertigen Ersatz für den anderen auftreiben konnte. Beide waren inzwischen mehrfach wieder liiert gewesen, aber es gab nun mal Menschen, die erst im Zusammenspiel mit dem passenden Partner in der Lage waren, ihr volles Potential zu entwickeln. Caro und Chris gehörten eindeutig dazu, bloß hatten sie umgekehrt auch die Begabung, sich gegenseitig tierisch auf die Nerven zu gehen. Jede ihrer Handlungen war derart explosiv, dass an ein friedliches Miteinander irgendwann nicht mehr zu denken gewesen war.
    D ie Landschaft draußen sah aus, als habe man sie mit einer Weichzeichnerlinse fotografiert. Ich ließ sie wie einen Film vor mir ablaufen, selbst die Geräusche schienen gedämpft zu sein. Das Radio war kaputt, aber das machte nichts. Bei dem Wetter fing meine Karre immer an zu kränkeln, da musste man die Ohren offen halten und auf jedes seltsame Geräusch achten, wenn man keine böse Überraschung erleben wollte.
    Ich suchte gar nicht erst nach einem Parkplatz, so ndern hielt gleich vor dem Haupteingang. Menschen rannten rein und raus, bepackt mit allerlei Taschen, Rollkoffern und Rucksäcken, und ich bedauerte die armen Schweine unter ihnen, die kein Auto besaßen und auf ihre Jahreskarte angewiesen waren, wenn sie’s in der Stadt nicht aushielten. Anstatt sich einfach in ihren Wagen zu setzen und durchzustarten, richteten sie ihre Tagträume nach dem Raster der Fahrpläne aus, die in den Schalterhallen dieser Welt aushingen.
    Christian stand an der Theke der Bahnhofswirtschaft, die von den üblichen Typen bevölkert war. Einer von ihnen, ein kleiner Rothaariger mit Bomberjacke, redete ziemlich lebhaft auf ihn ein, als ich die Tür aufzog. Innen war alles voller Rauch, in der Ecke dudelte ein Spielautomat.
    „Häh? Sag schon, findste das komisch?“, schrie der Kleine Christian an.
    „Nein“, sagte er.
    „Doch“, der Mann nickte heftig, „doch, das findste komisch.“ Irgendwas an seiner Haltung verriet mir, dass er gleich zuschlagen würde.
    „Hey, um was geht’s denn hier?“, fragte ich gut g elaunt, um dem Ganzen die Schärfe zu nehmen. Der Kleine wirbelte auf dem Absatz herum und guckte mich von oben bis unten an. Er war schon älter, irgendwo zwischen fünfzig und sechzig, und hatte eine gewaltige Fahne. Aber das hatte nichts zu bedeuten, ich kannte diese Typen, die konnten ziemlich zäh sein.
    „Bist du ein Freund von dem da?“ Er wies mit dem Kopf in Christians Richtung.
    Ich tat, als sehe ich ihn zum ersten Mal und fragte: „Wo liegt das Problem?“
    „Kein Problem“, sagte Chris und legte dem Kleinen seine Hand auf die Schulter. Das hätte
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