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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot
Autoren: Piers Anthony
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I
 
Gewalt Trumpf 20
     
    Als Jesus Christus gekreuzigt wurde, befahl der Statthalter Pontius Pilatus römischen Soldaten, Wache zu stehen. Einer von ihnen, mit Namen Longinus, hatte Schwierigkeiten mit seinen Augen. Als Jesus starb, nahm Longinus einen Speer und durchbohrte ihm die Seite, um den Eintritt des Todes festzustellen. Den Speerschaft entlang rann Blut, ein Tropfen davon gelangte ins Auge des Soldaten. Sogleich waren beide Augen geheilt. Zusammen mit bestimmten anderen Zeichen bei Jesu Tod – die Verdunkelung der Sonne und das Erdbeben – brachte dieses Wunder Longinus zu der Überzeugung, daß Jesus in der Tat Gottes Sohn war, und der Soldat nahm den christlichen Glauben an. Er gab das Militär auf studierte zusammen mit den Aposteln und wurde ein Mönch. Viele Jahre später brachte man ihn vor den Statthalter, weil er sich geweigert hatte, Götzenbilder zu verehren. Man folterte ihn, ihm wurden die Zunge abgeschnitten und die Zähne ausgeschlagen. Aber Longinus nahm eine Axt und zerschlug die Götzenbilder. Seine mutige Tat war eine genau kalkulierte Herausforderung, so, als wollte er sagen: „ Wenn dies Götter sind, so sollen sie sich offenbaren!“ Den Idolen entströmten Dämonen und bemächtigten sich der Körper des Statthalters und seiner Diener. Der Statthalter wurde blind. Dann ließ er Longinus enthaupten. Doch nach dessen Tod fiel er vor dem Leichnam zu Boden, weinte und tat Buße. Sein Augenlicht kehrte zurück. Später hat er gute Taten verrichtet.
    Sie standen in einer Senke, umgeben von riesigen, verkrüppelten Eichen. Der Vollmond schien auf die Baumwipfel, drang aber kaum durch bis zum Boden. Es war eine wunderschöne, aber unheimliche Szene.
    „Es waren einmal zwei Teufel“, bemerkte Therion. „Der kleinere sagte: ‚Ich bin es leid, immer das kleinere von zwei Übeln zu sein.’“ Niemand lachte.
    Langsam nahm etwas zwischen den Schatten Gestalt an, formte sich zu den Mauern eines Gebäudes – zu einem einzigen großen Raum mit Bänken auf der einen Seite und einem Steinaltar auf der anderen. Eine Kirche.
    Aber was für eine Kirche! Das Kreuz über dem Altar war umgedreht, verbogen, ein Sprung lief quer hindurch. Die Bleiglasfenster schienen mit getrocknetem Blut verschmiert zu sein, das zu obszönen Bildern mit Sexualdarstellungen zwischen Satyren, plumpen Frauen und Schweinen ausgemalt war. Den Altar umgab ein riesiges Fünfeck, das sich noch ein Gutteil über den Boden und ein paar Bänke erstreckte. Es war ein fünfzackiger Stern, und die Spitzen symbolisierten die fünf Extremitäten des menschlichen Körpers, die fünf Sinne und die fünf Elemente der Natur. Alles war falsch, profanisiert oder ekelhaft – angelegt, um den Sinn normaler religiöser Rituale umzukehren. Wie es hier sein mußte, denn dies war ein Ort für eine schwarze Messe, für die infernalische Zeremonie, mit der man den Satan anrief.
    Bruder Paul rann ein Schauder über den Rücken. Wollte er das wirklich mitmachen? Keine Frage: Er wollte es nicht! In seiner ersten Animation hatte er bereits äußerstes Entsetzen und den Schrecken persönlicher Demütigung erlebt – aber nur, um in der zweiten Animation etwas noch Schlimmeres durchzumachen. Dies hier sollte die dritte werden, und das würde mit Sicherheit die schlimmste sein, wenn er sie überhaupt überlebte. Aber er mußte es nicht allein wegen seines Auftrags hinter sich bringen, sondern vornehmlich zu seiner persönlichen Befriedigung. Er mußte sich selbst kennenlernen – was immer dabei herauskommen würde. Nur dann durfte er hoffen, Gott zu erkennen.
    Er trug ein schwarzes, mit satanischen Symbolen besticktes Cape, das vorn offen stand und seine Genitalien entblößte, denn er war ansonsten nackt. Die Gemeinde war auf groteske Weise maskiert. Einige Gestalten trugen Tierkostüme. Die Akolythen waren nackte junge Männer, deren eindringliche Blicke länger auf den Hinterteilen der anderen verweilten: offenkundig Sodomisten. Sie schwangen Weihrauchgefäße, die nach Marihuana, Opium und Schlimmerem rochen.
    Der Hohepriester schritt auf den Altar zu. Auch seine Robe stand, wie bei Bruder Paul, offen; doch anders als Bruder Paul hatte er eine durch die Animation zu ungeheurer Größe verstärkte Erektion. Es war natürlich Therion. Nach seinen Anweisungen hoben Gemeindemitglieder eine Matratze auf den Altar und bedeckten sie mit einem schmutzigen schwarzen Tuch.
    „Die Zeremonie soll beginnen!“ verkündete Priester Therion mit klingender
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