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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so
Autoren: Holger Montag
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die letzten Tropfen aus der Bierflasche und ließ mich weiter berieseln. Sonja machte keine Anstalten, nach Hause zu kommen, und das Programm verschlechterte sich weiter. Während ich so dasaß und mich von Snooker-Billard über einen Billigporno zu türkischem Fußball durchhangelte, fragte ich mich, wo sie wohl stecken mochte und wie viele Typen wie ich wohl um diese Zeit darauf warteten, dass ihr Leben weiterging.

 
    2
     
    Ich war heilfroh, Carolin zu sehen. Keine Ahnung, womit das zusammenhing, aber meine schlechte Laune verflog bereits, wenn sie nur auftauchte. Die meisten Männer, die ich kannte, verfügten über einen besten Freund, ich vertrat die Ansicht, dass sie nicht wussten, was ihnen gegenüber einer besten Freundin entging. Mir war’s egal, ich hatte schließlich eine, sie brachte Neuigkeiten.
    „Rat mal, was hier drin ist .“ Sie strahlte übers ganze Gesicht und hielt mir eine Jutetasche entgegen. Außen waren ein Pandabär und das Signet des WWF aufgedruckt. Ich legte den Bilderrahmen beiseite und schüttelte etwas Sägemehl vom Ärmel.
    „Eine Giraffe?“
    „Rätst du nie“, meinte sie.
    „ Schön, dann eben nicht. Also?“
    „Es ist“, sie zog einen Katalog hervor, „eine Reise .“
    „ Toll“, sagte ich.
    „Ja. Wir wollen doch im Herbst nach Bulgarien, und ich dachte mir, bevor Armin sich’s anders überlegt, buche ich doch lieber gleich. Vierzehn Tage mit allem Drum und Dran, guck mal! Und das Beste ist, dass wir eine richtige Suite kriegen, weil die Zimmer nicht ausgebucht sind.“
    „ Super“, sagte ich ohne rechte Begeisterung. Dass unsere Geschmäcker in Sachen Urlaub auseinander gingen, wusste ich seit längerem, und die Erwähnung von Armins Namen löste auch keinen Jubel bei mir aus. Wenigstens beruhte unsere Antipathie auf Gegenseitigkeit.
    „Na, du bist ja drauf heute “, sagte sie und steckte ihren Katalog wieder ein. „Ärger mit Sonja?“
    „Nur das Übliche.“ Ich kaschierte die Schnittkanten des Rahmens mit Wachs und polierte die Reste mit einem Tuch weg. Das war das einzig Gute an diesem Job, es gab jede Menge konstruktiver Arbeiten, über denen man das Gewicht der Welt vergessen konnte.
    „Will sie wieder ausziehen?“, fragte Caro.
    „Ich glaube, sie hat es schon getan“, sagte ich. „Jede nfalls ist sie heute Nacht nicht nach Hause gekommen.“
    „Puh“ , meinte sie, „so ernst?“
    „Ehrlich gesagt, hab ich keine Lust, in die Wohnung z urückzugehen. Wer weiß, ob das Haus noch steht.“
    „ Übertreib nicht immer so schamlos!“
    „Nein, nein, ich schwör’s dir . Wenn sie sich in den Kopf gesetzt hat, Schluss zu machen, kennt sie keine Gnade mehr. Denk an meine Worte, wenn du nachher Nachrichten guckst und irgendwer in der Stadt ne Bombe gezündet hat.“
    Sie zuckte die Achseln. „Und wenn schon . Kommst du halt mit zu uns.“
    „Ja, klar, Armin wird begeistert sein.“
    Carolin und ich kannten uns schon eine Ewigkeit. Ich mochte so ziemlich alles an ihr, aber gefunkt hatte es zwischen uns nie so richtig. Außerdem steckte immer einer von uns mitten in irgendeiner Geschichte drin. Wir teilten auch die Eigenschaft, uns das Leben mit anderen schwer zu machen. Armin gehörte zu der Sorte, mit der man auskommen konnte - mehr aber auch nicht. Mit Caros Unternehmungslust konnte er jedenfalls nicht mithalten, wenigstens darin waren wir uns ähnlich.
    „Also?“, fragte sie.
    „Also was?“
    „Mein Gott, bist du zäh !“ Sie hüpfte vom Tresen und drückte mir ihre Tasche in die Hand.
    „Halt mal!“ Sie klemmte sich ihr Haarband zwischen die Zähne und band sich ihren Pferdeschwanz neu. Frauen haben eine Unmenge dieser Tricks auf Lager, die uns Männer schwach werden lassen, und Carolin beherrschte sie alle.
    „Was ist?“, fragte sie. „Hast du irgendwas geraucht oder so?“
    „Hm?“
    „Ob du irgendwas geraucht hast“, wiederholte sie. „Du starrst mich an .“
    „Tut m ir leid. Ich war in Gedanken“, sagte ich.
    „Kannst du Sonja nicht auf der Arbeit anrufen?“
    „Wozu soll das gut sein?“
    „Um festzustellen, ob es wirklich so schlimm um euch steht, wie du denkst? Vielleicht hat sie sich ja längst wi eder abgeregt.“
    „Reicht, wenn wir das heute Abend ausdiskutieren. So schnell beruhigt sie sich nicht.“
    „Wie gesagt, wir haben ne Gästecouch.“ Sie nahm mir die Jutetasche aus der Hand.
    „Lass mal . Ich glaub, ich werde es einfach riskieren.“
    „Überleg’ s dir halt.“ Sie gab mir einen Kuss auf die Wange.
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